Dziennik Berliński („Berliner Zeitung“)
Die Rettungsmaßnahmen der polnischen Presse erwiesen sich allerdings nach anfänglichen Erfolgen als unzureichend. Während des dritten Treffens der polnischen Presse in Berlin am 11. Februar 1928 befasste man sich detailliert mit dieser Angelegenheit. Der Leiter der Rechtszentrale informierte über die katastrophale Lage der polnischen Presse, auch des „Dziennik“. Seiner Meinung war der Zusammenschluss verschiedener Herausgeber in verschiedenen Gegenden eine Rettung. Von Jahr zu Jahr fiel die Zahl der Abonnements. Die Abonnenten mussten mit verschiedenen Schikanen rechnen: Gegen das Lesen dieser Presse wetterten Pfarrer auf der Kanzel, Kinder wurden in Schulen schikaniert, den Abonnenten wurde die Sachabwicklung in Ämtern erschwert und die Post lehnte es ab, die polnische Presse auszuliefern.
Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten erschwerte die Situation der „Dziennik Berliński“ und anderer polnischer Pressetitel noch mehr. Am 14. Februar 1933 konnte man im „Dziennik“ Folgendes lesen: „Hitler gab den Journalisten bekannt, dass die Presse nicht eingeschränkt werden soll. Man darf allerdings nicht die persönliche Ehre mit Kritik verletzen […] wenn in ihr eine Nachricht erscheint, die den vitalen Interessen des Reiches gefährlich werden kann“. Auf die Zeitungen kamen immer neue Beschränkungen zu. In Zusammenhang mit den Parlamentswahlen am 5. März 1933 verordnete der Berliner Polizeipräsident am 25. Februar 1933 die Einstellung der Herausgabe polnischer Tageszeitungen bis zum 12. März des Jahres. Darüber schrieb die „Dziennik Berliński“ am 26. Februar. Diese Ausgabe war auf Grund der Einschränkungen kaum eine Seite lang.
Die rechtliche Lage der Journalisten wurde durch das Pressegesetz vom 4. Oktober 1933 geregelt. Voraussetzung zur weiteren Ausübung des Berufes war der Eintrag in die Liste des Deutschen Pressevereins. Bei Zuwiderhandlungen gegen diese Auflagen, sah das Gesetz ein Schreibverbot und die Auflösung der Redaktionen vor. Schnell trafen diese Schikanen die polnischen Zeitungsredaktionen. Durchsuchungen in den Redaktionen, Konfiszierungen einzelner Nummern und das Berufsverbot für manche Journalisten waren an der Tagesordnung. So wurde den Berliner Journalisten Stefan Dziamski und Jan Skala das Publikationsrecht entzogen. Die Auflage des „Dziennik Berliński“ verkleinerte sich von Jahr zu Jahr. 1937 erschien er in einer Auflage von 1 000 Exemplaren. Immer öfter griff die nationalsozialistische Regierung in den Inhalt des „Dziennik Berliński“ und anderer Zeitungen ein. Im August 1937, einer Zeit relativ guter deutsch-polnischer Beziehungen, erschien die Rubrik „unsere Angelegenheiten“, in der z. B. von Verfolgungsfällen, Festnahmen und anderen antipolnischen Tätigkeiten der deutschen Regierung informiert wurde. Im Oktober desselben Jahres wurde diese Rubrik auf Anordnung des Innenministers W. Frick entfernt.
Die Kontrolle der Regierung über den „Dziennik Berliński“ verstärkte sich 1939. Seit diesem Jahr wurde jede Ausgabe von einem Beamten der Gestapo überprüft. Seit Juni 1939 wurde die Zeitung dazu verpflichtet den Titel, das Datum und die Redaktionsfußzeile auf Deutsch zu veröffentlichen. Ebenfalls im Juni 1939 informierte das Innenministerium die polnische Presse, dass sie trotz des Rechts auf Darstellung der Einwände gegen die Behandlung der Minderheiten ein wahrheitsgetreues Bild der im Reich stattfindenden Ereignisse zeigen solle. Der polnische Botschafter in Deutschland schrieb am 27. Juli 1939 aus Leipzig an die Zentrale in Warschau: „[…] in einem Teil der polnischen Presse, u.a. im ‚Dziennik Berliński‘ gibt es nichts über die Verfolgungen oder die wahre Lage der polnischen Minderheit“. Die letzte Ausgabe der „Dziennik Berliński“ erschien am 1. September 1939. Einige Tage später, am 7. September, überbrachte man den im Innenministerium zusammengekommenen Vertretern Polens den Entschluss zur Schließung polnischer Organisationen und Institutionen. Der „Dziennik Berliński“ und andere polnische Zeitungen wurden geschlossen.
Krzysztof Ruchniewicz, Juni 2014