Bochumer Schmiede

Bedeutende Vertreter der Bochumer Schmiede um 1925: Stefan Szczepaniak, Dr. Jan Kaczmarek und Dr. Józef  Michałek
Bedeutende Vertreter der Bochumer Schmiede um 1925: Stefan Szczepaniak, Dr. Jan Kaczmarek und Dr. Józef Michałek

So entstanden z. B. 1894 der „Związek Polaków w Niemczech ZPwN“ („Bund der Polen in Deutschland“), der 1910 mit der Organisation „Straż“ vereinigt und 1912 schließlich aufgelöst wurde, und 1902 „Zjednoczenie Zawodowe Polskie ZZP“ („Polnische gewerkschaftliche Vereinigung“). 1904 gründete sich der „Związek Wzajemnej Pomocy Polskich Towarzystw Katolickich dla Westfalii, Nadrenii i Prowincji Sąsiedzkich z Siedzibą w Bochum” („Bund polnisch-katholischer Vereine für gegenseitige Hilfe in Westfalen, im Rheinland und in den benachbarten Provinzen mit Sitz in Bochum“). 1922 gründete sich in Berlin der Bund der Polen in Deutschland e. V. (Związek Polaków w Niemczech t.z.), dessen Geschäftsstelle der „Dzielnica III“ in Bochum eingerichtet wurde.

Um den Raumbedarf aller dieser Institutionen zu decken wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Klosterstraße sieben Häuser (die Hausnummern 2-14) von Privatpersonen erworben und die Räume an die polnischen Organisationen weitervermietet. Nach und nach gingen vier Häuser in den Besitz von polnischen Organisationen über (Hausnummern Nr. 2-8). In den Häusern waren untergebracht:

  • Nr. 2     Bank Robotników (Arbeiterbank)
  • Nr. 4     Zjednoczenie Zawodowe Polskie (Polnische gewerkschaftliche Vereinigung)
  • Nr. 6     Kasa depozytowa Bank Handlowy eGmbH (Filiale der Handelsbank)
  • Komitet Wykonawczy (Ausführendes Komitee)
  • Związek Polaków w Niemczech t.z. (Bund der Polen in Deutschland e. V.) – seit 1923
  • Narodowa Partia Robotnicza (NSR) (Nationale Arbeiterpartei)
  • Centrala bibliotek ludowych (Zentrale der Volksbüchereien)
  • Sekretariat Towarzystw Szkolnych (Sekretariat der Schulvereine)
  • Nr. 8     Wiarus Polski (Redaktion und Druckerei) 
  • Nr. 10   Soziales Büro der Reichstagsfraktion
  • Räumlichkeiten des Wiarus Polski

  • Nr. 12   Abteilung Bergbau der polnischen Gewerkschaft ZZP
  • Nr. 14   an Privatpersonen vermietet

Während sich unter der deutschen Bochumer Bevölkerung für die Klosterstraße die schlichten Bezeichnungen „Polnischer Querschlag“ oder „Klein Warschau“ einbürgerten wurde die Klosterstraße für die polnischen Migranten zur „Kuźnia Bochumska”, zur „Bochumer (Kader-)Schmiede”. Sie war ein Symbol des polnischen Lebens im Ruhrgebiet und in Deutschland. In ihrem Umfeld konnten Eliten und Aktivisten des polnischen Lebens gebildet, ja geschmiedet werden, wie z. B. Jan Kaczmarek, einer der bekanntesten Repräsentanten der Polen in Deutschland.

Nach dem deutschen Angriff auf Polen 1939 wurden die Häuser in der Klosterstraße Nr. 2-8, die im Besitz polnischer Organisationen waren, von den Nationalsozialisten geplündert und beschlagnahmt. Die Mitarbeiter der Organisationen wurden massiv durch das NS-Regime verfolgt. Nach Kriegsende nahm der „Bund der Polen in Deutschland e. V.“ in der Klosterstraße Nr. 6 (heute Am Kortländer 6) seine Arbeit wieder auf. Heute erinnert der Schriftzug „Bank Robotników e. G. m. b. H.“ an der Seitenwand des Hauses Nr. 2 noch an das einstige Zentrum  polnischen Lebens in Deutschland.


Adam Gusowski / Sabine Krämer, Dezember 2013

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  • Bochumer Schmiede an der Klosterstrasse - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku" auf Deutsch

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