Stanisław Przybyszewski (1868–1927)

Stanisław Przybyszewski
Stanisław Przybyszewski

Stanisław Przybyszewski kam 1889 als Absolvent des deutschen Gymnasiums in Wągrowice/Wongrowitz (Kujawien) nach Berlin und blieb hier für die nächsten sechs Jahre. 1889 begann er Architektur zu studieren und wechselte nach nur einem Jahr zum Medizinstudium. Er schloss allerdings keinen Studiengang ab, da er wegen seiner Kontakte zur Arbeiterbewegung verhaftet und anschließend 1893 von der Hochschule verwiesen wurde. Das brave Leben eines Architektur- oder Medizinstudenten war für ihn vermutlich sowieso nicht interessant, vielmehr prägte er maßgeblich das Leben der Berliner Boheme. Um „Stachu“ gruppierten sich in den frühen 90er Jahren des 19. Jahrhunderts Künstler und Literaten wie August Strindberg, Ola Hansson, Paul Scheerbart, Carl Ludwig Schleich, Otto Erich Hartleben, Franz Ewers, Julius Bierbaum, Franz Servaes, Julius Hart und Edvard Munch. Munch malte, beeinflusst durch Przybyszewskis „Totenmesse“, seinen weltberühmten „Schrei“ (1903) und schenkte das Gemälde Przybyszewski.

Eng befreundet war er jedoch mit dem deutschen Schriftsteller Richard Dehmel. Die Gruppe um Przybyszewski traf sich hauptsächlich in der Gaststätte „Das schwarze Ferkel“ (Wilhelmstraße / Unter den Linden), welche zu einem wichtigen Treffpunkt für ihre nächtelangen Symposien wurde. Trotz oder gerade wegen des intensiven Bohemiendaseins war die Berliner Zeit für Stanisław Przybyszewski eine sehr fruchtbare. Hier schrieb er u.a. „Totenmesse“, „Vigilien“ und „De profundis“. Hier arbeitete Przybyszewski als Redakteur der in Berlin erscheinenden polnischsprachigen sozialistischen Wochenzeitschrift „Gazeta Robotnicza“ („Arbeiterzeitung“). Er war Mitbegründer der Kunst- und Literaturzeitschrift „PAN“, dem wichtigsten Organs des Jugendstils in Deutschland, veröffentlichte aber auch in der Zeitschrift „Die Fackel“ (eine satirische Zeitschrift des Schriftstellers und Herausgebers Karl Kraus) und in der „Freien Bühne“ (eine Literaturzeitschrift des S. Fischer Verlags).

In den Jahren 1894 bis 1898 pendelte Stanislaw Przybyszewski zwischen Berlin und dem norwegischen Kongsvinger, der Heimat seiner Frau Dagny Juel. Erst 1898 zog er nach Krakau und wurde dort der Herausgeber der Zeitschrift „Życie“ (Leben). Warschau, Thorn und München waren seine nächsten Stationen. Nach dem Ersten Weltkrieg wohnte er noch kurz in Prag. 1919 kehrte er dann endgültig nach Polen zurück. Er engagierte sich sehr für den Wiederaufbau des polnischen Staates und zog 1924 nach Warschau, wo er in der Zivilkanzlei des Präsidenten der Republik arbeitete. In Anerkennung seines Engagements für den jungen polnischen Staat erhielt er 1925 das Offizierskreuz und das Kommandeurskreuz des Ordens „Polonia Restituta“. 1927 kehrte er in seine Heimat Kujawien zurück. Er starb 1927 auf dem Gut Jaronty in der Nähe von Inowrocław (Hohensalza) im Alter von 59 Jahren.

 

Biografische Daten:
 

Geboren am 7. Mai 1868 in Łojewo (Kujawien, Kreis Inowrocław/Hohensalza)

1881–1884 / Besuch des deutschen Gymnasiums in Thorn

1884–1889 / Besuch des deutschen Gymnasiums in Wągrowice/Wongrowitz

1889 / Architekturstudium in Berlin (ohne Abschluss)

1890–1893 / Medizinstudium in Berlin (ohne Abschluss)

1892 / Redakteur bei „Gazeta Robotnicza“ in Berlin

1893 / Heirat mit der norwegischen Schriftstellerin Dagny Juel

1894–1898 / Aufenthalt in Berlin und Norwegen

1898 / Herausgeber der Zeitschrift „Życie“ in Krakau

1905 / Umzug nach Thorn

1905 / Heirat mit Jadwiga Kasprowicz

1906 / Umzug nach München

1919 / Rückkehr nach Polen

1919 / Beamter und Übersetzer in Posen

1920 / Beamter und Übersetzer in Danzig

1924 / Umzug nach Warschau

1927 / Rückkehr nach Kujawien

Am 23. November 1927 stirbt Stanislaw Przybyszewski in Jaronty (Kujawien)

 

Bibliographie:
 

Erzählungen

  • „Totenmesse“ (Fontane: Berlin, 1893)
  • „Vigilien“ (Neue deutsche Rundschau / Frei Bühne vol. 5, 1894)
  • „De profundis“ (H. Storm: Berlin, 1895)
  • „Epipsychidion“ (Fontane: Berlin, 1900)
  • „Androgyne“ (Fontane: Berlin, 1906)
  • „Der Schrei“ (G. Müller, München, 1918)

 

Romane

  • „Unterwegs“ (Fontane: Berlin, 1895)
  • „Im Malstrom“ (H. Storm: Berlin,1895)
  • „Ueber Bord“ (H. Stom: Berlin, 1896)
  • „Satans Kinder“ (Langen: Paris, Leipzig, München, 1897)
  • „Erdensöhne“ (Fontane: Berlin 1905)

 

Theaterstücke

  • „Totentanz der Liebe“ (Fontane: Berlin 1902)
  • „Schnee“ (Marchlewski: München 1903)
  • „Gelübde“ (Etzold: München 1906)

 

Essays

  • „Zur Psychologie des Individuums“ (Fontane: Berlin 1892)
    • 1. „Chopin und Nietzsche“ 1892
    • 2. „Ola Hansson“ 1892
  • „Die Gnosis des Bösen. Entstehung und Kult des Hexensabbats, des Satanismus und der Schwarzen Messe (Esoterik und Schwärmerei; Bd. 1)“, Zerling Verlag, Berlin 1984, (früherer Titel: Die Synagoge Satans).
  • „Von Polens Seele. Ein Versuch (Schriften zum Verständnis der Völker)“, Diederichs, Jena 1917.

 

Adam Gusowski, Juni 2014

 

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