Kramsztyk, Roman
Kramsztyk, Roman, polnischer Maler, Zeichner und Graphiker, Mitglied der „Münchner Schule“. 1904-08 Student der Akademie der Bildenden Künste München. Anschließend kurzzeitig in Berlin. 1922-23 erneut in Berlin tätig. *18.8.1885 Warschau, †6.8.1942 im Warschauer Ghetto erschossen. Sohn des Kinderarztes Julian K. (1851-1925), Enkel des Rabbiners Izaak K. (1814-1889). Privater Mal- und Zeichenunterricht bei Zofia Stankiewicz (1862-1955), Miłosz Kotarbiński (1854-1944) und Adolf Edward Herstein (1869-1932, Mitglied der „Münchner Schule“) in Warschau. 1903/04 studiert er ein Semester an der Akademie der Schönen Künste/Akademia Sztuk Pięknych in Krakau bei Józef Mehoffer (1869-1946). Am 4.5.1904 Eintritt in die Zeichenklasse von Johann Caspar Herterich (1843-1905) an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München. Anschließend ist er vorübergehend in Berlin, wo er vermutlich Kontakt zu Herstein hat. 1909-14 in Paris; Studienreisen in die Bretagne; Mitglied polnischer künstlerischer und literarischer Gesellschaften. 1914/15 mehrmonatiger Aufenthalt zusammen mit dem Maler Eugeniusz Zak/Żak (1884-1926, 1903 an der Schule von Anton Ažbe in München) in Südfrankreich und in der Schweiz. 1915 Rückkehr nach Polen. 1917 nimmt er an der ersten Ausstellung polnischer Expressionisten in Krakau teil. 1918 Gründungsmitglied der Neuen Gruppe/Nowa Grupa zusammen mit Zak und Tadeusz Pruszkowski (1888-1942). 1922/23 gemeinsam mit Zak in Berlin, wo er seine Malstudien erneut bei Herstein vervollkommnet; Begegnung unter anderem mit Marc Chagall. 1922 Mitgründer des zunächst aus Krakauer Künstlern bestehenden Verbands polnischer Künstler „Rhythmus“/Stowarzyszenie Artystów Polskich „Rytm”. 1924 lässt er sich in Paris nieder, pflegt Kontakte zu dort lebenden Polen und zur internationalen Kunstszene. Jährliche Reisen nach Warschau, wo er ebenfalls ein Atelier unterhält. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in Warschau, im November 1940 im Warschauer Ghetto interniert. Angebote von Freunden zur Flucht schlägt er aus. Bei einer Aktion zur Liquidierung des Ghettos wird er von den Deutschen erschossen. – Seit 1910 orientiert sich K. in seinen Stillleben und Landschaften vor allem aus Südfrankreich und Spanien in Komposition, Farbigkeit und der Behandlung des Lichts an Paul Cézanne (1839-1906) und verarbeitet erste Einflüsse des Kubismus. 1918 beginnt er mit Figurenkompositionen, Akten und Porträts, die Vorbilder aus der Renaissance, dem Manierismus und dem Barock reflektieren, aber in einem gemäßigten Expressionismus ausgeführt sind. Musiker und Konzerte – man denke an den gleichaltrigen Wiener Maler Max Oppenheimer (1885-1954) als ein mögliches Vorbild – werden zu einem wiederkehrenden Motiv. In den späten Zwanzigerjahren verwendet er wärmere, harmonische Farbtöne. Die Landschaften zeigen jetzt ein inneres Glühen und schimmernde Lichtreflexe. Vor allem aber schafft K. ein umfangreiches Werk an Porträts der kulturellen Elite, aber auch von Wissenschaftlern, Militärs und Politikern seiner Zeit (unter anderem Moise Kisling, 1913; Artur Rubinstein, 1914; Ludwik Hirszfeld, um 1923; Schauspielerin Maria Strońska, 1920/21; Marcel Sauvage, 1926/27). Gelegentlich bewirkt er durch Hinzufügung allegorischer und metaphorischer Attribute und Requisiten und verallgemeinernde Titel eine Generalisierung von Menschtypen (siehe Titelbild). In der Druckgraphik schafft er Holzschnitte und Lithographien mit Porträts und Akten. Aus der Zeit des Warschauer Ghettos haben sich Zeichnungen von Menschtypen und Lebensumständen erhalten. Werke befinden sich unter anderem in den Nationalmuseen von Kielce, Krakau, Posen/Poznań, Stettin und Warschau, im Kunstmuseum Łódź/Muzeum Sztuki w Łodzi, in Museen in Bytom, Częstochowa, Katowice, Lublin, Słupsk und weiteren Warschauer Museen, Instituten und Sammlungen, im Mishkan Le’Omanut Kunstmuseum in Ein Harod, im Israel-Museum in Jerusalem und im Tel Aviv Museum of Art, im Puschkin-Museum in Moskau, im Polish Institute of Art and Sciences of America in New York, im Musée d’art et d’histoire du Judaïsme in Paris und im Moderna Museet in Stockholm.
