Dorota Danielewicz – Kulturmanagerin, Slawistin, Schriftstellerin und Journalistin

Dorota Danielewicz, Porträt um 1998, im Łazienki-Park, Warschau, Copyright: Renate von Mangold
Dorota Danielewicz, Porträt um 1998, im Łazienki-Park, Warschau

Alma Mater und der Strudel des Multikulturalismus
 

Im Jahr 1986 schreibt sich Dorota Danielewicz an der Freien Universität in Berlin ein, um Slawistik, Literatur- und Sprachwissenschaft sowie Anthropologie und Ethnologie zu studieren. Sie nimmt an Proseminaren teil. In der Ethnologie beschäftigt sie sich mit den Erkenntnissen von Bronisław Malinowski. In dieser Zeit führt Dorota als Studentin ein völlig unabhängiges Leben. Sie hat eine Wohnung gemietet, lebt vom Kindergeld, putzt abends eine Boutique am Kurfürstendamm und gibt Nachhilfe in Mathematik. Noch vor dem Abitur ist sie von zu Hause ausgezogen und in einer linken, für Berlin typischen Kommune gelandet. Das Leben stellt Herausforderungen und Dorota nimmt sie intuitiv und mutig an.

 

New York
 

1988 geht sie mit einer Freundin nach New York. Ein geplanter mehrwöchiger Aufenthalt in der pulsierenden Metropole soll letztendlich ein halbes Jahr dauern. Dorota arbeitet nebenbei in einem koscheren Restaurant am Broadway und besucht einen Kurs für Reiseführer:innen im UNO-Hauptquartier. Bald darauf tritt sie ihre mit Spannung erwartete Stelle bei der UNO im Department of Public Information an, dabei begleitet sie Besuchergruppen aus Deutschland und Polen. Sie hat täglich Briefings, bei denen sie auch in politischen Fragen geschult wird. Noch heute erinnert sie sich an viele Ereignisse, wie die Messe mit dem charismatischen Desmond Tutu, der aus Südafrika zu Besuch kam, oder Ausschnitte aus dem Musical „Hair“, die im Hauptsaal der UNO aufgeführt wurden. Dorota lebt zu dieser Zeit mit zwei gleichaltrigen Frauen in einem schicken Haus am Upper Broadway in der Upper West Side.

Bei einer Vernissage im Museum of Modern Art lernt sie einen freiberuflichen amerikanischen Journalisten kennen, der in ihr offenbar bereits eine zukünftige Berufskollegin sieht. Er informiert sie regelmäßig über interessante Veranstaltungen und nimmt sie als Begleitung zu Events mit, z. B. zu Filmvorpremieren, unter anderem zur Premiere der Komödie „Big“ mit Tom Hanks.

Zu ihren neuen Freunden in New York zählt ein junger Buchhändler, Cliff Simms, mit dem sie Deutsch übt. Als Gegenleistung darf sich Dorota Bücher aussuchen, was sie eifrig in Anspruch nimmt. Jahre später stellt sich heraus, dass ihr damaliger Gesprächspartner Dorothea von Moltke, die Enkelin von Freya und Helmuth von Moltke, geheiratet hatte. Das erfährt sie von einem befreundeten Pfarrer und Nachbarn am Markusplatz in Berlin, der sich in der Stiftung „Kreisau“ (Fundacja „Krzyżowa“) engagiert. Die Wege von Dorota und den alten und neuen Freunden werden sich wieder kreuzen und zeigen, dass es im Leben keine Zufälle gibt. Vielmehr ist es ein Netzwerk, das Dorota ihr Leben lang systematisch aufgebaut hat. Bereits in den 1980er Jahren wurde New York zu einer teuren Stadt und auch die Universitätsausbildung war in den USA besonders teuer. Dorota war klar, dass sie sich außerordentlich anstrengen musste, um ihr Studium dort fortzusetzen. Schließlich kehrt sie nach einem Jahr an die Universität in Berlin zurück.

