„Magdalenka“ in Gelsenkirchen
Wir stellten fest, dass ein Fünftel der Besucher deutsch waren und den Laden wegen seiner speziellen Produkte besuchten. Der größte Teil der Kunden aber waren polnischsprachige Kunden. Ein großer Teil der Befragten bezeichnete sich als Stammkunde in dem Geschäft, Kunde und Inhaberin waren vertraut und es wurde vielfach die Gelegenheit zu polnischem Small talk genutzt. Viele der polnischstämmigen Kunden nutzten den Einkauf, um ausschließlich Polnisch zu sprechen. In den Interviews mit diesen war eine häufig wiederkehrende Antwort, dass den Befragten neben ihrem Zuhause nur wenige Orte zur Verfügung stehen, an denen sie die polnische Sprache pflegen können, sodass sie sie immer dort wählen, wo es möglich ist. Selbst die schon in Deutschland geborenen Kinder der polnischen Migranten bemühten sich um ein fehlerfreies Polnisch. Gerade bei der älteren Generation stellte sich die Bezeichnung der Produkte auf Polnisch als ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation heraus. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit wurden auch deutsche Wörter verwendet, aber insgesamt war dies eher die Ausnahme im Gespräch mit den polnischsprachigen Kunden.
Wie wechselhaft die Verwendung der polnischen Sprache im Laufe eines Lebens sein kann, erzählte uns eine alte polnische Dame: Sie kam kurz nach dem zweiten Weltkrieg nach Deutschland. Anfangs war der gesellschaftliche Druck hoch, nicht negativ aufzufallen, weshalb sie aufhörte, in der Öffentlichkeit in ihrer Muttersprache zu sprechen. Erst im hohen Alter kam die Erkenntnis, dass es von großem Vorteil ist, mehrere Sprachen zu kennen und sich zu seiner Herkunft zu bekennen.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Erhalt von traditionellen Lädchen wie „Magdalenka“ für die polnischsprachigen Einwohner des Ruhrgebiets von großer Bedeutung für Sprachpflege und Sprachkontakte ist. Es wurde auch deutlich, dass die polnische Kultur einen Platz in der vielfältigen Gesellschaft hat und von anderen Nationalitäten wahrgenommen wird und nur im Auge des Betrachters unsichtbar ist.
Annika Schulz, Eliza Jaworska, Magdalene Podstawny, Nadine Rzepka, Februar 2017
Zitierte Literatur:
Redder, A. / Scarvaglieri, C. 2013 Verortung mehrsprachigen Handelns im Konsumbereich – ein Imbiss und ein Lebensmittelgeschäft, in: Redder, A. (Ed.): Mehrsprachige Kommunikation in der Stadt. Das Beispiel Hamburg, Münster: Waxmann, 105-126