Das „Polenlager“ in Lahde
Lagerstruktur und Lagerbetrieb im DPAC Lahde, Probleme der Repatriierung
Ab 9.5.1945 übernimmt das UNRRA Team 65 die Verantwortung für die Verwaltung des DPAC Lahde. Nach britischen Angaben liegt die Belegungsstärke Ende Mai 1945 bei etwa 20.000 „Displaced Persons“. Nach deutschen Angaben leben im DPAC Lahde bis zu seiner Auflösung zwischen 12.000 und 17.000 „heimatlosen Ausländern“. Die UNRRA-Lagerleitung, repräsentiert durch den UNRRA-Direktor und seinen Stellvertreter, wird zunächst durch britische Staatsangehörige besetzt. Mit fortschreitender Zeit wird die Stelle des UNRRA-Direktors etwa ab 1947 durch einen Angehörigen polnischer Nationalität besetzt.
Jedes Camp des DPAC Lahde, in dem der Anteil polnischer „Displaced Persons“ seit 1945 zunehmend dominiert, erhält eine individuelle Struktur mit eigenem DP-Bürgermeister, Gemeinderat und Lagerpolizei. In den Camps werden Ehen geschlossen und Kinder geboren. Die verstorbenen „Displaced Persons“ werden auf den örtlichen Friedhöfen bestattet. Für die Bewirtschaftung des DPAC Lahde erhalten die DPs die Möglichkeit für den Einsatz als Arbeitskräfte in den Camps, zum Beispiel in der Lagerverwaltung, im Management der Versorgungslager, im Schul- oder Gesundheitswesen, als Handwerker oder als ungelernte Arbeitskraft. Die Auszahlung des Arbeitslohns erfolgt nach britischer Kontrolle durch die Amtsverwaltung Lahde in deutscher Währung.
Der Unterricht in den polnischen Schulen setzt im Camp Cammer bereits im Mai 1945 ein. Im Juli beginnt der polnische Schulunterricht in den Camps Bierde, Frille, Ilserheide, Lahde, Raderhorst und Wietersheim. Die polnischen Lehrer stehen auf der Lohnliste der UNRRA.
Die ärztliche Betreuung der „Displaced Persons“ wird durch die Einrichtung von DP-Krankenhäusern in Lahde, Frille und Bad Hopfenberg einschließlich einer zahnärztlichen Versorgung sichergestellt. Die evangelische Kirche Lahde wird auch von den katholischen Priestern der DP-Kirchengemeinde genutzt. Die von den Westalliierten mit Russland vereinbarte priorisierte Repatriierung russischer DPs aus den westlichen Besatzungszonen setzt im Mai 1945 ein und wird bis zum September im Wesentlichen abgeschlossen.
Die von den Westalliierten vorgesehene unverzügliche Repatriierung der polnischen DPs scheitert jedoch. Die Infrastruktur Polens ist durch die deutschen Angriffsoperationen 1939 und die Rückzugsgefechte gegen Kriegsende schwer geschädigt worden. Durch die Verschiebung des polnischen Territoriums nach Westen haben ursprüngliche Anteile Polens aufgehört zu existieren. Ein Teil der polnischen DPs wird zu Staatenlosen. Die Besetzung Polens durch russische Truppen ist mit der Einführung des Kommunismus in Polen verbunden. Diese Perspektive führt insgesamt dazu, dass die Masse der polnischen „Displaced Persons“ – wie auch die baltischen DPs – eine Repatriierung ablehnt und eine Ausreise in ein fremdes Land vorzieht. Diese ablehnende Haltung wird vom Hauptquartier der Britischen Besatzungszone akzeptiert. Die Bewirtschaftung von DPACs wird sich demnach noch eine Weile hinziehen.