Dynastische Hochzeiten zwischen polnischen und deutschen Fürstenhäusern
Dynastische Hochzeiten, also Heiratsverbindungen zwischen regierenden Fürstengeschlechtern und ihren Familien, belebten nicht nur, sondern beeinflussten und gestalteten vom frühen Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert die internationalen Beziehungen. „Welches Haus mit welcher Dynastie heiratete, war strategisch geplant und ein bedeutender Baustein der dynastischen Politik.“ (Peters, 2008) Kaum eine europäische Nation war von den wechselseitigen Eheverbindungen ausgeschlossen. Lediglich mit dem Osmanischen Reich sind, soweit bekannt, keine Ehen geschlossen worden. Anlässe für solche Heiraten waren der Zuwachs an Einfluss, Grundbesitz und Vermögen (Erwerbsheirat), die Etablierung zwischenstaatlicher Bündnisse, die Besiegelung von Friedensschlüssen, eine Neuorientierung in geopolitischen Zielen, das Aufrücken der gesamten Dynastie in einen höheren sozialen Status und der damit verbundene Prestigegewinn. „Für die Großmächte waren Heiraten eine Möglichkeit, kleinere Staaten an sich zu binden. Für kleinere Dynastien und Staaten hingegen […] waren sie eine ernstzunehmende Option, auf das Spiel der europäischen Mächte durch ein überregional vielfältiges Netzwerk Einfluss auszuüben.“ (Peters)
Persönliche Vorlieben der zu Verheiratenden hatten hinter diesen politischen und gewinnorientierten Verbindungen zurückzustehen, was sich darin zeigt, dass schon Kleinkinder zweier Dynastien miteinander verlobt beziehungsweise solche Eheversprechen bei einem Wechsel der politischen Bedingungen auch wieder gelöst werden konnten. Frauen folgten dem Willen der Väter, also der regierenden Herrscher, und deren Erben, also der älteren Brüder. Während politische Verträge und Friedensschlüsse oft schon nach kurzer Zeit gebrochen wurden, sicherte das Matrimonium, also die auf die Zeugung von Nachkommen und damit auf mindestens eine weitere Generation angelegte Ehe, „ein politisches Bündnis auf Dauer […], sofern es nicht vorzeitig zu einer Auflösung des Ehebundes kam. Bei der Eheverabredung im Rahmen politischer Verträge war die Braut Teil der Geschenke, die als Zeichen der Freundschaft, des Friedens und der Absicherung der politischen Verabredungen zwischen den Vertragspartnern getauscht wurden. Ihre Situation unterschied sich manchmal kaum von der einer Geisel.“ (Hedwig Röckelein, 2006)
Liebe spielte, von Ausnahmen abgesehen, nur dann eine Rolle, wenn eine Ehe wirklich funktionierte oder wenn der Ehebund an einer außerehelichen Beziehung zerbrach. Dass es angesichts grundlegender ethnischer, kultureller und religiöser Unterschiede sowie konkurrierender Rechtsauffassungen überhaupt zu Ehen zwischen Dynastien der Slawen, Ungarn, Franken, Skandinavier und Sachsen kommen konnte, lag vermutlich an vergleichbaren Sozialsystemen sowie ähnlichen stammesbezogenen und patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen, die ein auf Gleichwertigkeit angelegtes Tauschsystem mit „Schwestern und Töchtern gleichrangiger oder niederrangigerer Fürsten“ (Röckelein) ermöglichten. Über die vertraglichen Regelungen solcher Ehen, die die finanziellen Bedingungen (Mitgift, Erbe) ebenso wie den Verhaltenscodex regeln, ist ausführlich geschrieben worden. Zeitgenössische Quellen berichten im Einzelfall über die stattgefundenen Feste, über Reisen und Mobilität der Eheleute und über den wechselseitigen kulturellen Austausch, über Mitgift und Aussteuer sowie mitreisendes kirchliches Personal, Berater und weltlichen Hofstaat zwischen den beteiligten Nationen.