Bolesław Zawalicz-Mowiński
Oberst Dr. Ing. Bolesław Zawalicz-Mowiński (1903–1993), Ps. „Zawalicz“, „Gończ“, „Witold“, „Stef“ und „Dyrektor”
I. Zwischen den Kriegen
Bolesław Zawalicz-Mowiński wurde am 5. Juni 1903 in der kleinen Ortschaft Skrzeszewo (Krissau) im Kreis Kartuzy (Karthaus) geboren. Seine Kindheit verbrachte er auf dem Gut seiner Eltern, die dafür sorgten, dass ihm eine gute Bildung zuteilwurde. Später engagierte er sich in seiner Heimat für die Unabhängigkeitsbewegung innerhalb der Strukturen der Polnischen Militärorganisation (Polska Organizacja Wojskowa, POW) in Włocławek (Leslau), wofür er mit der Unabhängigkeitsmedaille und dem Ehrenabzeichen der Pommernfront ausgezeichnet wurde. Anfang 1920 wurde er in die Schwadron des 1. Ulanenregiments Krechowce aufgenommen. Zugunsten seiner Abiturprüfung unterbrach er seinen Militärdienst. Nach erfolgreichem Ablegen der Reifeprüfung wurde er in das 25. Ulanenregiment eingezogen, in dessen Reihen er am polnisch-sowjetischen Krieg teilnahm. Infolge erlittener Verwundungen verließ er seine Einheit und kehrte nach Hause zurück. Für seine Teilnahme an den Kämpfen erhielt er die Kriegsmedaille 1918–1920 – Polen seinem Verteidiger.
Nach seiner Genesung entschied er sich zur Aufnahme eines Studiums der Agrarwissenschaften. In Posen absolvierte er ein einjähriges Praktikum und setzte danach sein Studium in Königsberg und Bonn fort. Nach einer gewissen Zeit unterbrach er das Studium und ließ sich von der polnischen Armee anwerben. Im Jahr 1923 wurde er dem 9. Jägerregiment zu Pferde zugeteilt und anschließend in die Fähnrichschule der Kavallerie in Suwałki (Suwalken) abkommandiert. Nach Beendigung der Ausbildung wurde er zum Fähnrich befördert und war Zugführer. 1924 wurde er in die Reserve der Polnischen Armee versetzt. Zurück im Zivilleben setzte er sein Studium fort, das er schließlich 1926 in Königsberg beendete. Danach übernahm er die Verwaltung des Familienguts. Nach zweijähriger Praxiszeit verteidigte er seine Doktorarbeit und erhielt 1928 den Titel Doktor-Ingenieur der Agrarwissenschaften. In der Zwischenzeit nahm er an Reserveübungen teil, die ihm zunächst eine weitere Beförderung zum Fähnrich-Wachtmeister und 1928 schließlich die Beförderung in den Offiziersrang einbrachten – er wurde Unterleutnant der Reserve.
Im Jahr 1929 entschied er sich dazu, von seinem Geburtsort Skrzeszewo nach Trzemeszno (Tremessen) im Kreis Mogilno zu ziehen, wo er ein Landgut erworben hatte. An seinem neuen Wohnort engagierte er sich sozial, unter anderem in Bauernvereinen, dem Offiziersverband der Reserve sowie in der Organisation für die Nationale Vereinigung (Organizacja Zjednoczenia Narodowego, OZN) in Mogilno.
Zwischenzeitlich wurde er erneut befördert und war nun Kavallerie-Oberleutnant der Reserve. Unabhängig davon hatte er in den Jahren 1937 bis 1938 die Position des Gemeindevorstehers von Trzemeszno inne und kandidierte überdies 1938 für einen Abgeordnetensitz zur V. Legislaturperiode des Sejm aus dem Bezirk 99 Inowrocław (Hohensalza) als unabhängiger Kandidat – Landwirt. Zudem arbeitete er in der Redaktion der Wochenzeitung „Kosynier” mit, die innerhalb der Gemeindegrenzen erschien. Er beteiligte sich aktiv an der Initiierung landwirtschaftlicher Kreise auf dem Gebiet Großpolens und verwirklichte sich als „Pionier” des polnischen Dorfes. Ebenfalls im Jahr 1938 nahm er in Trzemeszno an den Feierlichkeiten der Luft- und Gasabwehrliga teil (Liga Przeciwlotnicza i Przeciwgazowa, LOPP), im Rahmen derer er eine Kundgebung in Erinnerung an die Besetzung des Olsa-Gebietes organisierte. Zu Beginn des Jahres 1939 entschied er sich dazu, den aktiven Wehrdienst wiederaufzunehmen. Nach einer Schulung wurde er zum Kavallerie-Rittmeister der Reserve befördert.