Einzelausstellungen: Warschau: 1912 Kunstsalon Feliks Richling/Salon Artystyczny Feliksa Richlinga; 1920/21 Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste/Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych; 1937 Instytut Propagandy Sztuki / 1913 Krakau, 1914 Lemberg (heute Lviv), Posen: Gesellschaft der Freunde der Schönen Künste/Towarzystwo Przyjaciół Sztuk Pięknych / Paris: 1925, 1928 Galerie Druet; 1925/26 Galerie Au Sacre du Printemps; 1930, 1937 Galerie Zak / Łódź, Städtische Kunstgalerie/Miejska Galeria Sztuki;1934 Instytut Propagandy Sztuki. Weitere Ausstellungen in Berlin (1912, 1914), Venedig (1914), Wien (1915, 1928), Rom (1925), Prag (1927), St. Louis (1932), Edinburgh (1933), New York (1933).
Gruppenausstellungen: 1909, 1910, 1912, 1915-1917, 1919, 1921, 1922, 1924 Warschau, Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste/Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych / 1913, 1930, 1931 Lemberg/Lwów (heute Lviv), 1922 Krakau, 1913 Poznań: Gesellschaft der Freunde der Schönen Künste/Towarzystwo Przyjaciół Sztuk Pięknych / Paris: seit 1908 Salon d’Automne, 1911, 1912, 1913, 1925, 1926 Salon des Indépendants, 1928-30, 1939 Salon des Tuileries. Außerdem internationale Ausstellungen polnischer Kunst in Barcelona (1912), Paris (1914, 1915, 1921, 1929, 1935), Stockholm (1929), Brüssel (1929), Pittsburgh (1931), Moskau (1933).
Literatur: Halina Stępień/Maria Liczbińska: Artyści polscy w środowisku monachijskim w latach 1828-1914. Materiały źródłowe, Warschau 1994, Seite 23, 48; Renata Pia̢tkowska (Herausgeberin): Roman Kramsztyk 1885-1942, Ausstellungs-Katalog Żydowski Instytut Historyczny, Warschau 1997; Renata Piątkowska: „Intra muros“. Roman Kramsztyk w getcie warszawskim, in: Kwartalnik Historii Żydów, Nr. 2, 2002, Seite 195-205; Renata Piątkowska: Między "Ziemiańską" a Montparnasse'em. Roman Kramsztyk, Warschau 2004; U. Makowska, in: De Gruyter Allgemeines Künstlerlexikon, Band 81, Berlin, Boston 2014, Seite 472 f.; Nadine Nieszawer (Herausgeberin): Artistes juifs de l'école de Paris 1905 - 1939, Paris 2015
Online: Matrikeldatenbank, Matrikelbuch 3, Akademie der Bildenden Künste München, 02792 Roman Kramsztyk, http://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1884-1920/jahr_1904/matrikel-02792
Irena Kossowska: Roman Kramsztyk (2001), auf culture.pl (englisch/polnisch), http://culture.pl/en/artist/roman-kramsztyk
19 Werke im Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie auf Muzeum Cyfrowe, http://cyfrowe.mnw.art.pl/dmuseion/results?q=Kramsztyk&action=SimpleSearchAction&mdirids=1&type=-2
5 Werke im Żydowski Instytut Historyczny im. Emanuela Ringelbluma in Warschau auf Centralna Biblioteka Judaistyczna, http://cbj.jhi.pl/?q=Kramsztyk+Roman
Zahlreiche Werke bei artyzm.com, http://artyzm.com/e_artysta.php?id=542&page=1
7 Werke im Auktionshaus Agra Art, Warschau, http://www.agraart.pl/htdocs/english/new/gallery.php?off=0&curr=PLN&sch=1&ord=cu&s=1&gal=1&id_malarza=439
Nadine Nieszawer, http://www.ecole-de-paris.fr/artiste/roman_kramsztyk
Olga Szymańska: „Tell them to paint scenes from the ghetto“ (2016), auf Jewish Historical Institute, http://www.jhi.pl/en/blog/2013-08-18-tell-them-to-paint-scenes-from-the-ghetto (alle aufgerufen am 9.2.2018)
Axel Feuß, April 2018