DIE ANTIKE – VORBILD UND INSPIRATION? Deutsch-polnisches Pleinair für figürliche Plastik auf Schloss Trebnitz vom 28. Juli bis zum 22. August 2021
Iwona Rozbiewska
Die Karyatiden entstanden in der griechischen Antike als Thema von Kunst und stellten immer Frauen dar. Sie trugen die Last der Bauwerkdecken, wurden in der Architektur jedoch als dekoratives Element verstanden. Rozbiewska hat sich davon inspirieren lassen und ein Werk geschaffen, das sowohl architektonisch als auch konzeptionell ist. Ihre Karyatiden sind von der Funktion, Dienerinnen der Architektur zu sein, befreit. Die schiefe Konstruktion und die Verwendung weniger edler Sperrholzbretter, die zugeschnitten und bearbeitet wurden, suggerieren, dass die zeitgenössischen Karyatiden autonom geworden sind. Dabei schwingen die aktuellen Themen der Frauenbewegung MeeToo in diesem Werk mit.
Monika Szpener
Sie ist fasziniert von Hybridwesen aus Mensch und Tier. Das berühmteste Beispiel in der Antike war der Totengott Anubis, der einem Hund ähnelte und die Welt der Lebenden mit jener der Toten verband. Im Pleinair-Workshop arbeitete die Künstlerin an einer Figur, die schließlich eine Form gewann, in der Vollkommenheit und Unvollkommenheit aufeinander treffen, wobei Szpener direkt Bezug auf die Skulptur „Geschlagener Catcher“ (1966) von Gustav Seitz genommen hat. Sie stellte einen Körperabdruck eines modernen Bodybuilders her, für den ihr die idealen Proportionen der Antike als Richtmaß dienten. Die Verbindung des Torsos mit einem taxidermisch behandelnden Hundekopf ist hier als eklatanter Verstoß gegen die Ideale der Antike zu werten. Die nach Perfektion strebende Künstlerin experimentiert viel, beispielsweise indem sie den perfekten Werkstoff sucht, um die Struktur der menschlichen Haut am besten wiederzugeben. Diese hyperrealistische Arbeit regt die Frage an, wie weit formale Imitate reichen können, wo sie ihre Grenzen finden und mit welchen Konsequenzen wir rechnen müssen, wenn wir beschließen, diese Grenzen zu überschreiten.
Norbert Delman
Diese Arbeit ist ohne die Intention und die Symbolik des Künstlers zu ergründen als Negation der Figuration zu verstehen. Inspiriert durch die Geschichte der mythologischen Medusa fühlte sich der Künstler veranlasst, über die Gewalt gegen Frauen und deren Akzeptanz in der Antike als auch heute nachzudenken. Mit seinem ästhetischen Denkmal, das er Medusa widmet, möchte er sie, das zu Unrecht bestrafte Opfer einer Vergewaltigung, für diese doppelte Versündigung sühnen. Das mythologische Narrativ der Gewalt kommt in dieser Arbeit durch die Spannung zwischen den Materialien zum Ausdruck. Von großer Bedeutung ist die Symbolik des Wassers als lebensspendender Energie und des Haares der Medusa, das mit weiblicher Kraft und Macht zu assoziieren ist, die den rechtmäßigen Platz der Frau in der Gesellschaft restauriert.
Robert Sarnecki
Der menschliche Körper hat die Künstler*innen seit jeher beschäftigt, auch wenn die modernen Künstler*innen, die sich von der Antike inspirieren lassen, die klassische Ästhetik neu und individuell für sich entdecken. Sarneckis Arbeit entstand unter dem Einfluss des bekanntesten Skulpturenmotivs der Antike - des Kouros, der Statue eines aufrecht stehenden, unbekleideten Knaben mit einem vorgestellten Bein, dessen Arme an beiden Seiten des Körpers angelegt sind. Obwohl die starre Haltung des Körpers nicht durchbrochen wird und das Gesicht keinen besonderen Ausdruck zeigt, ist das geheimnisvolle Lächeln für diese Kunstgattung typisch. Manche Altertumsforscher glauben, dass sich diese Unbestimmtheit des Mienenspiels in der Antike dadurch erkläre, dass die antiken Bildhauer noch nicht in der Lage gewesen seien, differenzierte Gesichtszüge nachzubilden.