Mariusz Hoffmann – Vom schlesischen Dorf über Werne nach Berlin

Mariusz Hoffmann, Foto: Lionel Kreglinger, 2022
Mariusz Hoffmann

Mit elf Jahren begann Mariusz Hoffmann zu schreiben. Zunächst Tagebuch, schließlich auch lange Briefe, da er als Teenager verschiedene Freundschaften per Post pflegte. Im Alter von 20 nutzte er erzählerische Passagen aus seinen Briefen als Ausgangsmaterial für Kurzgeschichten. „Schon damals“, sagt Mariusz Hoffmann, „hatte ich die heimliche Hoffnung, damit ein größeres Publikum zu erreichen.“

Die Faszination fürs Geschichtenerzählen verdankt er seiner Oma Agnieszka. In seinen Augen war sie die beste Geschichtenerzählerin seiner Kindheit. Er liebte es, wenn sie Erinnerungen, Märchen oder gruselige Ereignisse zum Besten gab. „Ihre Stimme klang anders, wenn sie erzählte“, sagt er. „Das hat mich jedes Mal gebannt.“ So entwickelte sich auch die Freude am Lesen beim jungen Hoffmann. Wenn er besonders fesselnde Bücher las, dachte er: „Das will ich auch. Spannend, pointiert, humorvoll schreiben. Nicht für mich, sondern für ein Publikum.“

In der Jugend gibt es zahlreiche Autorinnen und Autoren, deren Bücher Mariusz Hoffmann begeistern. Ein Schlüsselerlebnis war für ihn jedoch Irvine Welshs Roman Trainspotting, den er 2006 für einen Euro auf einem Flohmarkt in Hamburg kaufte. Er erzählt: „Ich kannte den gleichnamigen Film. Dass es aber eine Romanverfilmung war, wusste ich nicht. Ohne Erwartungen begann ich das Buch zu lesen und konnte es nicht fassen. Dieser Stil, die Figuren, die Stimmungen, die kritischen Stiche gegen die schottische Gesellschaft. Das war für mich die Erkenntnis, was in der Literatur alles möglich ist.“

Aber wie wird man Autor? Vor allem, wenn für die Familie „Literatur“ ein exotisches Hobby der Wohlhabenden ist? Wie bei vielen Schriftstellern verlief auch Hoffmanns bisheriger Werdegang nicht komplett ohne interessante Schlenker. Nachdem Abitur machte er zunächst einmal Zivildienst in Hamburg. Dann begann er in der Hansestadt ein Philosophiestudium, merkte aber bald, dass das nichts für ihn war. Er beschließt, etwas „Normales“ zu machen und jobbt in einer Einrichtung für verhaltensauffällige Jugendliche. Da es ihm aber auch dort nicht rundum gefällt, bewirbt er sich auf Studienplätze in Leipzig und Hildesheim, die einzigen Städte, in denen man in Deutschland „kreatives Schreiben“ studieren kann. Als aus Hildesheim tatsächlich eine Zusage kommt, ist Hoffmann euphorisiert. Er erinnert sich, dass es auch den anderen aus seinem Jahrgang so ging. „Aber spätestens im dritten Semester war die Euphorie weg“, sagt er. „Jetzt gab es Phasen, in denen alles Geschriebene plötzlich banal und schlecht klang, und dann wuchsen die Zweifel, ob man überhaupt das Zeug zum Autor hat.“

Durch die zahlreichen Sitzungen, in denen man über eigene und fremde Texte sprach, konnten die Selbstzweifel durchaus Nahrung finden. Andererseits sieht Hoffmann gerade diese Textbesprechungen als wichtigsten Teil der Ausbildung. In seinen Augen halfen die Hinweise, auch die schmerzhaften, sehr dabei, den eigenen Text besser zu machen und das Gespür für gut klingende und funktionierende Texte zu schärfen.

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  • Mariusz Hoffmann: Polnischer Abgang, Berlin/München 2023

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