Mia Raben – Journalistin und Autorin
Mia Rabens Familiengeschichte ist komplex: Ihr Vater stammt aus Hamburg, studierte Medizin und interessierte sich für die Länder des Ostblocks. Beeindruckt von Willy Brandts Kniefall beschloss er 1972 gemeinsam mit einem Studienfreund seine Famulatur – ein damals viermonatiges Arztpraktikum – in Polen zu machen. So kam er nach Łódź und lernte dort auf einer Party eine sprachbegabte und kunstinteressierte Polin kennen, die fließend Deutsch sprach und gerade ihre Ausbildung zur Tonmeisterin machte. Dabei handelt es sich um eine spezielle Ausbildung in Polen, die dazu befähigen soll in Film und Theater Musikregie zu führen. Dazu zählt ein inhaltliches Mitbestimmungsrecht der musikalisch ausgebildeten Person, das so in Deutschland kaum existiert. Kurz gesagt: Angehende Tonmeisterin und angehender Arzt verliebten sich ineinander. Da passte es nicht gut, dass er zurück nach Hamburg musste. Nun konnte sich das Paar nur treffen, wenn er ein 24-Stunden- Besuchs-Visum für Ostberlin erhielt. Das war umständlich und ermöglichte kein gemeinsames Leben. Also heirateten Danuta und Ralph und gründeten in Hamburg eine Familie. Mia Raben wurde 1977 geboren, ihr Bruder kam ein Jahr früher auf die Welt. Komplex wurden die Verhältnisse, als sich die Eltern trennten und neu heirateten. So hat Mia Raben einen jüngeren Halbbruder mütterlicherseits, einen deutlich jüngeren Halbbruder väterlicherseits, sowie insgesamt vier Stiefgeschwister aus den früheren Ehen der neuen Partner ihrer Eltern.
„Als mein Bruder und ich klein waren, sprachen meine Eltern zu Hause nur Deutsch“, erinnert sich Mia Raben. Ihre Mutter war ja frisch nach Hamburg gekommen und wollte den Kindern den Start im Kindergarten erleichtern. „Sie hat das bei unserem jüngeren Halbbruder, den sie zehn Jahre später bekam, dann anders gemacht, weil sie da schon wusste, dass man sonst die Sprache verliert.“ Plötzlich wurde zuhause also Polnisch gesprochen, was Mia Raben so kommentiert: „Da war ich aber schon zehn Jahre alt und ich versuchte dann, so viel wie möglich aufzuschnappen, weil es für mich auch eine Art war, meiner Mutter näher zu kommen. Ich war eine Zeit lang recht wehmütig, wenn ich mir ansah, dass mein kleiner Bruder die polnische Sprache einfach so in die Wiege gelegt bekommen hatte“.
Mia Raben bemüht sich auch um die polnische Sprache. Vor allem die häufigen Besuche bei der Verwandtschaft in Łódź oder an der Ostsee in der Nähe von Puck motivierten die Heranwachsende. Gern erinnert sich Raben an die großen, lauten, heiteren Treffen von Familie und Freunden. Nach dem Abitur ging sie Mitte der 1990er nach Krakau, machte einen Sprachkurs und begann „richtig Polnisch zu lernen“.
Ihre polnische Herkunft hat Mia Raben immer als einen Schatz gesehen, den sie irgendwie heben muss. Je besser sie Polnisch verstand und sprechen konnte, desto wichtiger wurde es für ihre Arbeit. Nach dem Sprachkurs in Krakau machte sie ein Praktikum beim „Pinneberger Tageblatt“, einer Lokalzeitung am Rande Hamburgs. Den Tipp hatte sie von einer Bekannten ihres Vaters, die sie als großartige Journalistin erinnert: „Schreib über die freiwillige Feuerwehr, da lernst du das Handwerk.“ Sie sagte auch: „Studiere nicht Journalismus. Studiere ein Fach. Damit du etwas weißt.“