Stanisław Mikołajczyk
Am Sonntag, dem 21. Juli 1901, wurde der kleine Stanislaus in der Marienkirche in Eickel durch den katholischen Pfarrer Josef Schneider getauft (Registriernummer 438). Taufpaten waren die Schwester der Mutter, Viktoria Parysek, und der Bergmann Joseph Gatka, ein Arbeitskollege des Vaters.
Die Zukunftspläne der Familie wurden zerstört, als der Vater 1907 einen schweren Arbeitsunfall erlitt, durch den er nur noch über Tage eingesetzt werden konnte. Die Mutter kehrte mit dem knapp siebenjährigen Sohn 1908 nach Benice zurück und kaufte von den Ersparnissen einen sechs Hektar großen Bauernhof in Striesen (Strzyżewo) im Landkreis Gnesen (Gniezno). Der Vater blieb noch bis 1912 in Holsterhausen und absolvierte eine Schlosserausbildung.
Der jugendliche Stanisław arbeitete nach Abschluss der Volksschule abwechselnd auf dem Bauernhof der Familie und in einer benachbarten Zuckerrübenfabrik, in der er Mitglieder der nationalpolnischen Vereinigung „Falke“ (Sokół) kennen lernte. Er schloss sich der Gruppe an. Am 28. Juni 1919 erlangte Polen die Unabhängigkeit nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages von Versailles. Im August 1920 meldete sich Mikołajczyk als Kriegsfreiwilliger zu der Armee des polnischen Marschalls Piłsudski, der den Einmarsch der Roten Armee an der Weichsel erfolgreich abwehrte und die Sowjets, die Polen als „abtrünnige russische Provinz“ betrachteten, in den Osten zurückdrängte. Im Frieden von Riga wurde die polnische Ostgrenze am 18. März 1921 von der Sowjetunion anerkannt.
Stanisław Mikołajczyk, der bei den Kämpfen verwundet worden war, wurde aus der Armee entlassen, kehrte auf den Hof nach Striesen zurück und vergrößerte ihn von sechs auf zwanzig Hektar. Er besuchte in den folgenden Jahren landwirtschaftliche Kurse an der Volkshochschule in Gnesen. 1924 wurde er Sekretär der Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe PSL) in Posen, gab eine Zeitschrift für Bauern und Pächter heraus und bekämpfte politisch Marschall Piłsudski, der 1926 in Polen eine Militärdiktatur errichtete 1924 heiratete er auch seine Jugendfreundin Cecylia Ignasiak, 1926 wurde Sohn Marian geboren. Seine Karriere wies zu dieser Zeit steil nach oben. 1930 zog er für die Bauernpartei als Abgeordneter des Bezirks Gnesen in den Sejm. Dabei halfen ihm seine agronomischen Kenntnisse als erfolgreicher Bauer, seine Redegabe, sein Ruf als Kriegsheld und sein gutes Aussehen.
Am 27. August 1939 meldete sich Mikołajczyk als einfacher Soldat bei einer Einheit in Westpolen und nahm an der Verteidigung Polens nach dem deutschen Überfall am 1. September 1939 teil. Nach der Niederlage floh er über Ungarn, Jugoslawien und Italien nach Paris. Dort wurde er Mitglied der polnischen Exilregierung, die nach der Kapitulation Frankreichs im Jahr 1940 nach London umzog und die polnischen Exilstreitkräfte im Westen organisierte. Am 27. Januar 1940 wurde Mikołajczyk zum Innenminister der Exilregierung ernannt. Er besuchte mit General Sikorski (dem Ministerpräsidenten der polnischen Exilregierung) Kanada und die USA und im Dezember 1941 Moskau. Dort vereinbarten sie mit Stalin, gemeinsam gegen den Hitler-Imperialismus zu kämpfen. Am 22. Januar 1942 wurde Mikołajczyk, der sich wegen seiner diplomatischen und organisatorischen Talente in der Exilregierung verdient gemacht hatte, zum stellvertretenden Ministerpräsidenten ernannt.