Rosen, Jan
Rosen, Jan Bogumił, polnischer Maler und Zeichner, Mitglied der „Münchner Schule“. 1862 Zeichenschüler bei dem polnischen Grafiker Henryk Redlich in Dresden. 1872-74 Student in München an derAkademie der Bildenden Künste und im Atelier des polnischen Malers Józef Brandt. 1883-95 in München ansässig und künstlerisch tätig. *16.10.1854 Warschau, †8.11.1936 ebenda. Vater des Malers Jan Henryk R. (1891-1982, 1910-14 Studium der Kunstgeschichte bei Hugo von Tschudi in München). Sohn des Bankiers und Kommerzienrats Szymon Leopold R. (1817-1880, 1850 lutherisch getauft) und dessen Ehefrau Amalia Józefa Leo (1824-1902). Vor dem Januaraufstand 1863 verlässt die Familie Warschau aus Angst vor politischen Unruhen, geht kurzzeitig nach Breslau und 1862/63 nach Dresden, wo Jan von dem polnischen Grafiker Henryk Redlich (1838/40-1884, Mitglied der „Münchner Schule“) Zeichenunterricht erhält. 1864 kehrt die Familie nach Warschau zurück. Während seiner Schulzeit fällt R. durch gekonnte Karikaturen von Schülern und Lehrern auf und erhält sonntäglichen Zeichenunterricht von dem Maler und Karikaturisten Franciszek Kostrzewski (1826-1911); 1872 Abitur. Am 1.11.1872 Eintritt in die Antikenklasse der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München, Studium bei dem Historien- und Figurenmaler Alexander Strähuber (1814-1882) und dem Bildhauer, Historien- und Genremaler Ferdinand Barth (1842-1892). Gleichzeitig besucht er privaten Malunterricht im Atelier des polnischen Schlachten-, Pferde- und Genremalers Józef Brandt (1841-1915, Mitglied der „Münchner Schule“). Er unterhält enge Beziehungen zur polnischen Künstlerkolonie in München und nimmt am studentischen Leben teil. Er ist musikalisch talentiert, organisiert Chöre und Konzerte und beteiligt sich zusammen mit Henryk Piątkowski (1853-1932, Mitglied der „Münchner Schule“)an der Herausgabe des Studentenmagazins „Kolega“. 1874-79 studiert er an der École des Beaux-Arts in Paris bei Jean-Leon Gerôme (1824-1904) und Gustave Boulanger (1824-1888). 1879 geht er nach Warschau und arbeitet im Auftrag der Magnatenfamilie Potocki auf deren Gütern in Litauen und der Ukraine. 1882 Reise nach Florenz, Rom, Neapel. 1883-95 in München ansässig und künstlerisch tätig. Das Atelier von R. (1888-90 Schwanthalerstraße 32) ist nach dem Vorbild von Brandt und ähnlich wie die Ateliers von Alfred Wierusz Kowalski (1849-1915) und Antoni Kozakiewicz (1841-1929, beide Mitglieder der „Münchner Schule“) mit einer Sammlung von Waffen, Rüstungen und Kanonenmodellen ausgestattet, die als Vorbilder für thematisch entsprechende Gemälde dienen. Es gehört zu den rund 240 1888/89 von dem Münchner Fotografen Carl Teufel (1845-1912) aufgenommenen und publizierten repräsentativen Ateliers Münchner Künstler.
