Polnische Gräber auf dem Friedhof am Perlacher Forst in München

Friedhof am Perlacher Forst, München
Friedhof am Perlacher Forst, München, 2018.

Der Friedhof und seine Geschichte

 

Mit dem stetigen Bevölkerungswachstum Münchens wurden Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts die freien Flächen auf den Friedhöfen der Stadt knapp. So war zum Beispiel der Ostfriedhof 1929 überfüllt. Daraufhin sollte eine neue Nekropole für bis zu 100.000 Gräber auf einem 100 Hektar großen Grundstück an der Schwanseestraße entstehen. In der Nähe lag das Gefängnis Stadelheim, wobei es zwischen dessen Gebäuden und dem geplanten Friedhof einen breiten Abstandsstreifen gab, was die Planer letztlich für den Standort eingenommen hat. Mit der Umsetzung des Projekts wurde Stadtbaurat Hermann Leitenstorfer betraut. Es sollte die größte und schönste Friedhofsanlage Münchens werden. Inmitten der Anlage entstand eine Kapelle, von der aus strahlenförmige und mit Hecken eingefasste Alleen verliefen. Entlang der Alleen wurden auch Bäume gepflanzt, was die gesamte Anlage mit dem nahe gelegenen Wald in Verbindung brachte, der für den Namen des neuen Friedhofs Pate stand.

Die Eröffnung des Friedhofs erfolgte am 1. Februar 1931, obwohl die Anlage zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig war. Die Kapelle sollte erst zwei Jahre später entstehen. Anfangs wurden auf dem Friedhof Arbeiter und die Ärmsten der Armen bestattet. Historisch kam es bald darauf zur Machtergreifung der Nationalsozialisten und zu zunehmenden politischen Repressalien. Im benachbarten Gefängnis Stadelheim wurden bis 1945 über 1.200 Personen hingerichtet (die genaue Zahl ist unbekannt). Ein Teil von ihnen wurde in anonymen Massengräbern verscharrt. Nichts sollte an sie erinnern. Ein Teil der Leichname gelangte an anatomische Institute.

 

Stadelheim

 

Das Gefängnis Stadelheim geht auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück und war ab 1942 eine von mehreren Hinrichtungsstätten des Volksgerichtshofs, nachdem bis dahin in Berlin-Plötzensee die Todesurteile vollstreckt worden waren. Die zunehmende Verhängung von Todesstrafen brachte dann die Dezentralisierung hervor. Das Gefängnis fungierte als Vollstreckungsstätte für das südöstliche Deutschland und einen Teil der besetzten Gebiete. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden auf dem Friedhof über vier Tausend Urnen beigesetzt, meist mit den sterblichen Überresten der Opfer des KZ Dachau. Der Friedhof wurde durch den Luftangriff auf München Anfang Januar 1945 partielle zerstört. Zudem wurde die strahlenförmige Friedhofsanlage auch durch die Erweiterung des Gefängnisses in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts verändert.  

 

Ehrenhaine und Gedenkorte

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde beschlossen, den Friedhof wiederzubeleben und an den Stätten, an denen Opfer des Dritten Reichs ihre letzte Ruhe fanden, Ehrenhaine und Gedenkstätten einzurichten. Die Nachbarschaft des Gefängnisses Stadelheim erwies sich dabei als sinnstiftend für die neue Bestimmung des Friedhofs. Zu den dort Hingerichteten gehörten auch die Mitglieder der Weißen Rose, einer Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus. Sie wurden ebenfalls auf diesem Friedhof beigesetzt. 

 

Die Opfer des KZ Dachau

 

Der Stadtrat beschloss, die Urnen der Opfer aus dem KZ Dachau, die seinerzeit nach der Einäscherung im Lagerkrematorium auf verschiedenen Münchner Friedhöfen verscharrt worden waren, im ersten Ehrenhain beizusetzen, der 1950 entstand. Unter den zu Tode gekommenen Häftlingen waren Deutsche, Österreicher, Tschechen, Polen sowie Menschen aus der damaligen Sowjetunion, aus Frankreich und den Niederlanden. Insgesamt entstanden 44 Grabfelder mit jeweils 96 Urnen. Jedes Grabfeld hat einen eigenen Gedenkstein. Im Zentrum der Anlage wurde ein Brunnen mit Mosaiken und dem Stein der Hoffnung aufgestellt. Der Hain wurde mit Linden bepflanzt, die ein Symbol für Gerechtigkeit, Liebe, Frieden und Heimat sind. Auf dem Gedenkstein am Eingang wird die Zahl der Opfer mit 4.092 beziffert. 