II. Der Krieg
Seit dem Überfall Deutschlands auf Polen im September 1939 nahm Zawalicz-Mowiński aktiv am Verteidigungskrieg teil. Während der Kriegshandlungen wurde er verwundet und in ein Krankenhaus eingewiesen, aus dem er sich absetzte. Anfang November 1939 gelangte er in die Gegend um Warschau, wo er sich in der konspirativen Wohnung von Jan Sokołowski (Deckname von Oberst Stefan Rowecki, Pseudonym „Grot“, späterer Befehlshaber der Heimatarmee) meldete. Von ihm erhielt er weitere Instruktionen und den Befehl, konspirative Aktivitäten aufzunehmen. Auf diese Weise begann eine neue Phase seiner Tätigkeit im besetzten Polen. Während dieser Zeit bediente er sich mehrerer Pseudonyme: „Zawalicz“, „Gończ”, „Witold”, „Stef” und„Dyrektor”. Nach seiner Vereidigung beteiligte er sich an der Schaffung konspirativer Strukturen auf dem Territorium des Warschauer Bezirks des Verbandes für den bewaffneten Kampf (Związek Walki Zbrojnej, ZWZ) – im Kreis Sanniki. Nach der Reorganisation der Strukturen ging die Heimatarmee (Armia Krajowa, AK) aus dem ZWZ hervor und Zawalicz-Mowiński wurde in die Bezirkskommandantur Węgrów und Sokołów der Heimatarmee versetzt.
Im Juli 1944 fand er sich auf dem Territorium Warschaus wieder. Er nahm eine konspirative Tätigkeit als stellvertretender Kommandeur der entstehenden Gruppierung „Róg” auf, die von Major Stanisław Błaszczak Ps. „Róg“ befehligt wurde. Zawalicz-Mowiński erfuhr im Zuge der aufständischen Kämpfe nicht nur bei seinen Untergebenen und seinem unmittelbaren Vorgesetzten große Wertschätzung, sondern vor allem bei dem Befehlshaber der Gruppe Nord – Oberst Karol Ziemski Ps. „Wachnowski“. Während des deutschen Angriffs auf die Altstadt befehligte Rittmeister Zawalicz-Mowiński diejenige Einheit innerhalb der Gruppierung, welche die Johanneskathedrale eroberte und hielt. Besagte Einheit verwirklichte diese Aufgabe trotz großer Verluste und der Tatsache, dass der Befehlshaber dabei selbst verwundet wurde. Nach zügiger Genesung nahm er seinen Dienst an der Frontlinie wieder auf. Für seine Leistungen, seinen Mut und seine Führungsqualitäten wurde er von der Kommandantur des Aufstandes in den Rang eines Majors befördert und mit dem Verdienstkreuz Virtuti Militari V. Klasse ausgezeichnet. Gemeinsam mit der gesamten Gruppierung kämpfte er sich durch die Kanalisation bis zur Warschauer Innenstadt (Stadtbezirk Śródmieście) vor, um anschließend an den Kämpfen im Stadtbezirk Powiśle teilzunehmen. Daraufhin wurde er zum stellvertretenden Kommandeur des 36. Infanterieregiments der Akademischen Legion bei der 28. Stefan Okrzeja-Infanteriedivision des Warschauer Korps der Heimatarmee ernannt, und damit zugleich erneut Stellvertreter Major Błaszczaks Ps. „Róg”. Einen Tag nach der Kapitulation der Warschauer Aufständischen wurde er von Brigadegeneral Antoni Chruściel Ps. „Monter“ mit dem Tapferkeitsorden ausgezeichnet. Am 5. Oktober 1944 geriet er zusammen mit anderen militärischen Führern und einer Gruppe Soldaten der Heimatarmee in Gefangenschaft. Zawalicz-Mowiński wurde zunächst nach Bergen-Belsen gebracht, anschließend kam er nach Fallingbostel und dann nach Groß Born. Infolge der Evakuierung des Lagers durch das Sonderkommando gelangte er in das Lager Sandbostel. Seine Freiheit erlangte er wieder, als die britische Armee Nordwestdeutschland besetzte.
