Die „Displaced Persons“ (DPs)

Polnische Displaced Persons in Deutschland (hier ehemalige Zwangsarbeiter) auf dem Dach eines Wagons an einem Sammelpunkt  für DPs am 3. Juli 1945.
Polnische Displaced Persons in Deutschland (hier ehemalige Zwangsarbeiter) auf dem Dach eines Wagons an einem Sammelpunkt für DPs am 3. Juli 1945.

Den Statistiken der UNRRA nach waren im Mai 1945 922 088 polnische DPs in den westlichen Zonen registriert. Infolge der Rückkehr ins eigene Land oder der weiteren Emigration (Niederlande, Belgien, USA, Kanada, Australien, Großbritannien u. a.) wurde ihre Zahl stetig kleiner. 1946 waren es 422 000, Anfang 1948 210 000 und bei Gründung der Bundesrepublik Deutschland (September 1949) 113 000. Den IRO Statistiken zufolge befanden sich am 1. Juli 1950 80 354 polnische DPs und polnische Nachkriegsflüchtlinge auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Die Daten von 1. Oktober 1951 sprachen sogar von 120 000 Personen.

1951 überließ die IRO die Angelegenheit der Displaced Persons der Regierung der Bundesrepublik. Diese Entscheidung beendete den damaligen Nachkriegszustand. Der erste Schritt der Bundesregierung war die Auflösung der Flüchtlingslager und die Festlegung des rechtlichen Status dieser Gruppe. Am 25. April 1951 verabschiedete der Bundestag das Gesetz über die Rechtsstellung der „heimatlosen Ausländer“ im Bundesgebiet. Seitdem wurden DPs wie Ausländer behandelt, die den Schutz des deutschen Rechts nutzen konnten. Man garantierte ihnen Religionsfreiheit und die Möglichkeit, Privatschulen zu gründen. Juristisch unterlagen sie den deutschen Gerichten und waren dazu verpflichtet, die Rechtsordnung der Bundesrepublik zu respektieren. Ein anderer wichtiger Artikel dieses neuen Gesetzes war die Verpflichtung seitens der Bundesregierung, keine Ausländer auszuliefern, die in ihrem Heimatland auf Grund ihrer politischen Überzeugungen gefährdet waren. Ihre Betreuung garantierte die deutsche Regierung. Ähnliche Berechtigungen erhielten z. B. politische Flüchtlinge aus Polen, die seitdem politisches Asyl beantragen konnten. Von diesem Beschluss profitierten weitere Wellen polnischer Emigranten.

Die „DPs” gründeten nach 1945 viele Organisationen. Sie waren jedoch aufgrund der stetigen Abwanderung von Polen aus Deutschland und der zahlreichen personellen und politischen Auseinandersetzungen im Spannungsfeld zwischen der Londoner Exilregierung und der kommunistischen Regierung in Polen relativ schwach und anfällig für Spaltungen. Anfangs existierten separate Strukturen in den einzelnen Besatzungszonen (1945 in der britischen Zone „Główna Komisja Porozumiewawcza Środowisk Polskich / Hauptkommission zur Verständigung polnischer Kreise“; in der amerikanischen Zone der „Zjednoczenie Polskie / Polnische Vereinigung“; in der französischen Zone die „Powiatowe Ośrodki Polskie / Polnische Kreisstadtzentren“). 1946 wurde die „Zjednoczenie Polskie w Niemczech / Polnische Vereinigung in Deutschland“ ins Leben gerufen, die eine Dach- und Vertretungsorganisation der polnischen DPs gegenüber den Besatzungsmächten und Hilfsorganisationen (UNRRA, IRO) war. Auf Grund von inneren Konflikten Ende der 1940er Jahre berief man 1951 an Stelle der „Polnischen Vereinigung in Deutschland“ den „Zjednoczenie Polskich Uchodźców / Verband der Polnischer Flüchtlinge“ (ZPU) mit Sitz in Velbert. Dieser hatte einen unabhängigen Charakter, ca. 5 000 Mitglieder und wurde von der polnischen Exilregierung anerkannt. Der erste Vorsitzende war Janusz Zawalicz-Mowiński. Presseorgan war der in Quakenbrück herausgegebene „Polak”. Der „Verband der Polnischen Flüchtlinge“ teilte sich in vier Kreise und innerhalb dieser Kreise in weitere Unterkreise (Ogniska). Diese Organisation beschäftigte sich hauptsächlich mit Fragen der aktuellen Existenz (Arbeitsvermittlung, Rechtsbeistand, Bemühungen um Entschädigung für die Zwangsarbeit und den Aufenthalt in Konzentrationslagern, Bildungswesen). Der „Verband Polnischer Flüchtlinge“ unterstützte auch die weitere Emigration von Polen, obwohl dies die Organisation an sich schwächte. In den 1960er und 1970er Jahren geriet die Organisation in eine Krise, die Mitgliederzahl schrumpfte. Ab 1989, als die Arbeit des „Verbandes der polnischen Flüchtlinge“ endgültig zum Erliegen kam, blieben nur noch einige Unterkreise, u. a. in Bayern, aktiv.

Andere Organisationen der DPs waren der „Verein der Polnischen Kriegsveteranen“ sowie der „Polnische Bund ehemaliger politischer Gefangener deutscher Konzentrationslager“. Es entstanden auch Zweigstellen politischer Parteien, wie der „Polska Partia Socjalistyczna / Polnische Sozialistische Partei“ (ab 1946), des „Stronnictwo Ludowe „Wolność“ / Polnische Bauernpartei „Freiheit“ (ab 1947), des „Polskie Stronnictwo Ludowe / Polnische Bauernpartei“ (Befürworter von Stanisław Mikołajczyk), des „Stronnictwo Narodowe / Nationalpartei“ und des „Stronnictwo Pracy / Arbeitspartei“. Allerdings zählten sie nur wenige Mitglieder und existierten am Rande der Hauptströme polnischer Aktivitäten in Deutschland.

Von 1945 bis 1950 gab es im DP-Umfeld 260 Volks- und Mittelschulen (15 700 Schüler), es wurden über 400 Zeitschriften herausgegeben, sehr zahlreich waren die Chöre, Amateurtheater und Orchester. In den 1950er Jahren trat ein Rückgang ein, der mit der Auflösung der Flüchtlingslager, der Zerstreuung der DPs, ihrer Integration oder weiteren Emigration in Zusammenhang stand. Dies wurde von einem Rückgang des Einflusses des „Verbandes der Polnischen Flüchtlinge“ und inneren Konflikten begleitet, die an der Wende der 1960er und 1970er Jahren zu Spaltungen in der Organisation führten.


Krzysztof Ruchniewicz, Juni 2014

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