Das Kraszewski-Museum Dresden
2011 erstritt der polnische Sejm die Rückgabe aller an Deutschland ausgeliehenen Dokumente, Schriften und persönlichen Gegenstände des Schriftstellers Józef Ignacy Kraszewski. Bis dahin waren sie in dem nach ihm benannten Kraszewski-Museum in Dresden untergebracht, denn hier lebte und arbeitete der polnische Schriftsteller lange Zeit. Auf einen Schlag verschwanden rund 160 Exponate aus der Dauerausstellung. Nach fast fünfzigjährigem Bestehen wirkte das Museum nun wie ein gespenstisches, verlassenes Schloss. Ein lebendiger Ort für den deutsch - polnischen Dialog drohte zu verstummen.
Mit circa 600 Bänden, davon über 230 Romanen, ist Józef Ignacy Kraszewski bis heute der produktivste Schriftsteller Polens. Allerdings stand nicht immer sein eigener Name unter seinem Werk. Gern schrieb er unter Pseudonymen wie Bogdan Bolesławita, Kaniowa, Dr. Omega und Kleofas Fak oder Pasternak, um nur einige von ihnen zu nennen. Kraszewski war ein ausgesprochener Kunstkenner und ein leidenschaftlicher Kunstsammler. Er interessierte sich für westliche Demokratiegedanken und engagierte sich für ein unabhängiges Polen, das zu jener Zeit zwischen Preußen, Österreich und Russland aufgeteilt war.
Józef Ignacy Kraszewski wurde 1812, in eine wenig begüterte polnische Adelsfamilie in Warschau hineingeboren. Wegen der instabilen politischen Lage wuchs er bei seiner Großmutter und Urgroßmutter in Romanow auf dem Lande auf. Er studierte in Vilnius Medizin und Philosophie, engagierte sich dort in der Studentenbewegung, war Anhänger des Novemberaufstands von 1830, wurde verhaftet und nach zwei Jahren freigelassen. Nach dem gescheiterten Januaraufstand von 1863 musste er wegen seiner Mitgliedschaft in der “Delegacja Miejska”, dem Warschauer Selbstverwaltungsorgan, fliehen, um einer Verbannung nach Sibirien zu entgehen. Er floh Richtung Westen, wollte nach Paris, blieb aber in Dresden. Dresden war damals eines der wichtigsten kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Zentren für polnische Migranten. Von Dresden aus half Ignacy Kraszewski polnischen Flüchtlingen bei ihrer Flucht. Er bereiste Europa, fuhr in die Schweiz, nach Italien, Frankreich und Belgien und besuchte die Städte Köln, Berlin und Leipzig. Durch sein politisches Engagement geriet er unter Verdacht, für den französischen Geheimdienst zu arbeiten. 1883 wurde er verhaftet und zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Nach zwei Jahren konnte er jedoch seine Festungshaft in Magdeburg aus gesundheitlichen Gründen und auf Kaution verlassen. Daraufhin verkaufte er sein Haus in Dresden und zog nach San Remo um. Aus Angst vor der Auslieferung suchte er Zuflucht in Genf, wo er nur vier Tage nach seiner Ankunft am 19. März 1887 starb. Seine letzte Ruhestätte befindet sich in der Krypta der St. – Michael -und - Stanislaus - Kirche in Krakau, in dem sogenannten “Nationalen Pantheon verdienter Polen”.
Seit dem 18. Januar 2013 beherbergt das Museum in Dresden wieder eine neue Dauerausstellung über das Leben und Schaffen des polnischen Schriftstellers, sowie mehrere temporäre Ausstellungen zur Kultur und Geschichte beider Länder, Polens und Deutschlands. Aufgrund eines neuen Vertrages zwischen Polen und Deutschland konnten die Kraszewski - Exponate wieder nach Dresden ausgeliehen werden. Das Museum ist gegenwärtig auch eine wichtige Schnittstelle des deutsch-polnischen kulturellen und wissenschaftlichen Austausches. Hier haben auch die Deutsch-Polnische Gesellschaft Sachsen e.V. und die Vereinigung Polonia - Dresden e.V. ihren Sitz.
Adam Gusowski, September 2014
Bibliographie, Deutsche Übersetzungen (Auswahl):
“Meister Twardowski. Der polnische Faust", Übersetzung von Hans Max, Wien o. J..
“Morituri“, Übersetzung von Philipp Löbenstein, Leipzig 1878.
“Jermola der Töpfer“, Übersetzer unbekannt, Berlin 1947.
“Wie Herr Paul freite. Wie Herr Paul heiratete“, Übersetzung von Malvina Landesberger, Leipzig o. J..
“Reiseblätter“, Übersetzung von Caesar Rymarowicz, Berlin o. J..
“Tagebuch eines jungen Edelmannes“, Übersetzung von Henryk Bereska, Berlin 1955.
“Geliebte des Königs“, Übersetzung von Waldemar Krause, Rudolstadt 1956.
“König August der Starke“, Übersetzung von Kristiane Lichtenfeld, Leipzig 1997.
“Gräfin Cosel“, Überarbeitung einer alten anonymen Übersetzung von Elfriede Bergmann, Philipp Reclam jun. Leipzig, 1977 (Autorisierte Ausgabe in zwei Bänden, Wien, Pest, Leipzig, A. Hartleben's Verlag 1880) (1. Teil der Sachsentrilogie)
“Flemmings List“, Übersetzung von Hubert Sauer-Zur, Leipzig 1996.
“Brühl“, Übersetzung von Alois Hermann, Rudolstadt 1952. (2. Teil der Sachsentrilogie)
“Aus dem Siebenjährigen Krieg“, Übersetzung von Alois und Liselotte Hermann, Rudolstadt 1953. (3. Teil der Sachsentrilogie)
“Der Gouverneur von Warschau“, Übersetzung von Kristiane Lichtenfeld, Berlin 2003.
“Der Jude“, Übersetzer unbekannt, o.J.o.O..
“Die zwei Alten“, Übersetzer unbekannt, Warschau o. J..
“Der Dichter und die Welt”, Übersetzung von W. Constant, Berlin o. J..
“Ein heroisches Weib”, Übersetzung von Julius Meixner, Stuttgart 1885.
Bibliographische Zusatzinformation:
In Dresden schrieb Józef Ignacy Kraszewski seine Sachsen - Romane “König August der Starke”, “Feldmarschall Flemming” und “Der Gouverneur von Warschau” sowie die Sachsentrilogie “Gräfin Cosel”, “Graf Brühl” und “Aus dem Siebenjährigen Krieg”. Kraszewski zeichnet in ihnen ein umfassendes und spannendes Zeitgemälde des Königreichs Sachsen und Polen.
In den 1980er Jahren verfilmte die DEFA die Sachsentrilogie für das Fernsehen der DDR. Unter dem Titel “Sachsens Glanz und Preußens Gloria” entstand ein sechsteiliger Fernsehfilm.