III. Vom DP zum Flüchtling (1945–1954)
Nach seiner Befreiung teilte er eine gewisse Zeit lang das Schicksal des Großteils der ehemaligen Offiziere der Polnischen Armee, der ehemaligen Soldaten der Heimatarmee, der Kriegsgefangenen und früheren Insassen von Konzentrationslagern sowie der Zwangsarbeiter. Er kam in ein ehemaliges Kriegsgefangenenlager in Wentorf bei Lübeck. Seine persönliche Situation änderte sich Ende 1945, als die Londoner Behörden die Entscheidung trafen, auf dem europäischen Festland eine Militärische Selbsthilfe zu gründen. Dies ging mit der Beförderung von Oberst Karol Ziemski zum Chef des Polnischen Militärbezirks in Timmdorf bei Plön beim 8. Korps der Britischen Rhein-Armee (British Army of the Rhine, BAOR) einher. Oberst Ziemski stellte Zawalicz-Mowiński ein und ernannte ihn anschließend zum Stabschef. Seit Ende 1945 nutzte Zawalicz-Mowiński seinen zweiten Vornamen Janusz. Er bewährte sich zügig in der ihm vom Kommandeur zugedachten neuen Rolle. Neben seinem sozialen und auf die Kriegsveteranen gerichteten Engagement, nahm er eine Tätigkeit bei den entstehenden britischen Hilfsabteilungen auf.
Anfang November 1946 wurde Zawalicz-Mowiński bei der ersten Versammlung des Verbandes Polnischer Kriegsveteranen (Stowarzyszenie Polskich Kombatantów, SPK) in Meppen in den Vorstand gewählt. Neben seinen anderen Aufgaben unterstützte er die Gründung neuer Selbsthilfekreise in den Milieus ehemaliger Kriegsgefangener in Schleswig-Holstein. Zu seinen Aufgaben zählte die Schaffung musterhafter Selbsthilfeabteilungen, die den Ausbau dieser Formationen beschleunigen sollten. Anfang Mai 1947 gelang es ihm, die britische Führung von der Initiative zur Schaffung erster Abteilungen des Civil Mixed Watchmen’s Service (CMWS) sowie der Civil Mixed Labour Organization (CMLO) zu überzeugen. Zawalicz-Mowiński startete eine breit angelegte Rekrutierungsaktion unter potenziellen Kandidaten für den Dienst im CMWS/CMLO in Rheda, Wentorf und Fallingbostel.
Überdies führte er eine Fragebogenerhebung in den Lagern durch, um zu ermitteln, wie hoch die Zahl der die Repatriierung anstrebenden Soldaten war und wie viele Soldaten eine Tätigkeit bei den britischen Hilfsabteilungen aufnehmen wollten. In der Zwischenzeit gelang es ihm, erste Mustereinheiten des „marineblauen Dienstes“ zu schaffen, unter anderem in Hannover-Buchholz, deren Gründung die Entscheidung über die Anwerbung von Polen zur Arbeit in diesen Formationen beschleunigte. Mit der Zeit befanden die britischen Militärbehörden, dass keine der Kriegsveteranenorganisationen zwischen den Wachmannschaften und der britischen Armee vermitteln konnte. So kam die Idee auf, ein Polnisches Beraterkomitee (Polish Advisory Council) zu berufen. Da bis dato der SPK diese Angelegenheiten koordiniert hatte, übernahmen seine Vertreter im Zentralen Beraterkomitee die Leitung der Abteilung Fürsorge CMWS/CMLO, deren Arbeit Major Zawalicz-Mowiński koordinierte. Seine größten Erfolge waren der Erhalt des DP-Status (Displaced Person) für alle Angehörigen der Abteilungen von CMWS/CMLO, der Erhalt der Berechtigung für deren Familienangehörige zur Emigration aus Deutschland, das Zugeständnis der Notwendigkeit zur Wohnsitznahme der Familien in der Nähe der stationierten Einheiten, die Zusicherung der Rückkehrmöglichkeit in die Formationen von CMWS/CMLO im Falle einer negativen Erörterung des Emigrationsantrages sowie der Erhalt aller versicherungsrechtlichen, in Zusammenhang mit den dienstlichen Bedingungen stehenden, Regelungen.
