Kosmopolen in Bochum: Europäische Kultur mit polnischem Akzent aus dem Ruhrgebiet
Mit Festival zur Industriekultur
Im Jahr nach der Gründung präsentierten sich der Verein direkt mit einem Knall. Das Kosmopolen-Festival im Februar/März 2009 offenbarte direkt die volle Bandbreite des Vereins. Im Stanzwerk in Bochum-Sundern lasen die Bochumerin Ksymena Woka sowie der Performance-Literat Wojciech Stamm aus ihren Werken. Für Musik sorgten der polnische Jazz-Kontrabassist Vitold Rek mit seiner Band EastWestWind und die Band Disguise von Katrin Mickiewicz aus Essen, die in den eigenen Kompositionen polnische und bulgarische Elemente mixte. Gemälde und Fotografien u. a. von Krzysztof Gruse an den Wänden rundeten das Programm ab. Nur kurze Zeit später wurde das Stanzwerk Teil der Route Industriekultur. Zufall?
Es folgten viele weitere Veranstaltungen, die das kreative Potenzial etablierter und aufstrebender Nicht-nur-Polen präsentierten. Emanuela Danielewicz betont in Interviews immer wieder, dass sie Talente erkennt und, wo es geht, fördern wolle. Viele der Aktionen stellen Konzepte dar, die mit festem oder wechselndem Ensemble wiederholt werden können. Dazu zählt auch „Remember“ – ein Konzert/Lesungsabend zum Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. 2011 spielten zu diesem Anlass die Band Kroke und lasen Joanna Stanecka und Frank Wickermann in der Bochumer Christuskirche.
Eine besondere Verbindung hatte die Kooperative unter anderem zum LWL-Industriemuseum Zeche Hannover im Bochumer Stadtteil Hordel an der Grenze zu Herne-Eickel. 2011 fand dort das multi-disziplinäre Festival „Ein Mehr sehen“ statt, ein Beitrag zum Polen-NRW-Jahr 2011/2012. Die Ausstellungen des Museums widmen sich schwerpunktmäßig dem Thema Zuwanderung. Auch Kosmopolen haben sich dieses Gegenstandes angenommen und wieder gab es ein Musik und Lesungen mit vielen Akteur:innen. Der Titel dieses Aktionswochenendes, „Ein Mehr sehen“, bezieht sich darauf, dass die Pol:innen in Deutschland, anders als viele andere Migrantengruppen, stets eher unauffällig blieben. Doch Kosmopolen ging es ja eben um das Sichtbarmachen all dieser Einflüsse. Schließlich honorierte der Historiker und Leiter des Museums Zeche Hannover, Dietmar Osses, die Aktionen der Initiative mit einem Vortrag unter dem Titel „Von Ruhrpolen zu Kosmopolen“. Darin zeigt er diesen Wandel in der Außenwahrnehmung auf: Gestern waren Polen die unsichtbaren Malocher, heute sind sie auf allen Bühnen sicht- und hörbar.
Dass die Initiative für alle Veranstaltungen nicht vom Verein selbst ausgegangen ist, sondern auf Anregung und Einladung von außen stattfanden, zeugt von der guten Vernetzung der Vereinsmitglieder. Vernetzung ist ja auch Verbindung, ist Sichtbarkeit. Gleichzeitig zeigt dieser Umstand auch, dass die Kosmopolen-Events beliebt waren und immer noch sind. Die Kasienki – das sind Katrin Mickiewicz, Kasia Bortnik und Benjamin Garcia – können den Kindern im Publikum bei den Weihnachtskonzerten „Kasienki & Kolędy“ praktisch beim Wachsen zusehen, denn sie kommen jedes Jahr gerne wieder.