Gottlieb, Maurycy

Christus predigt in Kapernaum/Chrystus nauczający w Kafarnaum, 1878/79 (unvollendet). Öl auf Leinwand, 271,5 x 209 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie, Inv. Nr. MP 431
Christus predigt in Kapernaum/Chrystus nauczający w Kafarnaum, 1878/79 (unvollendet). Öl auf Leinwand, 271,5 x 209 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie, Inv. Nr. MP 431

Gottlieb, Maurycy (Moritz), polnischer Maler, Mitglied der „Münchner Schule“. 1875 Student der Akademie der Bildenden Künste München. *21.(28.)2.1856 Drohobytsch/Drohobycz (heute Ukraine), †17.7.1879 Krakau. Aufgewachsen in einer wohlhabenden jüdischen Familie, Bruder der Maler Leopold G. (1879-1934, um 1903 an der privaten Malschule von Anton Ažbe in München), Marcin G. (1867-1931) und Filip G. (*um 1870 Drohobytsch/Drohobycz?, Mitglied der „Münchner Schule“, am 17.6.1890 Eintritt in die Naturklasse der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München bei Johann Caspar Herterich. Vermutlich Schüler des Historienmalers Jan Matejko in Krakau; 1888 Studium in Paris). Ab 1863 Ausbildung bei den Basilianermönchen, ab 1867 auf Gymnasien in Drohobycz und Lemberg (heute Lviv). 1867-72 Schüler des Genre- und Landschaftsmalers Michał Alfred Godlewski (1838-1918) in Lemberg. 1871-73 Studium an der Wiener Kunstakademie, 1873/74 kurzzeitig an der Schule der Schönen Künste/Szkoła Sztuk Pięknych in Krakau bei Jan Matejko (1838-1893). 1874 wieder an der Wiener Akademie in der Meisterschule für Historienmalerei von Carl Wurzinger (1817-1883). 1875 in Krakau und Drohobycz. Am 25.10.1875 Eintritt in die technische Malklasse der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München, Studium bei Carl von Piloty (1826-1886) und Sándor (Alexander von) Wagner (1838-1919). 1876 in Drohobycz und Wien, wo er an der Akademie in die Spezialschule von Heinrich von Angeli (1840-1925) eintritt. 1877 in Drohobycz und Budapest, Rückkehr nach München. 1878 Studienreise mit einem Stipendium des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Wien, Ignaz Kuranda (1811-1884), nach Venedig und Rom. 1879 Eintritt in die Meisterschule von Matejko an der Schule der Schönen Künste/Szkoła Sztuk Pięknych in Krakau. Im selben Jahr stirbt G. im Alter von 23 Jahren an einer misslungenen Kehlkopfoperation. – 1874 entsteht im Atelier von Matejko ein Selbstbildnis im Kostüm eines polnischen Adligen/„Autoportret w stroju polskiego szlachcica“ (verschollen). Historiengemälde zur Geschichte Polens unter dem Einfluss von Matejko („Sigismund August und Gizanka“/„Zygmunt August i Giżanka“, um 1874) folgen. Wegen antisemitischer Anfeindungen verlässt er Krakau in Richtung Wien. In München orientiert er sich unter dem Einfluss der Sammlung der Alten Pinakothek an Rembrandt. Während dieser Zeit festigt sich sein Interesse für jüdische Geschichte, Tradition und Literatur. Ausdruck dafür sind Bildthemen wie „Jüdische Hochzeit“/„Ślub żydowski“, „Thora-Schreiber“/„Pisarz Tory“ und „Shylock und Jessica“/„Shylock i Jessyka“. Ein Selbstbildnis als „Ahaswer“ im Rembrandt-Stil offenbart sein Selbstverständnis als ewig wandernder Jude (alle 1876). 1877 erhält er vom Bruckmann Verlag in München einen Auftrag für Illustrationen zu Gotthold Ephraim Lessings „Nathan der Weise“, wofür er im Folgejahr für kurze Zeit nach München zurückkehrt. Im Vorwege entstehen die Gemälde „Recha heißt Nathan willkommen“/„Powitania Natana przez Rechę“ und „Rechas Rettung aus dem Feuer“/„Ocalenia Rechy z płomieni“ (beide 1877). Zwischen 1877 und 1879 bearbeitet G. orientalische Themen wie „Sklavenmarkt in Kairo“/„Targ na niewolnice w Kairze“ oder „Exil der Mauren von Granada“/„Wygnanie maurów z Granady“ sowie Gemälde zu den Themenkreisen Judith und Holofernes sowie Salome und Johannes der Täufer. Zur selben Zeit beginnt er einen unvollendet gebliebenen Gemäldezyklus zum Leben Jesu: „Christus vor seinen Richtern“/„Chrystus przed sądem“, „Christus predigt in Kapernaum“/„Chrystus nauczający w Kafarnaum“ und „Juden beten in der Synagoge“/„Żydzi w Bożnicy“. Außerdem malt G. zahlreiche Porträts von prominenten Juden wie Ignaz Kuranda (1876), Familienmitgliedern und biblischen Personen („Sulamith“/„Sulamit“, 1877). Seinen länger geplanten Aufenthalt in Rom bricht er 1879 wegen einer Einladung von Matejko ab, einen monumentalen Gemäldezyklus zur Geschichte der polnischen Juden zu malen. Sein Malstil changiert zwischen barockem Mystizismus, pompösem Genre der Makartzeit, Orientalismus und Symbolismus. Werke befinden sich in Polen in den Nationalmuseen von Breslau, Krakau, Posen/Poznań und Warschau sowie in Museen in Bydgoszcz, Bytom, Katowice, Kielce, Łódź und Warschau, im Mishkan Le’Omanut Kunstmuseum in Ein Harod, in der Nationalgalerie in Lviv und im Museum of Art in Tel Aviv.

