Bodo Hombach: „Noch ist Polen nicht Verloren“, 1982
Am 9. März 1982 habe ich als Landesgeschäftsführer der SPD-NRW alle Mandats- und Funktionsträger in Nordrhein-Westfalen angeschrieben. In dem Schreiben habe ich angekündigt, dass am 12. März 1982 in den Räumen des SPD-Landesbüros NRW eine Ausstellung mit dem Titel „Spuren des Freiheitswillens“ eröffnet wird. In dieser Ausstellung wurden Plakate, Flugblätter, verbotene Literatur, Fotos und andere Materialien der polnischen Solidarnosc-Bewegung vorgestellt. Ebenfalls am 12. März 1982 habe ich die vom Heidelberger Grafiker Klaus Staeck und mir herausgegebene Plakatmappe „Noch ist Polen nicht verloren“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Rundschreiben habe ich darauf hingewiesen, dass am 13. und 14. März 1982 in Düsseldorf Solidarność-Aktivist*innen zusammentreffen. Dieses Treffen habe ich gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund organisiert.
Nach dem Treffen am 15. März 1982 habe ich mit Vertreter*innen der Solidarność-Bewegung in den Ausstellungsräumen eine Pressekonferenz durchgeführt. In der darauf fußenden dpa-Meldung hieß es: „Der SPD-Landesgeschäftsführer Bodo Hombach appellierte in seinem Begleitschreiben an die Parteifunktionäre: ‚Zeigt diese Plakate, macht sie vielen zugänglich, macht daraus eine politische Demonstration‘. Bei der Eröffnung der Düsseldorfer Ausstellung teile er weiter mit, dass sein SPD-Landesverband 250 Anschriften von polnischen Familien gesammelt habe, deren Väter interniert seien und die dringend der Hilfe bedürften. Die SPD werde jetzt Patenschaften organisieren. Der Betriebsrat der Mannesmann Röhrenwerke habe bereits die Patenschaften für 50 Familien übernommen.“
Plakatsammlung
Nach der öffentlichen Vorstellung wurde die Plakatsammlung an alle Ortsvereine der SPD in NRW versandt. Durch örtliche Aktionen und Ausstellungen sollte die SPD in Kampagnenform ihre Solidarität mit den Solidarność-Aktivist*innen zum Ausdruck zu bringen. Aus einem Rundschreiben von mir an die Mandats- und Funktionsträger sind folgende Zitate:
„… Die deutsche Sozialdemokratie steht immer auf der Seite der Freiheit. Das dokumentiert die nordrhein-westfälische SPD auch mit einer Ausstellung polnischer Gewerkschaftsplakate, Flugblätter, verbotener Literatur, Fotos und anderer ‚Spuren des Freiheitswillens‘. Die Ausstellung soll ins Land hineinwirken. Diesem Ziel dient diese Mappe mit einer Sammlung wichtiger Plakate der Solidarność-Bewegung. Die Drucke sind hin bis zur Papierqualität authentisch. So ist z. B. eines der ersten von Solidarność überhaupt herausgebrachten Plakate deshalb in seiner Wiedergabe auch auf Packpapier gedruckt.
Ich bitte Euch: Zeigt diese Plakate, macht sie vielen zugänglich, macht daraus eine politische Demonstration, verkauft möglichst viele Mappen. Der Erlös kommt in vollem Umfang der Hilfe für Solidarność zugute. …
Wir danken denen, die die Plakatmappe ermöglicht haben: Allen voran dem Grafiker Klaus Staeck und seinem Freund Gerhard Steidl. Sie zeichnen für die drucktechnische Gestaltung der Mappe verantwortlich und haben auf jegliches Honorar verzichtet. …“
Beschaffung der Plakate
Die allermeisten der verwendeten Plakate konnte ich mit Hilfe eines deutschen Diplomaten bei verschiedenen Reisen, bei denen ich Solidarność-Aktivitäten beobachten konnte und Aktivist*innen gesprochen habe, persönlich aus Polen mitbringen. Die Aktivität des Landesverbandes NRW, die von Johannes Rau voll abgedeckt wurde, wurde von Realpolitikern innerhalb der Bundes-SPD kritisch gesehen und kommentiert. Die NRW-SPD hat gleichwohl die Aktion an vielen Orten umgesetzt und erhebliche Mittel mobilisiert, um durch Sach- und Geldspenden die Solidarność-Bewegung und Familien von Inhaftierten zu unterstützen.
Bodo Hombach, März 2021
Noch ist Polen nicht verloren
41 nachgedruckte polnische Plakate (1980-1981) und ein Plakat von Klaus Staeck
Herausgegeben von Klaus Staeck und Bodo Hombach mit einem Vorwort von Johannes Rau
Reproduktion und Druck: Gerhard Steidl, Göttingen
Verlag: Edition Staeck in Zusammenarbeit mit dem SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen
Mit freundlicher Unterstützung der Brost-Stiftung