Dynastische Hochzeiten zwischen polnischen und deutschen Fürstenhäusern Piasten: Um 978 Mieszko I.
Unmittelbar nach dem Tod von Dubrawka heiratet Mieszko 977/78 die sächsische Grafentochter Oda von Haldensleben, eine im Stift des Benediktinerklosters Kalbe (Milde) lebende Kanonisse.[11] Deren Vater Dietrich von Haldensleben (†985) residiert in Brandenburg und besitzt neben der Grafschaft Nordmark (etwa auf dem Gebiet der späteren Mark Brandenburg) weitere sächsische Grafschaften. Durch die Hochzeit mit Oda will Mieszko offensichtlich seine Annäherung an das Römisch-Deutsche Reich weiter festigen und „eine Achse zwischen Polen und Sachsen […] installieren, für deren Funktionieren Brandenburg eine zentrale Rolle spielt“.[12] Außerdem geht es ihm darum, seine Machtinteressen gegenüber den sächsischen Markgrafen, den böhmischen Přemysliden und den nordwestslawischen heidnischen Lutizen zu vertreten. „Die Eheschließung Mieszkos I.“, so der Warschauer Mittelalterhistoriker Roman Michałowski (*1949), „führte zur Beruhigung in den polnisch-sächsischen Beziehungen und schuf eine Grundlage für das polnisch-deutsche Bündnis.“[13] Aus demselben Grund verheiratet Mieszko 984 seinen Sohn Bolesław I. mit einer Tochter (unbekannten Namens) des Markgrafen von Meißen, Rikdag II., ein Jahr später allerdings mit einer ungarischen Fürstentochter und 987 mit Emnilda, der Tochter des sorbischen Fürsten Dobromir. Oda, so berichtet der Chronist Thietmar von Merseburg,[14] habe sich in Polen große Verdienste erworben: „Sie habe den Frieden gesichert, die Mission vorangetrieben und dafür gesorgt, dass Gefangene, die der Polenfürst während der kriegerischen Auseinandersetzungen mit den sächsischen Markgrafen gemacht hatte, freigelassen wurden.“[15]
Dietrich von Haldensleben, seit 965 Markgraf der Nordmark, mit den Ottonen verwandt und „eine der mächtigsten Persönlichkeiten im Osten des Reichs“,[16] betreibt ebenfalls eine aktive Heiratspolitik mit seinen Nachbarn. Neben seiner ältesten Tochter Oda verheiratet er deren Schwester Mathilde mit Pribislaw (†993), dem Fürsten der slawischen Heveller im Gebiet der Burg Brandenburg. Die jüngste, Thietburga, gibt er Dedo I. (um 960-1009), Graf von Wettin, zur Frau. Als Dietrich 985 stirbt und kein Nachfolger bestimmt wird, sichert Mieszko das Erbe für sich und seine Gemahlin. Nicht Dietrichs Sohn Bernhard, „sondern sein polnischer Schwiegersohn [übernimmt] die Aufgaben eines Markgrafen.“[17] Später werden nämlich die Fuldaer Totenannalen (Annales necrologici Fuldenses, 779-1065)[18] Mieszko als Markgrafen („Misico marchio“) bezeichnen. Bolesław I. knüpft bald darauf enge Beziehungen zu dem Nachfolger des Meißener Markgrafen, Ekkehard I.
[11] Vergleiche Röckelein 2006 (siehe Literatur), Seite 111
[12] Lübke 2002 (siehe Literatur), Seite 101
[13] Michałowski 2006 (siehe Literatur), Seite 58
[14] Chronik oder Geschichte der Sachsen des Thietmar von Merseburg (Thietmari Merseburgensis episcopi Chronicon sive Gesta Saxonum), 1012-1018, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Msc. R 147. Die Berichtszeit erstreckt sich von 901 bis 1018. Vergleiche Bayerische Akademie der Wissenschaften: Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters, https://www.geschichtsquellen.de/werk/4529
[15] Röckelein 2006 (siehe Literatur), Seite 111
[16] Kersken 2015 (siehe Literatur), Seite 96
[17] Knut Görich: Eine Wende im Osten: Heinrich II. und Boleslaw Chrobry, in: Otto III. – Heinrich II.: eine Wende?, herausgegeben von Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, 2. Auflage, Stuttgart 2000, Seite 104
[18] Bayerische Akademie der Wissenschaften, Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters, https://www.geschichtsquellen.de/werk/272