Mediathek
  • Friedhof Am Perlacher Forst, München

    Blick auf den Friedhof Am Perlacher Forst, München
  • Grab der Geschwister Scholl. Friedhof Am Perlacher Forst, München

    Grab der Geschwister Scholl. Friedhof Am Perlacher Forst, München
  • Grabstätte der Opfer des KZ Dachau, Friedhof Am Perlacher Forst, München

    Grabstätte der Opfer des KZ Dachau, Friedhof Am Perlacher Forst, München
  • Gedenkstein für die Opfer des KZ Dachau, Friedhof Am Perlacher Forst, München

    Gedenkstein für die 4092 bestatteten Opfer des KZ Dachau, Friedhof Am Perlacher Forst, München
  • Denkmal auf dem Friedhof Am Perlacher Forst, München

    Denkmal zur Erinnerung an ermordeten Zwangsarbeiter, Kriegsgefangenen und ehemaligen KZ-Häftlinge, Friedhof Am Perlacher Forst, München
  • Granitplatte zum Gedenken an die gefallenen polnischen Soldaten

    Granitplatte zum Gedenken an die gefallenen polnischen Soldaten, gekrönt mit einem Adler. Friedhof Am Perlacher Forst, München
  • Das Gefängnis Stadelheim

    Das Gefängnis Stadelheim am Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Grabstätte der Ermordeten des KZ Dachau

    Grabstätte der Ermordeten des KZ Dachau auf dem Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Blick auf den Friedhof, auf der rechten Seite die Kapelle

    Blick auf den Friedhof, auf der rechten Seite die Kapelle. Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Blick auf die Kapelle

    Blick auf die Kapelle. Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Ein freistehendes Denkmal

    Ein freistehendes Denkmal. Friedhof Am Perlacher Forst, München
  • Blick auf die Kapelle

    Blick auf die Kapelle. Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Gräber von den Mitgliedern der Weißen Rose

    Gräber von den Mitgliedern der Weißen Rose: Geschwister von Scholl, Sophie und Hans und Christoph Probst auf dem Friedhof Am Perlacher Forst, München
  • Grabstätte von 96 ermordeten Insassen des Stadelheimer Gefängnisses

    Grabstätte von 96 ermordeten Insassen des Stadelheimer Gefängnisses. Auf dem 1996 freigelegten Stein wurden die Namen aller Opfer angebracht. Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Die Namen der 96 Ermordeten des Gefängnisses Stadelheim

    Die Namen der 96 Ermordeten des Gefängnisses Stadelheim. Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Grabstätte der Ermordeten des KZ Dachau

    Grabstätte der Ermordeten des KZ Dachau auf dem Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Grabstätte der Ermordeten des KZ Dachau

    Gedenkstein: Grabstätte der Ermordeten des KZ Dachau auf dem Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Gedenksteine mit den Namen der Ermordeten am Denkmal für Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und ehemaligen KZ-Insassen

    Gedenksteine mit den Namen der Ermordeten am Denkmal für Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und ehemaligen KZ-Insassen (Displaced Persons). Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Gedenksteine mit den Namen der Ermordeten

    Gedenksteine mit den Namen der Ermordeten am Denkmal für Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und ehemaligen KZ-Insassen (Displaced Persons). Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Denkmal für Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und ehemalige KZ-Insassen

    Denkmal für Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und ehemalige KZ-Insassen (Displaced Persons) auf dem Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Granitplatte zum Gedenken an polnische Soldaten

    Granitplatte zum Gedenken an polnische Soldaten gekrönt mit einem Adler. Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Granitplatte zum Gedenken an die polnischen Soldaten

    Granitplatte zum Gedenken an die polnischen Soldaten. Im Hintergrund die Grabstätte. Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Grabstätte von polnischen Soldaten

    Grabstätte von polnischen Soldaten. Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Grabstätte von 96 Personen, die im Gefängnis Stadelheim ermordet wurden

    Grabstätte von 96 Personen, die im Gefängnis Stadelheim ermordet wurden. Friedhof Am Perlacher Forst, München.
  • Blick auf die Kapelle

    Blick auf die Kapelle, Am Perlacher Forst, München.