Im Jahr 1947 leitete Zawalicz-Mowiński bereits eine Abteilung des SPK. Er reiste häufig nach London, nicht nur zwecks Durchführung von Überprüfungen, sondern vor allem um die Vorgaben des Hauptvorstandes des SPK im Hinblick auf den weiteren Ausbau der Bezirksstrukturen des SPK in der britischen Besatzungszone abzusprechen. Da er die Abteilung Fürsorge CMWS/CMLO leitete, signalisierte er den ehemaligen Kriegsgefangenen, dass sie die Chance nutzen sollten, die ihnen die britischen Wachkompanien boten – in dieser Zeit waren 200 Stellen offen, bei den Arbeitskompanien sogar 9.000. Nachdem er den Posten des Vorsitzenden der Abteilung übernommen hatte, kritisierten ihn die Abgesandten des SPK erstmals öffentlich für sein Wirken. Ihm wurden insbesondere schlechte Beziehungen zur britischen Führung, eine schlechte Behandlung polnischer Wachleute beim CMWS/CMLO, die Durchmischung der Wachabteilungen mit Ukrainern, fehlende Fürsorgemaßnahmen und schlechte Organisation, die Vereinheitlichung der Uniformen etc. vorgeworfen. Seine Verdienste auf sozialer Ebene in dieser Zeit blieben allerdings unumstritten. Trotz der gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe wählten ihn die Abgesandten erneut zum Vorstandsvorsitzenden der Abteilung.
Nach einer gewissen Zeit siedelte Zawalicz-Mowiński in das DP-Lager Blomberg in der Nähe der Stadt Höxter an der Weser über. Von dort aus koordinierte er die Arbeit seiner Abteilung des SPK, der Abteilung Fürsorge CMWS/CMLO sowie des Polnischen Zentralen Beraterkomitees. Er knüpfte zahlreiche Kontakte, unter anderem zum britischen Außenministerium, zur Amerikanischen Polonia, zum Veteranenverband der Polnischen Armee in den USA und dessen Abteilung auf dem Gebiet Bayerns sowie weiteren Repräsentanten ethnischer Organisationen ehemaliger Kriegsgefangener. Er unterstützte die Entstehung von Bibliotheken in den einzelnen Kreisen und die Berufsberatung. Mit großem Einsatz förderte er zudem die Ansiedlung polnischer Flüchtlinge außerhalb der Besatzungszonen Deutschlands und engagierte sich überdies für die Tätigkeit des Verbandes Polnischer Kriegsflüchtlinge in Paris (Zjednoczenie Polskie Uchodźstwa Wojennego w Paryżu, ZPUW). Während er den Vorsitz einer Abteilung des SPK innehatte, erschien erstmals die Zeitschrift „Wspólnymi Siłami” (Mit vereinten Kräften), die auch in der amerikanischen und französischen Besatzungszone gelesen wurde. Gleichzeitig bemühte sich Zawalicz-Mowiński um die Verbreitung in London herausgegebener Pressetitel, darunter: „Orzeł Biały” (Der weiße Adler), „Dziennik Polski” (Polnische Tageszeitung) und später „Dziennik Polski i Dziennik Żołnierza“ (Polnische Tageszeitung und Soldatenzeitung). Trotz all der Aufgaben vernachlässigte er nie sein Engagement innerhalb der Strukturen des CMWS/CMLO. Da er ein verdienter Offizier war, der sich aktiv an der Schaffung von Formationen beteiligt hatte, nahm er im August 1949 an den Feierlichkeiten zum Soldatentag in einer Hamburger Kaserne teil, wo er vor fast 2.000 Teilnehmern einen Vortrag hielt.
Mit dem Niedergang des Polnischen Verbandes in Deutschland distanzierte sich Zawalicz-Mowiński von den Streitigkeiten, die in den organisatorisch-politischen Kreisen aufflammten. Seine neutrale Haltung beeinflusste seine weitere Tätigkeit in der Kommission betreffend den Polnischen Verband in Deutschland, die auf der II. Hauptversammlung des Exekutivkomitees des ZPUW berufen wurde. Ihr gehörten sieben Vertreter verschiedener Parteien und Organisationen an, wobei Zawalicz-Mowiński die Interessen der Veteranen repräsentierte. Da die Kommission ihre angestrebte Zielsetzung nicht erfüllen konnte, wurde entschieden, dass der Aufbau einer neuen Zentralorganisation polnischer Flüchtlinge auf dem Gebiet Deutschlands die beste Lösung war. Im Juli 1950 berief das Zentralkomitee des ZPUW ein neues Gremium – die Organisationskommission des Verbandes Polnischer Flüchtlinge (Komisja Organizacyjna Zjednoczenia Polskich Uchodźców, KO-ZPU), in der sich auch Zawalicz-Mowiński engagierte.
