Humor, der verbindet: Die Schauspielerin, Regisseurin und Drehbuchautorin Monika Anna Wojtyllo

Eigentlich wollten die drei Wojtyłłos weiter nach England zu einer Tante. Doch Manfred überredete sie in Deutschland politisches Asyl zu beantragen. Diese Zeit ab der offiziellen Meldung im Jahr 1983 in Hamburg erinnert Monika Wojtyllo als die absurdeste in ihrem Leben. Sie sagt: „Wahrscheinlich wäre es meine Pflicht über die Flucht und die Zeit danach einen Film zu drehen. Für all die Flüchtlinge die aktuell das Gleiche durchmachen.“
In ihren Augen war es eine harte und sehr prägende Zeit. Plötzlich war die weitgehend sorg- und verantwortungslose Kindheit vorüber. Monika musste übersetzten, Anträge ausfüllen, Beamten standhalten, denn natürlich lernte sie sehr viel schneller Deutsch als ihre Eltern. Die waren aber natürlich auch nicht untätig und traten einer losen, polnischen Theatergruppierung bei. Unter der Regie von Ryszard Wojtyłło wurde daraus P.I.K.A. (Polska Inicjatywa Kulturalno-Artystyczna), eine Gruppe, die politisches Kabarett aufführte, das sich auf humorvolle Weise mit den Problemen polnischer Emigrant:innen auseinandersetzte. Monika verbrachte ihre Tage und Nächte nicht nur wie andere Kinder in der Schule und auf dem Spielplatz, sondern auch hinter der Bühne und unter Tischen. An denen saßen nämlich die Eltern mit anderen Schauspieler:innen. „Man trank Wodka und weinte“, sagt Monika Wojtyllo. „Denn all diese Schauspieler, Musiker und Künstler vermissten ihre Heimat.“
Später fingen ihre Eltern beim Film an. Der Vater bekam eine feste Rolle bei der „Lindenstraße“, die Mutter kümmerte sich um die Komparsenbesetzung für das Studio Hamburg. Dabei arbeitete sie an Krimireihen mit, die oft auf St. Pauli spielten. Monika Wojtyllo drückt es salopp so aus: „Ich hatte bereits mit 14 jeden Hamburger Puff von innen gesehen.“ Und bekam schließlich auch ihre ersten größeren Rollen. Zum Beispiel als „entführtes polnisches Flüchtlingsmädchen, das als Nutte verkauft werden soll“. Dazu sollte sie mit besonders starkem Akzent sprechen. „Eben Standards des deutschen TVs zur damaligen Zeit“, wie die Schauspielerin heute erklärt.
Nach zahlreichen Praktika hinter der Kamera, dem Abitur und einer kurz aufflammenden Idee Medizin zu studieren, landete Monika Wojtyllo dort, wo sie seitdem ihre professionelle Heimat hat: beim Film. Sie studierte Regie in Babelsberg, schauspielerte aber auch in dieser Zeit weiter. So lernte sie beide Seiten kennen und sieht darin einen Vorteil: „Als Regisseurin kann ich für Schauspieler eine besondere Empathie aufbringen. Ich kenne das Gefühl, sich vor der Kamera auszuliefern.“
Früh übte sich Monika Wojtyllo obendrein im Schreiben von Drehbüchern und deckt so wie ihr Vater alle drei großen Bereiche des Theaters bzw. Film ab: Autorin, Regisseurin und Schauspielerin. Zu ihren Stoffen sagt sie: „Die sind so schräg, wie ich. Wir gehören nirgends richtig hin. Ich bleibe wohl zeitlebens ein Trennungskind zwischen Polen und Deutschland.“ Unter den Genres schätzt Wojtyllo vor allem die Satire und die Komödie. In ihren Augen sind das Dramen in anderer Verpackung. Dazu gehören für sie auch politische Stoffe, die „nicht die große emotionale Glocke läuten“, sondern bestehende Verhältnisse mit Abstand und Humor hinterfragen. In ihrer Vorgehensweise beruft sie sich gerne auf eine Aussage von Billy Wilder: „If you have something important to say, dip it in a little bit of chocolate.“ Zu ihren weiteren Vorbildern zählen Roman Polański, Andrzej Wajda, David Lynch und Woody Allen. Aber es kommen auch immer wieder einmal neue dazu. „Was ich gerade bewundere, wechselt eben“, sagt die Künstlerin und erwähnt schließlich auch den Einfluss, den das Schaffen ihres Vaters auf sie hatte. Ryszard Wojtyllo hinterließ nach seinem Tod 2022 hunderte von unsortierten Werken auf Polnisch. „Es sind wirklich ein paar großartige Sachen dabei“, sagt sie und hofft, in naher Zukunft eine wissenschaftlich arbeitende Person zu finden, die sich dieses Berges an Stücken annimmt.