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Józef Brandt

Bolesław Szańkowski (1871/73-1953): Porträt Józef Brandt, 1910. Öl auf Leinwand, 162 x 112 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie, Inv. Nr. MP 961

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Bolesław Szańkowski (1871/73-1953): Porträt Józef Brandt, 1910.
Bolesław Szańkowski (1871/73-1953): Porträt Józef Brandt, 1910. Öl auf Leinwand, 162 x 112 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie, Inv. Nr. MP 961

Seit der Heirat von Brandt und Helena Pruszak 1877 verbringt das Paar die Sommermonate von Juni bis Oktober in Orońsko, die übrige Zeit in München. Helena hat aus ihrer ersten Ehe zwei Kinder, Maria Magdalena (*1868) und Władysław Aleksander (*1871), um die sich Brandt liebevoll kümmert. Zwei gemeinsame Kinder, Maria Krystyna und Maria Aniela, werden 1878 und 1880 in Orońsko geboren. Maria Aniela wird in München getauft, der Patenonkel ist Prinz Luitpold von Bayern.[60] In München lebt die Familie im ersten Stock eines Mietshauses in der Barerstraße in Sichtweite zur Neuen Pinakothek.[61] Das Ehepaar nimmt am gesellschaftlichen Leben der Stadt und der polnischen Kolonie teil und empfängt regelmäßig sonntags Freunde und Bekannte. In Orońsko führt Brandt das Leben eines Gutsherrn, der seinen Besitz in vorbildlicher Weise leitet, eine Vieh‑ und Pferdezucht aufbaut, mit der er auf landwirtschaftlichen Ausstellungen Preise erzielt, Stallungen und eine Schmiede baut, und jeden Nachmittag ausreitet. In der Orangerie des Gutes, in der Helena früher Klavier gespielt hat, befindet sich jetzt Brandts Atelier.[62] Hier etabliert er für seine Münchner Studenten, Malerfreunde und deren Schüler Kurse in Freilichtmalerei, die bald den inoffiziellen Namen einer Freien Akademie Orońsko/Wolna Akademia Orońska trägt. Ajdukiewicz, Kazimierz Alchimowicz, Chełmiński, Czachórski, Ejsmond, Józef Kania, Kossak, Apoloniusz Kędzierski, der neun Jahre lang hierher kommt, Artur Potocki, Rosen, Roubaud, Szerner, Wankie, Wierusz-Kowalski und Marian Zarembski gehören zu den regelmäßigen Gästen, die nicht nur zum Malen sondern auch auf Ausritten und bei der Jagd gern gesehen sind.[63]

Seinen Malstil ändert Brandt um das Jahr 1880 wesentlich. In seinen militärischen Bildern, die vor allem den Saporoger Kosaken des 17. Jahrhunderts am Unterlauf des Dnepr gewidmet sind, ist er jetzt dichter am Motiv und steigert so die Dramatik (Abb. 26, 28, 30, 42). Bei ruhigeren Motiven bewirkt diese Nahsicht eine detailreiche Erzählweise mit Einblicken in die Wagen und Zelte, genauer Schilderung der Kostüme und intensiver Charakterisierung der Pferde (Abb. 27, 29). Eine Studie zu verschiedenen Körperhaltungen eines Kosaken (1880, Abb. 33) dokumentiert das Bemühen, erzählerische Dramatik anatomisch exakt wiederzugeben. Derartige Motive werden im Atelier vom Maler selbst oder von Modellen auf einem Holzpferd nachgestellt. Der „Marsch mit Kriegsbeute“ (um 1880, Abb. 31) schildert eine Szene nach der Schlacht bei Wien 1683, in der polnische Husaren bunt und in höchstem Maße pittoresk gekleidete Krieger der osmanischen Armee, darunter auch Afrikaner, abführen. Das detailliert geschilderte, mit bunten Teppichen bepackte Kamel und der Ochsenkarren, auf dem Frauen mit orientalischem Kopfschmuck zu sehen sind, illustrieren Brandts Nähe zur Malerei der Orientalisten. Seine „Parade der Kavallerie“ (Abb. 32) und ein einzelner „Königlicher Fähnrich“ (1889, Abb. 41) zeigen ebenfalls siegreiche polnische Husaren nach dem Sieg über die Türken bei Wien. Zu diesem Themenbereich gehört auch eine später gemalte „Attacke der Kavallerie“ auf fliehende Osmanen (1898, Abb. 53). Während der 1890er-Jahre entstehen zahlreiche Bilder mit „siegreichen Kosaken“ (1893, Abb. 47-49) aus dem Polnisch-Osmanischen Krieg.

 

[60] Pruszak 2015 (siehe Anmerkung 24), Seite 63 f.

[61] Adressbuch von München für das Jahr 1885, Seite 58: „Brandt, Jos. v. k. Prof. Historien- u. Schlachtenmal. Ehrenmitgl. d. Akadem. Barerstr. 31 1.“; Digitalisat: http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00096298/image_86 (aufgerufen am 22.11.2017)

[62] Pruszak 2015 (siehe Anmerkung 24), Seite 67-69

[63] Ebenda, Seite 67; Centre of Polish Sculpture in Orońsko, History, Józef Brandt; online: http://www.rzezba-oronsko.pl/EN/index.php?history,64 (aufgerufen am 22.11.2017)