Einzelausstellungen: Krakau: 1879 (postum); 1923 Gesellschaft der Freunde der Schönen Künste/Towarzystwo Przyjaciół Sztuk Pięknych; 1932 Nationalmuseum/Muzeum Narodowe / Warschau: 1879 Salon J. Ungra (postum), 1938 Antykwariat Museion; 1991 Nationalmuseum/Muzeum Narodowe (Wanderausstellung mit dem Tel Aviv Museum of Art und dem Jüdischen Museum, Frankfurt am Main) / 1956 Jerusalem, Bezalel Museum.

Außerdem beteiligt an zahlreichen polnischen und internationalen Gruppenausstellungen.

 

Literatur: Nehama Guralnik (Herausgeberin): In the Flower of Youth. Maurycy Gottlieb 1856-1879, Ausstellungs-Katalog Museum of Art, Tel Aviv, 1991; Maurycy Gottlieb 1856-1879. Meisterwerke. Ausstellungs-Katalog Jüdisches Museum Frankfurt am Main, 1991; Halina Stępień/Maria Liczbińska: Artyści polscy w środowisku monachijskim w latach 1828-1914. Materiały źródłowe, Warschau 1994, Seite 12, 17 (Filip), 39; Jerzy Malinowski: Maurycy Gottlieb, Warschau 1997; Ezra Mendelsohn: Painting a People. Maurycy Gottlieb and Jewish Art (The Tauber Institute Series for the Study of European Jewry), Hanover, NH, 2002; Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft. 18. bis 20. Jahrhundert, Band 1, München 2002, Seite 451 („Moritz“); Halina Stępień: Artyści polscy w środowisku monachijskim w latach 1856-1914 (Studia z historii sztuki, L), Warschau 2003; H. Bartnicka-Górska, in: Saur Allgemeines Künstlerlexikon, Band 59, München, Leipzig 2008, Seite 264 f.; Maria Milanowska (Herausgeberin): Maurycy Gottlieb. W poszukiwaniu tożsamości, Ausstellungs-Katalog Muzeum Pałac Herbst, Nationalmuseum Krakau/Muzeum Narodowe w Krakowie, Krakau 2014

 

Online: Matrikeldatenbank, Matrikelbuch 2, Akademie der Bildenden Künste München, 03230 Moritz Gottlieb, http://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1841-1884/jahr_1875/matrikel-03230

Matrikeldatenbank, Matrikelbuch 3, Akademie der Bildenden Künste München, 00691 Philipp Gottlieb, http://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1884-1920/jahr_1890/matrikel-00691

9 Werke aus dem Besitz des Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie auf Muzeum Cyfrowe, http://cyfrowe.mnw.art.pl/dmuseion/results?q=Maurycy+Gottlieb&action=SimpleSearchAction&mdirids=1&type=-2

Zahlreiche Werke auf artyzm.com, http://artyzm.com/e_artysta.php?id=511

Zahlreiche Werke auf Pinakoteka Zaścianek, https://www.pinakoteka.zascianek.pl/Gottlieb_M/Index.htm

Ewa Micke-Broniarek: Maurycy Gottlieb (2005) auf culture.pl (polnisch/englisch), http://culture.pl/en/artist/maurycy-gottlieb

Yemima Hovav: The Many Faces of Maurycy Gottlieb, auf Segula. The Jewish History Magazine, http://segulamag.com

Ezra Mendelsohn: Maurycy Gottlieb, auf: The Yivo Encyclopedia of Jews in Eastern Europe, http://www.yivoencyclopedia.org/article.aspx/Gottlieb_Maurycy (alle aufgerufen am 14.1.2018)

 

Axel Feuß, März 2018

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