Redlich, Henryk
Redlich, Henryk, jüdisch-polnischer Grafiker, Zeichner und Maler, Mitglied der „Münchner Schule“. 1862 Studium an der Kunstakademie Dresden, 1863-69 an der Akademie der Bildenden Künste München. 1869 eröffnet er kurzzeitig in München eine eigene Kupferstich-Werkstatt. 1884 stirbt er in Berlin. *28.(29.)8.1838 oder 14.10.1840 Łask, †7.11.1884 Berlin. Sohn des Webers oder Färbers Samuel R. (†vor 1863). 1850 schicken ihn die Eltern, um ihn dem Dienst in der russischen Armee zu entziehen, in eine Pflegefamilie in der jüdischen Gemeinde in Breslau, wo er Talent im Zeichnen und Malen zeigt und schließlich Abitur macht. Nach vorübergehendem Aufenthalt in einer Familie in Kalisz begegnet er dem russischen General Fürst Aleksandr Golicyn (1789-1858), der ihm eine künstlerische Ausbildung in Warschau ermöglicht. 1856-61 Studium in Warschau an der Schule der Schönen Künste/Szkoła Sztuk Pięknychbei Rafał Hadziewicz (1803-1883). 1861 gewinnt er einen Wettbewerb der Warschauer Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste/Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych für ein fünfjähriges Studium des Kupferstichs im Ausland. Schon im Februar 1862 studiert er an der Kunstakademie Dresden bei Johann Karl Ulrich Bähr (1801-1869) („Männlicher sitzender Akt“/„Akt męski siedzący“, Kunstakademie Dresden, 1862, „u prof. Baera“, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie). Am 2.2.1863 Eintritt in die Kupferstecherklasse von Julius Thaeter (1804-1870) an der Königlichen Akademie der Bildenden Künstein München. Enge Beziehungen unterhält er zur polnischen Künstlerkolonie, insbesondere zu den Malern Józef Brandt (1841-1915) und Maksymilian Gierymski (1846-1874, beide Mitglieder der „Münchner Schule“). R. qualifiziert sich vor allem als Reproduktionsgrafiker in den Techniken Radierung, Kupfer- und Stahlstich und arbeitet im Auftrag der Warschauer Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste/Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych und der Krakauer Gesellschaft der Freunde der Schönen Künste/Towarzystwo Przyjaciół Sztuk Pięknych w Krakowie, für die er die Jahresgaben oder Mitgliederprämien sticht. 1867 Mitglied im Münchner Kunstverein. 1869 schließt er das Studium ab und eröffnet eine Werkstatt in der Münchner Landwehrstraße. 1870-73 lebt und arbeitet er jedoch in Wien, anschließend geht er mit seinen Druckpressen nach Warschau, wo er die Tochter des Direktors der Rabbinerschule, Jakub Tugendhold (1794-1871), heiratet; das Paar hat fünf Kinder. Bis 1880 arbeitet er intensiv in Warschau, vor allem an Gemäldereproduktionen, und gilt bald als bedeutendster Stecher seiner Zeit. 1876 Mitglied der Kunstakademie St. Petersburg. 1877 Medaille 1. Klasse im Pariser Salon, 1878 Ehrenmedaille auf der Pariser Weltausstellung.
1880/81 geht er mangels Aufträgen nach Paris und arbeitet dort an Reproduktionen von Gemälden polnischer Maler, unter anderem von Brandt und Julian Maszyński (1847-1901, Mitglied der „Münchner Schule“). 1882 Professorentitel der Kunstakademie St. Petersburg, deren Einladung dort zu lehren er jedoch nicht folgt. Zuletzt arbeitet er an einer Reproduktion des Gemäldes „Stańczyk“ (1862, Nationalmuseum Warschau) von Jan Matejko (1838-1893, Mitglied der „Münchner Schule“). Aufgrund einer fortschreitenden Nervenkrankheit kann er diese Arbeit jedoch nicht beenden und wird in Graz in einem Sanatorium behandelt. Möglicherweise anlässlich von Probedrucken in der Kupferdruckanstalt L. Angerer in Berlin verstirbt R. dort und wird auch in Berlin begraben. – Erste grafische Versuche von 1863/64 während seines Studiums in München zeigen Landschaften, Figurenstudien und Porträts. 1865 fertigt R. erste Stiche nach Gemälden anderer Künstler (Raffael: „Madonna Tempi“, 1508, Alte Pinakothek, München). Es folgen Reproduktionen nach Zeichnungen und Gemälden von Brandt, Antoni Piotrowski (1853-1924), Florian Cynk(1838-1912, beide Mitglieder der „Münchner Schule“) und Seweryn Mielżyński (1804-1872). 1867 erhält er eine Silbermedaille für einen Kupferstich nach einem Gemälde von Jean-Auguste-Dominique Ingres (1780-1867). 1870/71 folgt in Wien unter anderem eine Reproduktion des Gemäldes „Mohort präsentiert das Gestüt des Fürsten Józef Poniatowski“/„Mohort prezentujący stadnine księciu Józefowi Poniatowskiemu“ (1858, Nationalmuseum Warschau) von Juliusz Kossak (1824-1899). 1873 ist er mit vier Stichen auf der Weltausstellung in Wien in der österreichischen Abteilung vertreten. Im selben Jahr reprodziert er für die Krakauer Gesellschaft der Freunde der Schönen Künste das Gemälde „Skargas Predigt“/„Kazanie Skargi“ (1864, Nationalmuseum Warschau) von Matejko. In Warschau verfügt er zu seiner Zeit als einziger über eine Metalldruckpresse; sein Anliegen ist es, die Druckgrafik in Polen populär zu machen. Dort folgen unter anderem Reproduktionen nach Wojciech Gerson (1831-1901, „Nikolaus Kopernikus unterrichtet Astronomie in Rom“/„Mikołaj Kopernik wykładający astronomię w Rzymie“, einer der bekanntesten Kupferstiche von R.) und Matejko („Die Union von Lublin“/„Unia Lubelska“, 1869, Nationalmuseum Warschau, im Museum Lublin/Muzeum Lubelskim). R. fertigt auch Porträt-Stiche und Ölgemälde mit Landschaften, von denen jedoch nur wenige bekannt sind. Werke befinden sich in den grafischen Sammlungen zahlreicher Museen in Polen, unter anderem im Nationalmuseum Krakau/Muzeum Narodowe w Krakowie, Zeichnungen in den Nationalmuseen von Warschau und Posen/Poznań.