 

Berlin und München
 

Dort stürzt sich Dorota Danielewicz mit geballter Energie in das universitäre und kulturelle Leben. Mit der Erfahrung aus New York fällt es ihr noch leichter, Kontakte zu knüpfen. Besonders angetan haben es ihr literarische Veranstaltungen. Im Jahr 1989 unterstützt sie die Jüdischen Kulturtage in Berlin. Gemeinsam mit den Kurator:innen reist sie zu organisatorischen Zwecken nach Israel. Dabei helfen ihr die Kenntnisse der polnischen Sprache. 

Ihre Bekanntschaft mit dem jungen deutschen Schriftsteller, Dramatiker und Regisseur Werner Fritsch entwickelt sich in der Zwischenzeit zu einer Beziehung. Sie lernten sich 1985 kennen, als Dorota kurz nach dem Abitur mit ihren Freund:innen und ihrer Schwester nach Prag reiste. Der Zufall wollte es, dass sich während dieses Aufenthalts die Wege dieser zwei Menschen aus Deutschland mehrmals in Museen und dann in einem Café kreuzten. Sie lernen sich genauer kennen. Im Jahr 1990 ändert sich die Art ihrer Beziehung und Dorota zieht nach München. Sie lebt mit ihrem Freund im Stadtteil Schwabing. Werner Fritsch veröffentlicht in dieser Zeit seinen ersten Roman „Cherubim“ im „Suhrkamp Verlag“. Auf einigen Seiten des Buches verewigt er Dorota. In München faszinieren sie die Universität und die hervorragenden Professor:innen. Sie finanziert ihr Studium durch die Arbeit in einer Buchhandlung, wird vom kulturellen Leben Münchens angezogen und mit dem Großbürgertum der bayerischen Hauptstadt konfrontiert. Diese Stadt ist ganz anders als Berlin oder das faszinierende New York. „Die Münchner:innen waren freundlicher als die Berliner:innen. Die Stadt war ausgesprochen wohlhabend, ganz im Gegensatz zur alternativen Kultur Berlins. Diese materielle Einstellung passte nicht zu meiner freien Seele“, erzählt sie. Nach einem Jahr kehrt Dorota im Jahr 1991 nach Berlin zurück.

 

Mediathek
  • Dorota Danielewicz-Kerski

    2022
  • Im Sitzungssaal der UN-Vollversammlung

    Hinterm Rednerpult, New York 1988
  • Ausstellung „Decolonization“ im UNO-Hauptquartier

    New York, 1988
  • Zu Hause, 1988

    Broadway / Ecke 97th Street, New York
  • Bei Jerzy Giedroyc

    Maisons-Laffitte bei Paris, 1991
  • Evangelische Akademie zu Berlin, 5.10.1995

    Dorota Danielewicz-Kerski, Leszek Szaruga, Lidia Herling-Croce, Gustaw Herling-Grudziński, Ludwig Mehlhorn (Direktor der Akademie), Agnieszka Grzybkowska und Basil Kerski
  • Mit Hanna Krall

    In NRW, 1996/1997
  • Dorota Danielewicz im Studio von Funkhaus Europa

    RBB Berlin, 1999
  • DAAD Berliner Künstlerprogramm

    Denis Scheck, Ryszard Kapuściński, Dorota (Danielewicz-)Kerski im Haus der Kulturen der Welt, Berlin 1999
  • Mit Czesław Miłosz

    Dorota Danielewicz-Kerski, Czesław Miłosz, N.N., Michael Krüger / LCB (Literarisches Colloquium Berlin), Mai 2000
  • In der DAAD Galerie über dem Café Einstein, Berlin 2002

    Henryk Bereska, N.N., Dorota Danielewicz-Kerski, N.N., Olga Tokarczuk, Lila Karbowska, N.N.
  • Mit dem Sohn auf dem Cover

    „Wysokie Obcasy” (Beilage zur „Gazeta Wyborcza”), Nr. 7 (1073) vom 15.02.2020
  • Mit Brygida Helbig

    Reihe „Lesen, was die Nachbarn schreiben” („Czytać, co piszą sąsiedzi”) in der Humboldt Bibliothek, Berlin-Tegel 2023