In der Zwischenzeit entschieden sich die Briten dazu, die Beraterkomitees auf dem Gebiet Westdeutschlands aufzulösen, was die Aufgaben von Zawalicz-Mowiński reduzierte. Er fungierte weiterhin als Vorsitzender einer Abteilung des SPK auf dem Territorium der ehemaligen britischen Besatzungszone und pflegte die guten Beziehungen zu den polnischen Milieus in London. Zwischenzeitlich verminderte sich die Zahl der Aktiven in der Kommission, deren Mitglied er war. Ihm fiel die Last der Pflichten eines Vorsitzenden zu; er führte diese Funktion bis zur Entstehung des Verbandes Polnischer Flüchtlinge (Zjednoczenie Polskich Uchodźców, ZPU) aus. Während der III. Hauptversammlung des SPK in London wurde Zawalicz-Mowiński zum stellvertretenden Vorsitzenden des Rates des SPK gewählt. Ab diesem Zeitpunkt hatte er direkten Zugang zu General Władysław Anders, zu Präsident August Zaleski, zum Premierminister und den Ministern. Die Wahl in den engen Führungszirkel des SPK besiegelte endgültig seinen Zugang zu den Eliten im Exil.
Im Jahr 1951 wurden er und Emeryk Hutten-Czapski von Senator Tadeusz Kobylański mit einer Mission betraut. Dabei ging es insbesondere um die Aufnahme direkter Kontakte zwischen der polnischen Regierung in London und der Bundesregierung in Bonn sowie darum, die Aufmerksamkeit der Regierungskreise in Bonn auf das Schicksal der Polen in Deutschland zu lenken. In der Zwischenzeit betraute Zawalicz-Mowiński die Kommissionsmitglieder damit, die anstehenden Wahlen zu den Bezirksvorständen zu koordinieren. Er selbst nahm an den Vorstandswahlen in Hannover, Essen und München teil. Gemeinsam mit den anderen Kommissionsmitgliedern schuf er eine territoriale Gliederung der neuen Organisation. Nachdem die Organisationsstrukturen geschaffen und die Bezirksdelegierten berufen waren, berief Zawalicz-Mowiński in Höxter an der Weser einen Hauptrat. Dank seiner Vermittlung stellten die Veteranen einen Raum für die zukünftige Organisation bereit und unterstützten in den folgenden zwei Jahren die Tätigkeit der neuen Organisation. Als für den 28. Juli 1951 die erste Ratssitzung des ZPU einberufen worden war und die neue Organisation offiziell ihre Tätigkeit aufgenommen hatte, lösten Zawalicz-Mowiński und die anderen Kommissionsmitglieder die Organisationskommission auf. In all den Jahren war sein Handeln von der Vision und dem Glauben an eine Konsolidierung aller Milieus der polnischen Flüchtlinge geleitet worden. In der Presse wurden seine Verdienste und Bemühungen in Bezug auf den Aufbau der neuen Organisation hervorgehoben.
Während der ersten Versammlung des Hauptrates des ZPU wurde Zawalicz-Mowiński zum ersten Vorstandsvorsitzenden gewählt. Diese Funktion hatte er bis Februar 1954 inne. Nichts deutete auf die bevorstehenden Veränderungen hin. Seine Persönlichkeit und Autorität waren der Garant für die notwendige Einheit innerhalb des Milieus der polnischen Flüchtlinge, die es der neuen Organisation ermöglichte, ihre Tätigkeit ohne politische Reibungen fortzuführen. Seit der Entstehung des ZPU nahm Zawalicz-Mowiński auch die Zusammenarbeit mit anderen Milieus im Exil auf, vor allem in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den USA und Kanada.
