Johann Ernst Gotzkowsky (1710–1775)

Frederik Christian Carstens: Porträt von Johann Ernst Gotzkowsky, 1761, Kupferstich
Frederik Christian Carstens: Porträt von Johann Ernst Gotzkowsky, 1761, Kupferstich

In den späten 1750er und den frühen 1760er Jahren war Gotzkowsky zweifelsohne einer der reichsten Stadtbürger Berlins. Seine enormen finanziellen Ressourcen veranlassten Johann Ernst Gotzkowsky dann 1761 vermutlich auf Zureden des Königs dazu, eine Manufaktur für Porzellan, das damals so geschätzte „weiße Gold“, zu gründen. Die Branche war dem Kaufmann nicht ganz fremd, da er schon 1741, kurz nach der Thronbesteigung Friedrichs II., zusammen mit seinem Bruder nach Meißen gereist war, um die dortige Porzellanmanufaktur mit der Anfertigung eines prunkvollen Tafelservices für den königlichen Hof zu betrauen, wobei die Identität des eigentlichen Auftraggebers strenger Geheimhaltung unterlag. Der Herrscher von Preußen wollte ungenannt bleiben. Sein Rivale im damaligen ersten Schlesischen Krieg (1740-1742), Friedrich August II. Kurfürst von Sachsen aus dem Hause Wettin, sollte nicht erfahren, für wen das edle Geschirr gedacht gewesen war. Daher wurden die Gotzkowsky-Brüder in Meißen vorgeschickt. Das scheinbar für sie entworfene Modell erhielt den Namen „Gotzkowsky erhabene Blumen“ und wird bis heute im Produktportfolio geführt. 2015 wurde das Tafelgeschirr in der Edition „Limitierte Meisterwerke“ neu aufgelegt.

Vor der Gründung von Gotzkowskys Porzellanmanufaktur gab es in Berlin nur einen kleinen Betrieb zu diesem Zweck, der aber weder qualitativ noch in den Dekoren mit Meißen mithalten konnte. Hinzu kam, dass Meißen im Siebenjährigen Krieg einschließlich der Porzellanfabrik und ihrer Lager von preußischen Truppen belagert und eingenommen wurde, so dass die reich verzierten Geschirre von dort aus direkt auf die königlichen Tafeln gelangten. Johann Ernst Gotzkowsky war jedenfalls der erste, der in Berlin eine echte Porzellanmanufaktur ins Leben gerufen hat. Da er hohe Löhne versprach, gelang es ihm bald, die angesehensten Fachleute aus Meißen abzuwerben. Zudem verschaffte er sich auch die streng gehütete Rezeptur zur Herstellung hochwertigen Porzellans. Doch nachdem die neue Manufaktur ihre Arbeit aufgenommen hatte, verschlechterte sich die finanzielle Lage ihres Besitzers dramatisch. Der König, dessen Kriegsausgaben längst alle Limits überschritten hatten, konnte sich keine teuren Ankäufe mehr leisten. Zudem waren Gotzkowskys Finanzen schon vor der Inbetriebnahme der Manufaktur stark strapaziert, da er während der russischen Belagerung Berlins 1760 aus seiner Privatschatulle für die Verpflegung der preußischen Garnison und des Hilfskorps aufgekommen war. Als dann die Kapitulation der Stadt und ihre Besatzung durch Russen und Österreicher nicht mehr abzuwenden waren, setzte er mit seinem Verhandlungsgeschick durch, dass der Tribut von 4 Millionen Talern, den die Stadt zahlen sollte, auf 1,5 Millionen ermäßigt wurde. Am Ende waren es sogar nur 500.000 Taler, von denen Gotzkowsky aber immer noch 50.000 selbst beigesteuert hat.[5] Dank dieser persönlichen Opferbereitschaft stieg er zu einem prominenten Bürger der Stadt auf und wurde als „patriotischer Kaufmann“ gefeiert.

