Katarzyna Wielga-Skolimowska – Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes

Katarzyna Wielga-Skolimowska, Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes
Katarzyna Wielga-Skolimowska, Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes

Die Ernennung von Katarzyna Wielga-Skolimowska zur Künstlerischen Direktorin der Kulturstiftung des Bundes kam für viele überraschend. Diejenigen, die ihre Errungenschaften im kulturellen Bereich schon länger verfolgen, wissen jedoch um ihre breit gefächerte Kompetenz. Dies betonte auch die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien Claudia Roth in ihrer Pressemitteilung Mitte 2022, in der sie die einstimmige Wahl der neuen Künstlerischen Direktorin der Kulturstiftung verkündete: „Mit Katarzyna Wielga-Skolimowska haben wir eine international erfahrene und kuratorisch versierte Kulturmanagerin für die Kulturstiftung des Bundes gewonnen.“[1] Roth fügte hinzu, Wielga-Skolimowska habe „die Findungskommission mit ihrem breiten Wissen über die Kulturproduktion unterschiedlichster Kulturräume und Sparten beeindruckt.“[2] Dabei habe sie stets „eine tief verwurzelte, empathische Zuneigung zu den Künstlerinnen und Künstlern“[3] gezeigt.

Wielga-Skolimowska nahm somit den Platz von Hortensia Völckers ein, die die Kulturstiftung des Bundes seit ihrer Gründung im Jahre 2002 insgesamt 20 Jahre lang geleitet hatte und heute zu den einflussreichsten Akteur:innen der deutschen Kulturszene zählt. Über zwei Jahrzehnte ihres Bestehens hinweg hat die Kulturstiftung des Bundes mit Sitz in Halle 4.000 Projekte gefördert. Ihr Jahresbudget von rund 40 Mio. Euro stammt aus den Mitteln der/des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Zu den von der Stiftung geförderten Einrichtungen und Events zählen die wichtigsten kulturellen Veranstaltungen des Landes, u. a. die Berlin Biennale, das Berliner Theatertreffen, die Transmediale und das Ensemble Modern. Die Stiftung beschäftigt rund 60 Mitarbeitende.

Im umfangreichen Lebenslauf von Katarzyna Wielga-Skolimowska ist Deutschland nur eine von vielen Stationen – dafür die bisher längste. Die Kuratorin wurde 1976 in Warschau geboren und hat in der polnischen Hauptstadt sowie anschließend in Berlin Theaterwissenschaften studiert. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie am Adam-Mickiewicz-Institut (Instytut Adama Mickiewicza), das sich zum Ziel gesetzt hat, die polnische Kultur in die ganze Welt hinauszutragen und die Zusammenarbeit mit internationalen Institutionen zu fördern.

Ein zentrales Projekt zu dieser Zeit war das „Polnische Jahr“ in Israel (2008–2009), das sich mit den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Gründung des Staates Israel überschnitt. Die Kuratorin zog damals für drei Jahre nach Israel, um Brücken zwischen polnischen und israelischen kulturellen Einrichtungen sowie Kunstschaffenden zu bauen. Die Übernahme dieser Aufgabe betrachtet sie rückblickend als wichtigen Schritt in ihrer beruflichen Laufbahn: „Ich glaube, meine Stärke [ist es], Menschen zusammenzubringen und dann […] zu gucken, wo ihre Stärken sind und was man daraus entwickeln kann“[4], sagte sie im Podcast des radio3 von rbb. Dieses Zusammenbringen von Kunstschaffenden gelang insbesondere durch Studienreisen für Gruppen sowie einzelne Teilnehmer:innen. Im Rahmen des Polnischen Jahres in Israel wurden insgesamt 180 solcher Reisen ermöglicht. Die Teilnehmenden bleiben teilweise bis heute noch in Kontakt.

 

[2] Pressemitteilung der Bundesregierung, s. o.

[3] Pressemitteilung der Bundesregierung, s. o.