1890 heiratet er Wanda, die Tochter des jüdisch-polnischen Industriellen Bernard Hantke (1826-1900). Ab 1891 häufig auf Reisen in Italien, der Schweiz und Rumänien um Landschaften für seine Schlachtengemälde zu studieren. Nach häufigen Aufenthalten in St. Petersburg wird er von Zar Alexander III. zum Hofmaler ernannt und 1893 Mitglied der Petersburger Akademie der Künste. Für den Zarenhof arbeitet er bis 1914. Ab 1895 lebt er in Paris. 1907 Mittelmeer-Reise, 1908 in Skandinavien. 1909-21 in Lausanne, 1912 einige Monate in Warschau, 1913 in St. Petersburg. Während des Ersten Weltkriegs engagiert er sich für die Unabhängigkeit Polens. Ab April 1921 in Warschau ansässig, 1924-26 in Viareggio und Florenz, ab 1927 in Lwów (heute Lviv). – Seine frühen Karikaturen und Reportagezeichnungen von aktuellen Ereignissen erscheinen in polnischen Zeitschriften wie Kłosy und Tygodnik Powszechny. Illustrationen schafft er zu literarischen Werken von Henryk Sienkiewicz (1846-1916) und Juliusz Słowacki (1809-1849). In seinen Gemälden und Aquarellen folgt er dem farbig anspruchsvollen Realismus der „Münchner Schule“. Unter Einfluss von Brandt entstehen Jagd- und Pferdeszenen (siehe Titelbild) sowie Reiterbildnisse („Reiterin“/„Amazonka“, 1882, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie). Berühmt wird er mit seinen historischen Schlachtenbildern aus den Napoleonischen Kriegen und vom Novemberaufstand 1830/31. Um die historischen Details getreu wiedergeben zu können, studiert er historische Quellen und Literatur, Uniformen und Waffen, von denen er eine eigene umfangreiche Sammlung anlegt. Ein 1886-88 in München entstandenes Monumentalgemälde „Parade auf dem Sächsischen Platz vor Großfürst Konstantin im Jahre 1824“/„Przegląd kawaleryi przed W. Ks. Konstantym na Placu Saskim w Warszawie r. 1824“ (nach zahlreichen Ausstellungen in Polen 1891 von Zar Alexander III. angekauft) wird vielfach von der Presse reproduziert, 1889 als Farblithographie für die Mitglieder der Warschauer Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste/Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych reproduziert und in der Kunstszene in München und Polen kontrovers diskutiert. Gelegentlich malt R. Porträts, in den 1930er-Jahren verstärkt von Militärs wie Józef Dwernicki, Józef Bem, Henryk Dembiński oder Józef Chłopicki. Werke befinden sich in den Nationalmuseenvon Warschau, Krakau und Posen/Poznań, im Kunstmuseum Łódź/Muzeum Sztuki w Łodzi, in Warschau in der Nationalbibliothek/Biblioteka Narodowa, im Museum der polnischen Armee/Muzeum Wojska Polskiego und im Muzeum Warszawysowie im Museum der Region Kujawien und Dobrzyn in Włocławek/Muzeum Ziemi Kujawskiej i Dobrzyńskiej we Włocławku.
Einzelausstellungen: 1922, 1932 Warschau, Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste/Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych
Gruppenausstellungen: 1874, 1883, 1887, 1888, 1892-94 München, Glaspalast / Paris: 1877-1931 Salon; 1889, 1900 Weltausstellung; 1919 Musée des Arts Décoratifs: Exposition franco-polonaise d’art et de souvenir / 1887 Krakau, Pierwsza Wielka Wystawa Sztuki Polskiej / 1888, 1891-97, 1899, 1900-02 St. Petersburg, Akademie der Künste / Berlin: 1894, 1895 Große Berliner Kunst-Ausstellung; 1896 Akademie der Künste: Internationale Kunstausstellung / 1929 Poznań, Wystawa polskiego malarstwa batalistycznego
Literatur: Carl Teufel: Ateliers Münchener Künstler, Band 3, München (1889), handschriftlich gezählte Seite 69; Polski Słownik Biograficzny, Band 32, 1989-91, Seite 53; Brigitte Langer: Das Münchner Künstleratelier des Historismus, Dachau 1992, Seite 143 f., 177; Agnieszka Bagińska: Pracownia artysty w polskiej sztuce i kulturze. Drugiej połowy XIX i początku XX wieku, Warschau 2015; E. Micke-Broniarek, in: De Gruyter Allgemeines Künstlerlexikon, Band 99, Berlin/Boston 2018, Seite 399
Online: Matrikelbuch 2, Akademie der Bildenden Künste München, 02847 Johann Rosen, https://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1841-1884/jahr_1872/matrikel-02847
2 Werke im Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie auf Muzeum Cyfrowe, http://cyfrowe.mnw.art.pl/dmuseion/results?q=Rosen%2C+Jan+Bogumi%C5%82&action=SimpleSearchAction&mdirids=1&type=-2
Maria Zakrzewska, auf Internetowy polski słownik biograficzny, http://www.ipsb.nina.gov.pl/a/biografia/jan-rosen
1 Aufnahme des Münchner Ateliers im Bildarchiv Foto Marburg, https://www.bildindex.de/media/obj20394867/fm121783
8 Werke auf artyzm.com, http://artyzm.com/e_artysta.php?id=439
6 Werke auf Pinakoteka Zascianek
Zahlreiche Werke beim Auktionshaus Agra Art, Warschau, http://www.agraart.pl/htdocs/english/new/gallery.php?off=0&curr=PLN&sch=1&ord=cu&s=1&gal=1&id_malarza=228
Zahlreiche Werke im Auktionshandel auf artnet.de, http://www.artnet.de/k%C3%BCnstler/jan-rosen/
(alle aufgerufen am 3.8.2018)
Axel Feuß, August 2018