Diese gesellschaftliche Reputation bewahrte Gotzkowsky, der sein Vermögen überwiegend auf hoch riskante Geschäfte aufgebaut hatte, allerdings nicht vor dem Bankrott. Am Ende des Siebenjährigen Kriegs nahm er Investments in russisches Getreide vor. Der Konkurs der Amsterdamer Bank „Gebroeders de Neufville“, die den Kauf der Speicher mitfinanzieren sollte, sowie der Rückzug von Geschäftspartnern aus seiner Firma stürzten Gotzkowsky in die Verschuldung und zwangen ihn dazu, seine Besitztümer zu veräußern. 1763 wurde die Porzellanmanufaktur für 225.000 Taler von Friedrich II. dem Großen höchstpersönlich zurückgekauft. Der König übernahm alle 146 Angestellten und gab der Fertigungsstätte als Königliche Porzellanmanufaktur (KPM) ihren neuen Namen, unter dem sie noch heute firmiert.[6]

Gotzkowsky erwarb sein Vermögen nie wieder zurück. Um seine Schulden bei den russischen Gläubigern zu begleichen, sah er sich gezwungen, 317 Gemälde aus seiner jahrelang angelegten Sammlung an Zarin Katharina II. abzugeben, unter ihnen 13 Werke von Rembrandt, elf von Rubens, zwei von Raffael und ein Tizian. [7] Einige dieser Bilder befinden sich heute noch in der Eremitage in St. Petersburg. Das Ende von Gotzkowsky Laufbahn als Unternehmer wurde 1766 durch die damalige Wirtschaftskrise besiegelt. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er in Armut und Vergessenheit bis er am 9. August 1775 vermutlich an Typhus in Berlin verstarb.

 

Monika Stefanek, Januar 2022

 

[5]     Gotzkowsky, Johann Ernst, in: Die Geschichte Berlins. Verein für die Geschichte Berlins e.V., gegr. 1865, URL: https://www.diegeschichteberlins.de/geschichteberlins/persoenlichkeiten/persoenlichkeiteag/459-gotzkowsky.html (zuletzt aufgerufen am 12.01.2022)

[6]     Historie der KPM, in: Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin, URL: https://www.kpm-berlin.com/manufaktur/kpm-geschichte/ (zuletzt aufgerufen am 12.01.2022)

[7]     Johann Ernst Gotzkowsky, in: Wikipedia. Die freie Enzyklopädie, 22.07.2022, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Ernst_Gotzkowsky (zuletzt aufgerufen am 12.01.2022)

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  • Frederik Christian Carstens

    Porträt von Johann Ernst Gotzkowsky, 1761, Kupferstich
  • Adolph von Menzel

    Der Kaufmann Gotzkowsky bittet den auf dem Sofa liegenden russischen Befehlshaber um Schonung der Stadt Berlin, 1760
  • Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin

    Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin, Altbau
  • Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin

    Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin, Neubau
  • Rembrandt van Rijn: Der ungläubige Thomas, 1634

    Puschkin-Museum Moskau (aus der ehemaligen Sammlung Gotzkowsky)
  • Rembrandt van Rijn, Ahasveror, Haman beim Gastmahl der Esther, 1660

    Puschkin-Museum Moskau (aus der ehemaligen Sammlung Gotzkowsky)
  • Hans von Aachen, Allegorie des Friedens, der Kunst und des Überflusses, 1602

    Staatliche Eremitage St. Petersburg (aus der ehemaligen Sammlung Gotzkowsky)
  • Bartholomeus van der Helst, Neuer Markt in Amsterdam, 1666

    Staatliche Eremitage St. Petersburg (aus der ehemaligen Sammlung Gotzkowsky)
  • Jan Breughel, Ländliche Landschaft, um 1611

    Staatliche Eremitage St. Petersburg (aus der ehemaligen Sammlung Gotzkowsky)