Das „Polenlager“ in Lahde
Ab Sommer 1945 ist vorauszusehen, dass sich die Versorgungslage für die „Displaced Persons“ und die deutsche Bevölkerung ab Oktober dramatisch verschlechtern wird. Diese Erkenntnis führt ab Juni 1945 zu einer zügigen Entlassung deutscher Kriegsgefangener aus britischem Gewahrsam, um Arbeitskräfte für die bevorstehende Ernte und für die Wiederaufnahme der Kohleförderung im Ruhrgebiet zu gewinnen. Im Ruhrgebiet werden aus diesem Grunde DP-Camps aufgelöst und die „Displaced Persons“ auf andere Lager in Westfalen verteilt.
Im August 1945 bricht im Amtsbezirk Lahde eine Typhusepidemie aus, deren Bekämpfung erst einige Wochen später erfolgreich abgeschlossen werden kann und unter anderem zu einer strengeren Überwachung der hygienischen Bedingungen im DPAC Lahde führt. Aufgrund von akutem Brennstoffmangel im strengen Winter 1945/1946 setzt in den Camps des DPAC Lahde eine Demontage von Wohngebäuden und Höfen ein, in deren Verlauf entbehrliche Holzelemente wie Mobiliar, Treppen oder Dachsparren für die Beheizung von Räumen und die Zubereitung von Mahlzeiten verwendet wurden. Durch improvisiertes Anlegen von Feuerstellen und elektrischen Kocheinrichtungen brennen einige Höfe in den Camps bis auf die Grundmauern nieder.
Die Militärregierung hat ursprünglich beabsichtigt, die Übergabe der letzten DP-Camps an die UNRRA bis Ende 1946 durchzuführen. Im August 1946 verwaltet die UNRRA bereits 127 DP-Lager in der Britischen Besatzungszone. Die Lage entwickelt sich jedoch gegenläufig. Nach der Bildung von „UNRRA Area Teams“ mit ihrer Zuständigkeit für mehrere Ausländerlager wird die Verantwortung für die DPACs zunächst formal an die Militärregierung übergeben. Ende Juni 1947 wird die UNRRA aufgelöst. Ihre Tätigkeit soll durch die International Refugee Organization (IRO) übernommen werden. Ab Juli 1947 übergibt die Militärregierung der westlichen Besatzungszonen die Verantwortung für die DPACs an die neu aufgestellten „IRO Area Teams“. In der Folgezeit lockern die von den „Displaced Persons“ begehrten Staaten des Commonwealth of Nations wie auch die USA die Einreisebedingungen für ein „Resettlement“ von nicht repatriierungswilligen oder nicht repatriierungsfähigen DPs. Ein Teil von ihnen wird in der Bundesrepublik Deutschland eigene Wege gehen. Die Lage in des DPACs entspannt sich aufgrund der sinkenden Belegungszahlen.
Mit der Auflösung des Camps Päpinghausen im Frühjahr 1948 setzt der Rückbau des DPAC Lahde ein, der im September 1949 mit der Auflösung des Camps Lahde abgeschlossen wird. Die einheimische Bevölkerung kehrt in ihre Ortschaften zurück. Der Wiederaufbau setzt unverzüglich ein.
Hermann Kleinebenne, März 2016
Quellen:
The National Archives, London, Dokumente von Foreign Office, War Office
Kommunalarchiv Stadt Petershagen, Dokumente des Amtsbezirks Lahde zum Ausländerlager Lahde
Archiv Kevin Irla
Archiv Russell Panczenko
Archiv Anna Young