Roman Polański in München: Zwischen Weltruhm und Drama

Roman Polanski mit Peter Glossop bei den Proben zu Giuseppe Verdis Oper „Rigoletto“.
Roman Polanski in bester Laune mit Peter Glossop bei den Proben zu Giuseppe Verdis Oper „Rigoletto“.

Es ist eine schöne und wilde Zeit, damals in den 1970er Jahren in München. Filmgrößen wie Rainer Werner Fassbinder, Klaus Lemke und Werner Herzog sowie die renommierten Bavaria Filmstudios machen das sich seit den 1920er Jahren cineastisch entwickelnde München endgültig zur deutschen Filmhauptstadt, zum „bayerischen Hollywood“. Schwabing lockt als Nabel der Welt. So auch den berühmten Starregisseur Roman Polański. Seit seinem Durchbruch als international gefeierter Filmregisseur führt Polański ein Jet-Set-Leben, das sich wie ein Karussell dreht zwischen London, Paris, Rom, Los Angeles und eben auch der bayerischen Landeshauptstadt, wo er sich 1976 im Residenz-Hotel am Arthur-Kutscher-Platz eine Suite als vorübergehende Bleibe anmietet. Hier in München ist er in der Spielzeit 1976/77 mit der Neuinszenierung von Verdis Rigoletto an der Staatsoper betraut. Erstmals inszeniert der Filmemacher polnischer Herkunft damit in Deutschland – dessen Leben bis hier hin bereits viele Wendungen bereithielt.

Seine Eltern Bella (geb. Katz-Przedborska) und Mojżesz Liebling lebten bereits mehrere Jahre in Paris, als sie 1937 wegen des zunehmenden Antisemitismus in Frankreich beschlossen, mit dem damals dreijährigen Sohn Roman und seiner älteren Halbschwester Annette nach Polen zurückzukehren. Die Familie emigrierte in die Heimatstadt des Vaters, Krakau. Vom Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen überrascht, lebte die Familie schließlich ab 1941 unter erbärmlichen Verhältnissen im Krakauer Ghetto. Im Untergrund und versteckt bei einer katholischen Bauernfamilie entkam Roman als einziges Familienmitglied der Auflösung des Ghettos in Krakau 1943 und der Deportation ins Vernichtungslager. Seine schwangere Mutter wurde in Auschwitz ermordet. Seine Halbschwester Annette überlebte das Vernichtungslager und emigrierte nach Kriegsende zu ihrem leiblichen Vater nach Paris. Mit seinem Vater Mojżesz, der als gebrochener Mann aus dem KZ Mauthausen zurückkehrte und den Familiennamen in Polański änderte, blieb Roman nach dem Krieg in Polen.

Nach einem Studium an der Kunstschule Liceum Sztuk Plastycznych in Krakau und dem Regiestudium an der Filmhochschule Państwowa Wyższa Szkoła Filmowa, Telewizyjna i Teatralna im. Leona Schillera in Łódź drehte Roman Polański mehrere Kurzfilme und entwickelte dabei bereits seinen unverkennbaren Stil von düsterer Stimmung, Groteske und spitzfindigen Doppeldeutigkeiten.[1] Für seinen ersten Langfilm Das Messer im Wasser von 1962 bekam Polański internationale Anerkennung, wurde bei den Filmfestspielen in Venedig mit dem Kritikerpreis ausgezeichnet und für den Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert. In Polen wiederum fand sein Film nur wenig Anklang. Der kammerspielartige Thriller um ein junges Liebespaar und einen Anhalter auf einem Segelboot, der eine harsche Kritik an der polnisch-sozialistischen Gesellschaft jener Zeit übte, fiel bei staatlichen Stellen und der Fachkritik in Polen durch. Nach einem Aufenthalt in Paris kehrte Roman Polański nicht nach Polen zurück und versuchte sein Glück als Filmemacher im Westen.

Nach den Filmen Ekel (1965) und Wenn Katelbach kommt (1966) folgte der große Publikumserfolg mit Tanz der Vampire (1967) und verschaffte Polański die Eintrittskarte nach Hollywood. Ein Jahr später mit Rosemary's Baby (1968) wurde Polański endgültig zum Starregisseur. 1968 heiratete er die US- amerikanische Filmschauspielerin Sharon Tate, die hochschwanger 1969 von Anhängern des Sektenführers Charles Manson grausam getötet wurde. Ihre Ermordung war nach Polańskis eigener Aussage das größte Drama seines Lebens. In den Folgejahren lebte Polański überwiegend in Europa, pendelte in seinem filmischen Schaffen zwischen verschiedenen Sujets und Stilen, ließ viele Projekte dabei unvollendet.[2] 1974 drehte er den Film Chinatown, der elf Mal für den Oscar nominiert wurde und bis heute als eines der wichtigsten Werke der 1970er Jahre gilt, und fand damit zu seiner alten Stärke zurück – verließ aber auch zwischenzeitlich das Filmgeschäft und stellte sich neuen künstlerischen Herausforderungen.

 

[1] http://www.film-zeit.de/Person/31905/Roman-Polanski/Biographie/ (aufgerufen am: 27.03.2018)

[2] Roman Polanski: Der Blick der Verfolgten. Eine Biographie, S. 211

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  • Roman Polański mit Peter Glossop, München 1976

    Roman Polański mit Peter Glossop bei den Proben zu Giuseppe Verdis Oper „Rigoletto“.
  • Roman Polański bei der Kostümprobe, München 1976

    Roman Polański bei der Kostümprobe, München 1976
  • Roman Polański mit Opernsängerin Constanza Cuccaro, München 1976

    Roman Polański mit Opernsängerin Constanza Cuccaro, München 1976
  • Polański auf dem Oktoberfest, München 1977

    Polański mit einer Gruppe junger Frauen auf den Wiesn in München, September 1977
  • ORF-Beitrag vom 30. Oktober 1976: "Rigoletto" unter Roman Polanski in München

    Mittagsjournal des ORF vom 30. Oktober 1976: Beitrag "Rigoletto" unter Roman Polanski in München mit O-Tönen Polańskis von der Pressekonferenz