Jurek Becker. Autor von „Jakob der Lügner“

Erfolg und Ausreise
Becker wurde in den folgenden Jahren auch für seine weiteren Werke mit Preisen und Auszeichnungen bedacht, gleichzeitig eckte er weiter im System der DDR an. So unterzeichnete der politisch engagierte Autor 1976 mit elf weiteren Schriftsteller:innen einen Brief gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns. Der in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen populäre Liedermacher war während einer Konzertreise in die BRD die Rückkehr in die DDR verboten worden. Aufgrund seiner Parteinahme wurde Becker aus der SED und aus dem Vorstand des Schriftstellerverbands der DDR ausgeschlossen. Zudem stand Becker seit dieser Zeit auch unter Beobachtung durch das Ministerium für Staatssicherheit. 1976 legte es unter dem Decknamen „Lügner“ – eine klare Anspielung auf den erfolgreichen Romantitel – eine Akte über ihn an und intensivierte seine Überwachung.[10] Ein Jahr nach Biermanns Ausbürgerung trat er aus Protest freiwillig aus dem DDR-Schriftstellerverband aus und zog – mit Einwilligung der DDR-Behörden – nach Westdeutschland.
Becker schrieb weiter erfolgreich Romane, Erzählungen und Drehbücher. Dabei arbeitete er für die beliebte und mehrfach ausgezeichnete Serie „Liebling Kreuzberg“ wieder mit Manfred Krug (1937–2016) zusammen, den er seit der Mitte der 1950er Jahre kannte und mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Krug war einer der bekanntesten Schauspieler der DDR. Auch er kritisierte die Ausbürgerung Wolf Biermanns, fiel daraufhin in Ungnade und siedelte Ende der 1970er Jahre in den Westen über. Dort setzte er seine Karriere als Schauspieler, Schriftsteller und Sänger fort.
Tod in Sieseby
Während der Arbeiten an neuen Folgen von „Liebling Kreuzberg“ erfuhr Becker von seiner Krebserkrankung. Der Krebs war da schon so weit fortgeschritten, dass eine Heilung nicht mehr möglich war. Jurek Becker starb am 14. März 1997 in seinem Haus in Sieseby in Schleswig-Holstein, wo er auch begraben ist. Aus zwei Ehen hinterließ er drei Söhne. Die erneute Verfilmung seines berühmtesten Werkes erlebte Becker nicht mehr. Ein Vierteljahrhundert nach der ersten Version kam „Jakob der Lügner“ 1999 mit Robin Williams und – wie bereits bei der ersten Verfilmung – Armin Mueller-Stahl erneut auf die Leinwand.
Ob Jurek Becker ein fröhlicher Mensch war, wurde der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki einmal von einem interessierten Leser gefragt. Der „Literaturpapst“, der selbst als junger Mann das Warschauer Ghetto überlebt hatte, antwortete: „Er war ein begabter, witziger, freundlicher, liebenswürdiger Mensch. Ein fröhlicher? Er war Jude, und ich bin nicht sicher, ob ein Jude, der das erleben musste, was Becker erlebt hat, fröhlich sein kann.“[11]
Sebastian Garthoff, März 2025
Quellen:
Gilman, Sander L.: Jurek Becker. Die Biographie, Berlin 2004.
Kutzmutz, Olaf: Jurek Becker. Frankfurt am Main 2008.
https://www.deutsche-biographie.de/dbo009219.html#dbocontent
https://www.spiegel.de/kultur/das-ist-wie-ein-gewitter-a-e89164b3-0002-0001-0000-000008681869
https://www.deutschlandfunkkultur.de/schriftsteller-jurek-becker-froehlich-wie-selten-100.html
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/fragen-sie-reich-ranicki/fragen-sie-reich-ranicki-die-streitbarkeit-des-unpolitischen-1859988.html
[10] Diecks 2023.
[11] Reich-Ranicki, Marcel: Die Streitbarkeit des Unpolitischen, in: faz.net, 21.09.2009, URL: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/fragen-sie-reich-ranicki/fragen-sie-reich-ranicki-die-streitbarkeit-des-unpolitischen-1859988.html (zuletzt aufgerufen am 20.06.2024).