Zeitgleich blieb er Vorsitzender der Abteilung des SPK. Er erledigte viele Aufgaben unter Mitarbeit des Personals des SPK. Auf einer weiteren Sitzung des Hauptrates des ZPU 1952 wurde er von den Delegierten erneut zum Vorsitzenden der Organisation gewählt. Es gelang ihm, eine regierungsfreundliche Organisation zu schaffen, die der Politik der polnischen Regierung in London wohlgesonnen war – schrieb Tadeusz Kobylański. Ausdruck seines Tatendrangs und der Entwicklung der Tätigkeit des ZPU war sein Wirken auf Bezirksebene. Zawalicz-Mowiński überprüfte die Bezirksstrukturen sowie Tätigkeitszentren des ZPU und initiierte die sogenannten Höxter-Treffen, bei denen es sich um formelle Sitzungen der Angehörigen des Hauptvorstandes handelte. Er war keinesfalls ein „Schreibtischtäter“, der das Amt des Vorstandsvorsitzenden als Bürde erachtete. Ganz im Gegenteil; Zawalicz-Mowiński war tatkräftig, dynamisch, voller Elan. Die organisatorische Fortentwicklung des ZPU war für ihn ein Mittel zur Ausdehnung der Fürsorge auf alle polnischen Flüchtlinge.
Im Jahr 1952 heiratete Zawalicz-Mowiński zum zweiten Mal, seine Auserwählte war Ingeborg Swartz (Schwartz). Die Trauung erfolgte in Brighton, und schon eine Woche später kam in Dillingen (Elsaß-Lothringen) Sohn Stefan zur Welt. Die Gründung einer Familie implizierte weitreichende Pläne. Seit 1953 ging sein Engagement beim ZPU stetig zurück, bis es völlig zum Erliegen kam. Im Rahmen einer weiteren Hauptversammlung des SPK in Deutschland wurde Zawalicz-Mowiński zum dritten Mal zum Delegierten für den IV. Weltkongress des SPK in Großbritannien sowie zum siebenten Mal zum Vorsitzenden des Hauptvorstandes der Organisation gewählt. Unabhängig von den Funktionen, die er innehatte, überwachte er in den Jahren 1951 bis 1954 die Tätigkeit von Oberleutnant Wincenty Broniwój-Orliński (1913–2016), der in Polen ein nachrichtendienstliches Netz unter der Leitung der Amerikaner, und später der Franzosen, geschaffen hatte. Als die Tätigkeit aufgedeckt und die Beteiligten festgenommen wurden, verriet Orliński den Sicherheitsorganen der Volksrepublik Polen unter anderem, welche Rolle Zawalicz-Mowiński innerhalb des Netzes gespielt hatte. Aus seinen Aussagen geht überdies hervor, dass Zawalicz-Mowiński zu dieser Zeit der „Keimzelle des Hauptstabes” für das Gebiet der westlichen Besatzungszonen Deutschlands angehörte, die aus der Abteilung II/VI des Generalstabes hervorgegangen war. Man kann somit als erwiesen betrachten, dass er sich in der Zeit als Vorstandsfunktionär im SPK und ZPU gleichzeitig auch für die nachrichtendienstliche Tätigkeit im Exil engagierte.
Seit Jahresanfang 1954 befand sich Zawalicz-Mowiński nicht mehr auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Obwohl er formell gesehen weiterhin Vorsitzender der zwei Organisationen war, wurden diese Funktionen de facto von seinen Stellvertretern ausgeführt. Mit der Zeit wurden Fragen danach laut, warum es in seinem Leben zu einer solchen Wendung gekommen war. In der zweiten Jahreshälfte 1954 verschickte er einen seiner letzten Briefe an die Angehörigen des Hauptrates des ZPU, in dem er seine Aktivität während der Nachkriegszeit beim SPK und ZPU Revue passieren ließ, allerdings erläuterte er darin nicht, warum er Westdeutschland verlassen hatte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass seine Enttarnung durch den Sicherheitsapparat des kommunistischen Polens maßgeblichen Einfluss auf seine plötzliche Entscheidung zur Ausreise aus Westdeutschland gehabt hat.
