Posmysz, Zofia

Zofia Posmysz in den 1960er Jahren
Zofia Posmysz in den 1960er Jahren

Zofia Posmysz – Eine literarische Biografie
 

Zofia Posmysz (geb. 1923), von 1942 bis 1945 Gefangene im KZ Auschwitz-Birkenau. Sie arbeitete dort seit 1943 in der Küche und als Schreiberin im Lebensmittellager, überlebte den Todesmarsch zum KZ Ravensbrück und war anschließend im Lager Neustadt-Glewe inhaftiert. Nach der Befreiung am 2. Mai 1945 entschloss sie sich, nach Polen zurückzukehren.

Weil Zofia Posmysz in Auschwitz für die Aufseherin Anneliese Franz die Bücher führte, hatte sie freien Zugang zu Schreibzeug und Papier. Im Lager entstanden ihre ersten Gedichte. Das Heft, in das sie diese heimlich schrieb, konnte aus dem Lager herausgeschmuggelt und gerettet werden. Es befindet jetzt unter den Exponaten des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau (Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau).

Als Zeitzeugin der Prozesse gegen die Naziverbrecher verfasste Zofia Posmysz den Artikel „Znam katów z Belsen“ [Ich kenne die Henker aus Belsen] („Głos Ludu”, 30.9.1945), der ihr Pressedebüt war. Der kurze, beschreibende Text endete mit dem Fazit: „Schlussendlich: kein Verbrechen, keine Schikane war ihnen fremd“. Der Artikel erschien nicht unter dem Namen der Verfasserin, sondern unter ihrer Lagernummer „7566“. In den folgenden Jahren kommt Zofia Posmysz in ihrem Schaffen nicht mehr auf die Lagererfahrungen zurück. 

Die meiste Zeit ihres Berufslebens ist Zofia Posmysz beim Rundfunk tätig. 1952 nimmt sie ihre Arbeit in der Bildungsredaktion des Ersten Programms des Polnischen Rundfunks auf. 1958 wird sie Leiterin der Reportage-Abteilung. Zugleich ist sie Koautorin eines Serienhörspiels „W Jezioranach“ [In Jeziorany]. In dieser Zeit erlangte der Rundfunk große Popularität. Führende polnische Regisseure und Schauspieler werden für Reportagen und Hörspiele engagiert, wobei Reportagen seinerzeit nicht aufgenommen, sondern geschrieben und anschließend von Sprechern im Studio gelesen wurden. Zofia Posmysz setzte ihr beim Rundfunk geschliffenes schriftstellerisches Handwerk kreativ in ihrem literarischen Schaffen ein. 

Während eines Aufenthalts in Paris hörte Zofia Posmysz in einer Gruppe von Touristen eine Stimme, die der ihrer Lageraufseherin Anneliese Franz zum Verwechseln ähnlich war. Der Gedanke, wie sie sich im Falle einer solchen zufälligen Begegnung verhalten hätte, gab Zofia Posmysz den Impuls, sich literarisch mit dem Thema Auschwitz zu befassen, sie schrieb „Die Passagierin“.

Ich träume nicht mehr vom Lager. Seitdem ich angefangen habe, darüber zu schreiben, haben sich meine Träume davon befreit. Klar, einige Jahre nach dem Krieg hatte ich Angst einzuschlafen. Diese Nächte waren damals sehr seltsam, da ich nicht nur schreckliche, sondern auch scheinbar banale Sachen träumte: dass ich meine Arbeit als Schreiberin verlor, dass ich zum Feldarbeit-Kommando gehen müsste. Ich wusste nicht, wie das enden würde. Es waren schreckliche Alpträume, von denen ich in der Nacht verängstigt erwachte. Dies ging vorbei, als ich anfing zu schreiben.[1] 

 

[1] Zofia Posmysz im Interview für „Tygodnik Powszechny“ (Nr. 5/2015).