Verbotene Liebe: Ermordung von Leon Szczepaniak in Stadecken-Elsheim
Ein zweiter Fernsehbeitrag, der am 22. Januar 1976 gesendet wurde, nahm sich des Themas ebenfalls noch einmal an; darin wurde das Bild eines in zwei Lager geteilten Dorfes gezeichnet, wobei die eine Seite sich weiterhin gegen den Gedenkstein für Leon Szczepaniak positionierte; der erste Beigeordnete Horn allerdings, der im vorangehenden Beitrag als Gegner des Gedenkens in Erscheinung getreten war, bekräftigte nun jedoch sein generelles Einverständnis zur Setzung eines Steines. Seine Kritik wollte er vor allem auf den Standort bezogen verstanden wissen.[19] Anschließend erläuterte noch einer der Pfadfinder den empfundenen Erfolg der im Jahr 1975 durchgeführten Polenfahrt:
„[D]as Allerpositivste daran ist, dass wir jetzt zu Hause hier in Elsheim bei unseren Jugendlichen – wir haben … bei uns sind 120 Pfadfinder, die wir haben ungefähr … doch jetzt erreicht, dass ein ganz anderes Bild von Polen und speziell von polnischen Jugendlichen gezeigt wird und der schönste Erfolg ist vielleicht, dass man also dieses negative Wort Polack, mit dem man doch hier so vorher alles abgetan hat, dass das praktisch ausgelöscht ist, es verschwunden ist, ich würde sagen, das war doch wirklich ein ganz großer Erfolg.“[20]
Die eigentliche Versöhnungsfahrt wurde von den Pfadfindern denn auch als Höhepunkt erinnert. Zwölf Jugendleiter des Stammes Greifenklau und Pfarrer Hellriegel hatten sich am 18. Juli 1975 nach Polen aufgemacht; sie fuhren in den folgenden Tagen über Görlitz nach Breslau (Wrocław), wurden im schlesischen Peiskretscham (Pyskowice) von katholischen Schwestern beherbergt, reisten unter anderem weiter bis nach Krakau und erreichten am Dienstag, 22. Juli, Neu Sandez (Nowy Sącz). Dort trafen sie Edward Noga, einen früheren polnischen Zwangsarbeiter, der während des Krieges ebenfalls in Elsheim hatte arbeiten müssen, der dort mit seiner Familie, darunter auch seine aus Mannheim stammende deutsche Ehefrau, lebte. Zu den weiteren Zielen auf der Fahrt gehörte etwa der Erholungsort Zakopane, aber auch das deutsche Vernichtungslager Auschwitz; von einem Besuch der Schwester des verstorbenen Szczepaniak in Lodz hatte man allerdings Abstand genommen:
„Herr Noga hat inzwischen in unserem Auftrag Frau Kowalska, die Schwester Leons besucht. Brieflich hat uns Frau Kowalska […] gedankt für die Ehrung ihres Bruders. Sie hatte in 30 Jahren nicht mehr gewußt, als daß er tot ist. Alle näheren Umstände erfuhr sie erst jetzt. Verständlich, daß sie darüber sehr betrübt war.“
Am 27. Juli 1975 traf die Gruppe, die noch unter dem schweren Eindruck des Besuches in Auschwitz am Ende der Reise stand, wieder in Elsheim ein.