[4] Katarzyna Wielga-Skolimowska – Kulturmanagerin, Podcast, in: ARD Audiothek, 01.01.2024, https://www.ardaudiothek.de/episode/das-gespraech/katarzyna-wielga-skolimowska-kulturmanagerin/radio3/13031003 (zuletzt aufgerufen am 23.05.2024). 

Nachdem sie aus Israel zurückgekehrt war, arbeitete Wielga-Skolimowska am Nationalen Audiovisuellen Institut (heute Filmoteka Narodowa – Instytut Audiowizualny). Dort war sie 2011 für das kulturelle Programm der polnischen EU-Ratspräsidentschaft unter dem Titel „Kunst für den sozialen Wandel“ (Art for Social Change – sztuka dla zmiany społecznej) zuständig. Das Programm sollte Kunstschaffende sowie das Publikum dazu inspirieren, „eine kreative Haltung einzunehmen, die das künstlerische sowie soziale Bewusstsein steigert und zur kritischen Reflexion über Kultur und Zivilisation anregt“[5], heißt es in der Zusammenfassung des Portals culture.pl.

2013 konnte sich Katarzyna Wielga-Skolimowska im Bewerbungsverfahren um den Posten als Leiterin des Polnischen Instituts Berlin durchsetzen. Diese Funktion hatte sie drei Jahre lang inne. Ähnlich wie beim Polnischen Jahr in Israel beschränkte sie sich nicht darauf, die polnische Kultur in groß angelegten Einzelveranstaltungen zu präsentieren, sondern suchte den Kontakt zu lokalen Kunstschaffenden und förderte auch kleinere Initiativen. Als das polnische Außenministerium 2016 überraschend entschied, die Leiterin der Berliner Filiale mit sofortiger Wirkung ihres Amtes zu entheben, brodelte es in der Kulturszene. In den Medien wurde spekuliert, dass Wielga-Skolimowskas Weigerung, eine Vorführung des Films „Smoleńsk“ in Berlin zu organisieren, ihr zum Verhängnis geworden war. Andere wiederum waren der Überzeugung, die Leiterin des Polnischen Instituts habe ihr Augenmerk zu sehr auf jüdische Themen gerichtet. Wielga-Skolimowska selbst wollte keinen Kommentar zu der Entscheidung abgeben, zumal sie zu dem Zeitpunkt offiziell noch Mitarbeiterin des Außenministeriums war.

Die Entlassung von Katarzyna Wielga-Skolimowska stieß bei deutschen Kultureinrichtungen, die mit dem Polnischen Institut Berlin zusammenarbeiteten, auf völliges Unverständnis. Rund ein Dutzend Vertreter:innen der Kulturszene wandten sich im Dezember 2016 an den damaligen Botschafter der Republik Polen in Deutschland, Andrzej Przyłębski, sowie an den Außenminister Witold Waszczykowski mit einem Brief, in dem sie ihre „Bestürzung und Irritation“[6] über die Amtsenthebung äußerten. „Frau Wielga-Skolimowska hat es verstanden, uns das zeitgenössische Polen über gemeinsame Projekte zu Geschichte und Kultur nahe zu bringen; ihrem Engagement und ihrer ausgezeichneten Arbeit ist es zu verdanken, dass sich polnische Kultur ins Bewusstsein der Berliner eingeschrieben hat. Eine bessere Fürsprecherin für die Angelegenheit Polens werden Sie nicht finden“[7], hieß es in dem Brief.

 

[5] Podsumowanie Prezydencji w kulturze, in: culture.pl, 02.01.2012, https://culture.pl/pl/artykul/podsumowanie-prezydencji-w-kulturze (zuletzt aufgerufen am 22.05.2024). 

[6] Zit. nach Originalbrief von Cilly Kugelmann, Stellvertretende Direktorin des Jüdischen Museums Berlin, https://www.koalition-der-freien-szene-berlin.de/wp-content/uploads/2017/09/Przylebski_Andrzej_Botschafter_PL_2016_12_05.pdf (zuletzt aufgerufen am 05.07.2024).

