Vitold Rek
Vitold Rek, eigentlich Witold Szczurek, beginnt bereits mit acht Jahren sein Abendteuer mit der Musik. Zuerst am Akkordeon, dann mit zehn Jahren an der Gitarre, bis nach der erwähnten Radiosendung mit vierzehn zum Kontrabass wechselt. Nach der Musikschule in Rzeszów verlässt er die Stadt und fährt mit sechzehn Jahren, gegen den Willen seiner Eltern, nach Krakau. Hier lernt er Kontrabass (klassisch) an dem Fryderyk-Chopin-Musikgymnasium. In Krakau schließt er 1982 als Diplommusiker die Musikakademie ab. Doch das ist nicht sein erster musikalischer Erfolg. Bereits 1975, nach seiner Auszeichnung beim Jazzfestival “Jazz nad Odrą”, weckt er das Interesse seiner “älteren“ Kollegen. Jan Jarczyk, Jan Ptaszyn Wroblewski, Ewa Demarczyk, Zbigniew Namysłowski, Vladyslav Sendecki und Sławomir Kulpowicz nehmen den jungen und hoch talentierten Kontrabassisten in ihre Projekte und Bands auf.
Die intensivste Zusammenarbeit verbindet Vitold Rek jedoch mit dem Trompeter Tomasz Stańko, mit dem er in verschiedenen Besetzungen insgesamt zwölf Jahre spielt. Doch langsam wird die Jazz-Szene in Polen für den außergewöhnlichen Kontrabassisten zu eng. Auf der Suche nach neuen Projekten, Musikern, Impulsen und Herausforderungen verlässt Vitold Rek Polen Richtung Frankfurt am Main. In der Bundesrepublik leben und arbeiten zu diesem Zeitpunkt viele Stars der weltweiten Jazzszene. Hier trifft er schnell auf die besten seines Fachs: Karl Berger, Albert Mangelsdorff, Emil Mangelsdorff, John Tchicai, Peter Giger, Charlie Mariano, Gerd Dudek, Heinz Sauer, Jasper van’t Hof, Ralf Hübner, Bob Degen, Christof Lauer und Makaya Ntshoko. Mit ihnen nimmt er die meisten seiner über 100 Platten auf. Neben seinen Tätigkeiten als Musiker und Musikproduzent widmet sich Vitold Rek auch jungen musikalischen Talenten zu. Neben seiner Lehrtätigkeit an der Musikhochschule in Frankfurt am Main unterrichtet er Jazzkontrabass und leitet Ensembles an der Hochschule für Musik in Mainz. Hier gibt er nicht nur sein Wissen und seine Erfahrung weiter, sondern setzt die pädagogische Arbeit seines Mentors, Lehrers und Professors Ryszard Daun aus Kraków fort.
Vitold Rek ist ein besonderer Kontrabassist. Er bewegt sich genauso frei im Repertoire der bekannten Jazzstandards wie auch in dem modernen europäischen Jazz, entfaltet aber auch seine breite Palette an Klängen und Klangfarben in der Improvisation. Das virtuose Bogenspiel ist ebenso sein Markenzeichen. Vitold Reks Spielweise ist tongewaltig und gleichzeitig elegant, intensiv und leicht zugleich. In seiner Musik verbindet er seine klassische Ausbildung mit der Liebe zum Jazz, mit seiner Weltoffenheit und polnischer Herkunft. Über sich selbst sagt er, erst hier in Deutschland hätte er seine polnischen Wurzeln entdeckt. Seine Solo-CD “Bassifiddle alla polacca“ (1999) ist sicherlich ein Beweis dafür. Seine musikalische Herkunft sieht man aber auch in seiner Band “East West Wind“ mit folkloristischen Einflüssen aus Polen, mit Klezmer und der Musik anderer osteuropäischer Kulturen.
Für seine musikalische Arbeit erhielt Vitold Rek zahlreiche Preise und Auszeichnungen, zuletzt den Hessischen Jazzpreis 2013.
Adam Gusowski, März 2015
Diskographie (Auswahl):
Giancarlo Nicolai - La sorvegliane del tempo (Altrisuoni 2008)
HR-Bigband - unauffällige festansage (jazzwerkstatt 2008)
Emil Mangelsdorff Quartett - Blues Forever (Bellaphon, 2007)
Tomasz Stańko - 1970-1975-1984-1986-1988 (Metal Mind 2008)
Vitold Rek & EastWestWind - Zuhause (2007 Taso)
Charlie Mariano & Vitold Rek feat. Peter Reiter - Kathedrale vol. 1 (Taso 2005)
Charlie Mariano & Vitold Rek - opus absolutum (Taso 2003)
Johann P. Tammen & Vitold Rek - Die Erde, das singende Brot (Taso 2003)
Die polnische Folk Explosion (Taso 2002)
John Tchicai, Vitold Rek, Karl Berger - 2 x 2 (Taso 2001)
Vitold Rek - Bassfiddle alla polacca (Taso 1999)
East West Wind - Live at the St. Ingbert Jazz Festival 1997 (Taso 1998)
Fritz Hartschuh Quartett - Das Erik Satie Projekt (Konnex 1998)
Vitold Rek with Elvira Plenar - "Elvira Plenar - Vitold Rek" (Bellaphon 1994)
Vittold Rek with Peter Giger – Jazzz (B+W 1993)
John Tchicai & Vitold Rek - "Art Of The Duo" Vol.1 (Enja 1993)
John Tchicai -"Satisfaction" (Enja 1992)
Family of Percussion & Friends - Mozambique Meets Europe (B+W 1993)
Family of Percussion & Friends - Family Jewels (Jazz Network 1992)
Stan Soyka - "Acoustic" (Zic-Zac1991)
Olga Szwajgier - Condemned To Life (Muza 1987)
Vitold Rek (solo) - The Spark (Poljazz 1986)
Basspace - Basspace 555555 (Muza 1985)
Basspace – Basspace (Poljazz 1984)
Kurzbiographie
am 18. Oktober 1955 in Rzeszów geboren
ab 1963 Akkordeon an der Musikschule in Rzeszów
ab 1965 Gitarre an der Musikschule in Rzeszów
ab 1969 Kontrabass an der Musikschule in Rzeszów
ab 1971 Kontrabass am Chopin-Gymnasium in Kraków
1975 Auszeichnung beim Festival Jazz nad Odrą
1978 Jazzfestival Jazz Jamboree in Warszawa
1982 Abschluss der Musikakademie in Kraków
1986 und 1988 Sieger in der Kategorie Kontrabass der Zeitschrift „Jazz Forum“
1999 Arbeitsstipendium Jazz der Stadt Frankfurt am Main
2000 Lehrkraft an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main und an der Musikhochschule Mainz
2010 künstlerischer Leiter des JIF Jazz Festival in Frankfurt am Main
Vitold Rek lebt und arbeitet in Offenbach am Main. Er selbst bezeichnet sich heute mit einem breiten Lächeln der Zufriedenheit als “Wahlhesse”.