Dynastische Hochzeiten zwischen polnischen und deutschen Fürstenhäusern Piasten: 1018 Bolesław I. Chrobry
Schon 1003 kommt es zu ersten Kämpfen in den südlichen Elbmarken, um Meißen und in den Territorien der heidnischen Lutizen, mit denen sich Heinrich verbündet hat. In Böhmen muss sich Bolesław gegen den mit Heinrich verbündeten Herzog Jaromír, den Adel und die dortige Stadtbevölkerung zur Wehr setzen. Ein Feldzug von Heinrich gemeinsam mit den Böhmen und den Lutizen gegen Polen bleibt ohne Erfolg und wird 1007 durch einen in Posen vereinbarten Frieden beendet. Auf dem Fürstentag in Merseburg im Jahre 1009 werden Hermann I. und Reglindis als Markgraf und Markgräfin von Meißen eingesetzt, nachdem Ekkehard I. 1002 ermordet worden ist und in der Zwischenzeit dessen Bruder Gunzelin die Herrschaft übernommen hat. Bald zieht Bolesław gegen Magdeburg und erobert Bautzen und die Lausitz zurück. Auf dem Merseburger Hoftag zu Pfingsten 1013 schließen Heinrich und Bolesław einen Frieden, in dem sie den seit zehn Jahren andauernden Konflikt vorübergehend beilegen. Die Piasten erhalten die Mark Lausitz und das Milzener Land auf dem Gebiet der heutigen Oberlausitz als Reichslehen. Im selben Jahr 1013 setzt Bolesław die Ehe seines Sohnes Mieszko II. Lambert mit Richeza von Lothringen durch, welche dreizehn Jahre zuvor mit Richezas Onkel, Kaiser Otto III., während des Akts von Gnesen verabredet worden ist. Über diese „unmittelbare Verbindung mit der Kaiserfamilie“ befördert Bolesław die Piasten „in die vorderste Reihe der europäischen Herrscher“.[6]
Nach Auseinandersetzungen um Kiew zieht Heinrich wieder gegen Polen, während Bolesław in die Gebiete zwischen Elbe und Mulde einfällt. Als 1017 Bolesławs dritte Ehefrau Emnilda, Tochter des sorbischen Fürsten Dobromir und Mutter von Reglindis und Mieszko II., stirbt, wendet sich Bolesław wieder Meißen zu und wirbt um Oda, die jüngere Schwester von Hermann I. 1016 ist auch Hermans Ehefrau Reglindis gestorben, sodass ein erneutes Bündnis mit Meißen opportun erscheint. Friedensverhandlungen mit Heinrich, in denen Hermann als Vermittler auftritt, kann Bolesław 1018 für sich entscheiden, indem er im Frieden von Bautzen die Lausitz lehensfrei erhält. Jetzt wird auch seine vierte Eheschließung mit Oda von Meißen möglich, der Hermann als Familienoberhaupt zustimmt.
Beiden, Bolesław und Hermann, dürften, so Görich, die Vorteile dieses erneuten Ehebündnisses deutlich gewesen sein. Der friedliche Ausgleich zwischen beiden Familien hatte schon die Freundschaft zwischen Ekkehard I., Gunzelin und Bolesław sowie die Ehe zwischen Hermann und Reglindis bestimmt. Dagegen hatten die kriegerischen Auseinandersetzungen der folgenden fünfzehn Jahre weite Landstriche der Mark Meißen und damit Hermanns Amtsbezirk vollständig verwüstet. Die Bemerkungen des Chronisten Thietmar von Merseburg (975/76-1018)[7] über „Plünderungen, Brandschatzungen und Verschleppung der Bevölkerung lassen unschwer erkennen, in welchem Ausmaß die Lebensgrundlagen zerstört“ worden sind.[8] Die Hochzeitsfeierlichkeiten, über die Thietmar berichtet (Titelbild), finden im Februar 1018 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und in Anwesenheit von Hermann und Bolesławs Sohn Otto auf der Piasten-Burg Cziczani (vermutlich Zinnitz in der Niederlausitz) statt.[9] Bolesław bringt mit diesem neuen Ehebündnis außerdem zum Ausdruck, dass nach den langen Auseinandersetzungen mit Heinrich II. nun auch seinem honor, also seiner Ehre und seinem Ansehen, „Genüge getan“ ist.[10]
[6] Ebenda, Seite 29. Vergleiche auch Görich 2000 (siehe Literatur), Seite 159
[7] Chronik oder Geschichte der Sachsen des Thietmar von Merseburg (Thietmari Merseburgensis episcopi Chronicon sive Gesta Saxonum), 1012-1018, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Msc. R 147. Die Berichtszeit erstreckt sich von 901 bis 1018. Vergleiche Bayerische Akademie der Wissenschaften, Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters, https://www.geschichtsquellen.de/werk/4529
[8] Görich 2000 (siehe Literatur), Seite 134
[9] Vergleiche Ludat 1971 (siehe Literatur), Seite 19
[10] Mühle 2011 (siehe Literatur), Seite 27