IV. „Kanadische Periode“ (1954–1993)
In Kanada angekommen, zog Zawalicz-Mowiński mit seiner Familie nach Toronto, wo sich einige Jahre zuvor die Familie seiner Frau niedergelassen hatte. In der Zeit danach hielt er zahlreiche Vorträge zur Situation der polnischen Flüchtlinge in der BRD und beteiligte sich an Hilfsaktionen für sie, die der Kongress der Kanadischen Polonia organisierte. Zweifelsohne waren die ersten Monate in Kanada für ihn nicht einfach, auch weil Toronto zu jener Zeit vom Hurrikan Hazel heimgesucht wurde, der eine Spur der Zerstörung mit vielen Toten hinterließ. Die Familie Zawalicz-Mowiński hatte allerdings Glück im Unglück – ihr Haus blieb von den Zerstörungen verschont. Es ist leider nicht genauer bekannt, wie sich das Leben und die Tätigkeit von Zawalicz-Mowiński in Toronto entwickelten. Laut dem Bericht seines Sohnes Bolesław Zawalicz-Mowiński fand er eine Arbeit bei einem unabhängigen Versicherungsunternehmen, in dem er 20 Jahre lang tätig war. Dank der Fürsprache von General Karol Ziemski wurde er 1965 zum Oberstleutnant der Reserve der Kavallerie der Polnischen Armee befördert. Im Juni 1979 starb seine Ehefrau und er musste seine Kinder allein großziehen. Damit endet das historische Wissen über sein weiteres Leben. Per Verordnung von Präsident Ryszard Kaczorowski aus dem Jahr 1990 wurde Zawalicz-Mowiński zum Oberst befördert.
Oberst Dr. Ing. Bolesław Zawalicz-Mowiński verstarb am 31. Januar 1993 in Toronto im Alter von 90 Jahren. Er wurde auf dem Mount Pleasant Cemetery in Toronto beigesetzt. Er hatte drei Kinder, die gegenwärtig allesamt in Kanada leben.
Auszeichnungen: Verdienstkreuz Virtuti Militari V. Klasse, Orden Polonia Restituta IV. Klasse, Goldenes Verdienstkreuz, Kriegsmedaille 1918–1920, Kreuz der Heimatarmee, Tapferkeitsorden auf dem Felde der Ehre 1920, Medaille der Kämpfer für die Unabhängigkeit, Goldenes Verdienstkreuz mit Schwertern, Militärmedaille (dreifach), Medaille für langjährigen Dienst, Medaille zum Zehnten Jahrestag der Unabhängigkeit 1918–1928.
Łukasz Wolak, Februar 2018
Bibliografie:
Archivmaterial:
- Archiv des Polnischen Instituts und des General Sikorski Museums in London (Archiwum Instytutu Polskiego i Muzeum im. gen. W. Sikorskiego w Londynie, IPMS)
- Archiv der Polnischen Untergrundbewegung in London (Archiwum Studium Polski Podziemnej w Londynie, ASPP)
- Militärbüro für Historische Forschung/Militärisches Zentralarchiv (Wojskowe Biuro Badań Historycznych/Centralne Archiwum Wojskowe, WBBH/CAW)
- Archiv der Arbeitsstelle zur Erforschung der Polnischen Emigration in Deutschland (Archiwum Pracowni Badań nad Polską Emigracją w Niemczech, APPEN)
- Archiv des Instituts für Nationales Gedenken (Archiwum Instytutu Pamięci Narodowej, AIPN)
- Private Sammlung des Autors
- Private Sammlung von Krzysztof Barbarski
Literatur:
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Wolak, Łukasz: Poszukujemy informacji o ppłk. Bolesławie Zawalicz-Mowińskim, Polska-Zbrojna.pl, 06.02.2016, S. 1, [http://www.polska-zbrojna.pl/home/articleshow/18397?t=Poszukujemy-informacji-o-pplk-Boleslawie-Zawalicz-Mowinskim; aufgerufen am: 10.02.2017].
Wolak, Łukasz: Ppłk. dr inż. Bolesław Zawalicz-Mowiński ps. „Zawalicz”, „Gończ”– nieznany żołnierz Wojska Polskiego. Przyczynek do badań biograficznych oficera i działacza społeczno-politycznego, [Beitrag zur Konferenz „Polskie Siły Zbrojne na Zachodzie 1939–1947”, Rzeszów, 12.–14. Oktober 2016, in Vorbereitung].
Wolak, Łukasz: Archiwalia do dziejów organizacji polskich na emigracji po 1945 r. zgromadzone w Instytucie Polskim i Muzeum im. gen. W. Sikorskiego w Londynie - Zjednoczenie Polskiego Uchodźstwa Wojennego, S. 2–12.
Wolak, Łukasz: Szkolnictwo Polaków w RFN pod egidą Zjednoczenia Polskich Uchodźców w latach 1951–1959, Zeszyty Naukowe PUNO, [Rozprawy, Artykuły, Recenzje], hrsg. v. J. Chwastyk-Kowalczyk, London 2015, dritte Serie Nr. 3, S. 142–143.
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