[7] Originalbrief von Cilly Kugelmann, s. o.

Nach der Amtsenthebung arbeitete Katarzyna Wielga-Skolimowska eine Zeit lang bei der Bundeszentrale für politische Bildung und wechselte anschließend 2020 in die saudi-arabische Hauptstadt Riad mit dem Auftrag, dort eine Filiale des Goethe-Instituts aufzubauen. „Die größte Herausforderung war, umzudenken. Diese Stereotypen beiseite zu stellen. [...] Es ist eine patriarchale Gesellschaft, wo[bei] man eigentlich sagen kann, Polen ist auch eine patriarchale Gesellschaft, in der Frauen extrem stark sind“[8], antwortete Wielga-Skolimowska im Podcast des radio3 auf die Frage nach ihren Erinnerungen aus der Zeit in Saudi-Arabien.

Neben ihren breit gefächerten Kompetenzen und der enormen Erfahrung, die sie in Deutschland und im Nahen Osten sammeln konnte, spielte bei der Wahl Katarzyna Wielga-Skolimowskas als Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes auch die osteuropäische Perspektive eine zentrale Rolle. Die Kuratorin selbst betonte, dass in Deutschland in vielerlei Hinsicht eine Rückbesinnung auf Fragen notwendig ist, mit denen wir uns schon einmal auseinandersetzen mussten. Im Interview mit dem Berliner „Tagesspiegel“ sagte sie: „Wir müssen noch einmal zurück zu den alten Themen und die Fragen zu Osteuropa neu stellen. Was bedeutet der Osten, was heißt osteuropäische Geschichte?“[9] Sie wies zudem darauf hin, dass seit der Osterweiterung der EU im Jahr 2004 so viel geschehen sei, doch anstelle des damaligen Optimismus herrsche nun eher Angst.

In der Diskussion um den auch in der Kulturszene ansteigenden Rechtspopulismus und Antisemitismus positionierte sich Wielga-Skolimowska klar: „Kultur muss politische Fragen diskutieren können, ohne dass es sofort Konsequenzen hat. Das ist ihre Unabhängigkeit. Kultur muss einen Raum haben ohne Auflagen und Aufgaben für Künstlerinnen und Künstler.“[10] Kunst müsse frei sein, könne auch provozieren und starke Emotionen hervorrufen. „Man darf ihren Beitrag zur Demokratie nicht idealisieren. Kunst kann Antisemitismus entgegenwirken, aber nüchtern betrachtet eben auch befördern.“[11]

 

Monika Stefanek, Mai 2024

 

[8] Katarzyna Wielga-Skolimowska – Kulturmanagerin, ARD Audiothek, s. o.

[9] Schaper, Rüdiger: Tanz auf heißen Themen. Was macht die Bundeskulturstiftung?, in: „Tagesspiegel“, 22.02.2024, https://www.tagesspiegel.de/kultur/tanz-auf-heissen-themen-was-macht-die-bundeskulturstiftung-11233435.html (zuletzt aufgerufen am 23.05.2024). 

[10] Schaper, Rüdiger: Tanz auf heißen Themen. Was macht die Bundeskulturstiftung?, s. o.

[11] Bundeskulturstiftung. Künstlerische Direktorin sieht bedrohliche Entwicklung durch Rechtspopulisten, in: „Tagesspiegel“, zit. nach DPA, 02.10.2023, https://www.tagesspiegel.de/kultur/bundeskulturstiftung-kunstlerische-direktorin-sieht-bedrohliche-entwicklung-durch-rechtspopulisten-10561135.html (zuletzt aufgerufen am 23.05.2024).

Mediathek
  • Katarzyna Wielga-Skolimowska

    Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes
  • Auf dem Dach des Bundeskanzleramtes in Berlin

    Von links: Kirsten Haß (Verwaltungsdirektorin Kulturstiftung des Bundes), Katarzyna Wielga-Skolimowska, Claudia Roth (Bundesbeauftragte für Kultur und Medien), Hortensia Völckers (ehem. Künstlerische ...