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Kowalski, Max

Max Kowalski, vermutlich in London um 1950
Max Kowalski, vermutlich in London um 1950

Kowalski, Max, Dr. jur., polnisch-jüdischer Jurist, Sänger und Liederkomponist. Aufgewachsen in Frankfurt am Main. Jura-Studium in Heidelberg, Berlin und Marburg, Gesangsstudium in Berlin und Frankfurt. 1909-38 als Rechtsanwalt und Liederkomponist in Frankfurt tätig. Im November 1938 für 16 Tage im KZ Buchenwald interniert. *10.8.1882 Kowal, †1956 London. Sohn des jüdischen Kantors und Lehrers Abraham K. (†1907) und seiner Ehefrau Bertha, geborene Rosenthal, später verheiratete Petuchowski (*1866 Kowal, aus Berlin deportiert, †1943 Ghetto und Konzentrationslager Theresienstadt); zwei Brüder. 1883 siedelt die Familie nach Deutschland über, lebt kurzzeitig in Ballenstedt und lässt sich dann in Frankfurt am Main nieder. Dort legt Max am Lessing-Gymnasium das Abitur ab. Ab etwa 1900 studiert er Jura an den Universitäten in Heidelberg, Berlin und Marburg. 1906 wird er in Marburg mit einer Arbeit über „Die Naturobligation“ zum Dr. jur. promoviert. Gleichzeitig studiert er in Berlin am Stern’schen Konservatorium Gesang bei dem dort bis 1904 tätigen Stimmbildner Alexander Heinemann (1873-1923) sowie Komposition in Frankfurt am Main am Dr. Hoch’s Konservatorium bei dem Komponisten und Dirigenten Bernhard Sekles (1872-1934). 1909-38 arbeitet er in Frankfurt als Rechtsanwalt im Bereich des Urheberrechts. 1910 heiratet er Anna Rosalie, geborene Meyer (1887-1938). 1930 vertritt er unter anderem den Komponisten Arnold Schönberg (1874-1951) in einem Rechtsstreit mit der Frankfurter Oper. Daneben komponiert er klavierbegleitete Liederzyklen. Sein 1913 bei Simrock veröffentlichter Liederzyklus „12 Gedichte aus Pierrot Lunaire“ wird in Konzerten aufgeführt und im Rundfunk gesendet. Seine im spätromantischen Stil komponierten Lieder werden von Interpreten wie Heinrich Schlusnus, Alexander Kipnis, Maria Ivogün oder Hans Hotter gesungen. 1925 wird sein musikalisches Schelmenspiel „Till Eulenspiegel“ am Stadttheater Köln aufgeführt. Bis 1933 veröffentlicht er in verschiedenen Verlagen 17 Liederzyklen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten lehnen deutsche Verlage weitere Veröffentlichungen ab. 1934 erscheint bei der Universal Edition in Wien als letzte Veröffentlichung der Zyklus „6 Lieder aus dem West-Östlichen Diwan“ nach Goethe. Später entstandene Lieder werden noch im Rahmen des Jüdischen Kulturbunds aufgeführt. Seine Frau Anna K. wird im Januar 1937 als Jüdin verhaftet, ins Gefängnis Preungesheim eingeliefert und bis zum Oktober 1938 in den Konzentrationslagern Moringen, Lichtenburg und Ravensbrück inhaftiert. Nach ihrer Entlassung nimmt sie sich am 25. Oktober 1938 das Leben. 1938 wird K. die Anwaltslizenz entzogen. Am 11. November 1938 wird er in einer Aktion im Anschluss an die Reichspogromnacht verhaftet und im KZ Buchenwald interniert. Er gehört zu jenen zehntausend Juden, die in einem offenen Zeltlager gefangen gehalten werden, um sie schließlich zur Auswanderung zu bewegen. Am 27. November wird er entlassen. Im März 1939 geht er nach London ins Exil, wo bereits seine Tochter Vera bei Verwandten lebt. Er arbeitet in den folgenden Jahren als Klavierstimmer, Synagogensänger und schließlich als viel beschäftigter Gesangslehrer. Für seine Liedkompositionen findet er jedoch keinen Verleger mehr. – Kompositorisch entstanden neben seinen veröffentlichten Werken weitere sechzehn Liederzyklen, davon zehn im Exil. Seine schriftstellerischen Vorlagen stammen von Li Tai Po, Hafis, Omar Khayyam, Goethe, Hölderlin, Heinrich Heine, Nietzsche, Rilke, Hermann Hesse, Klabund und anderen. Außerdem verwendete er jüdische Gedichte sowie Poesie aus Japan, Indien und dem arabischen Raum. Seine Lieder sind durchkomponiert mit transparenter Gedichtstruktur. Sein harmonisches Vokabular gilt als reichhaltig, ausdrucksreich und konservativ für seine Zeit. Posthum erschienen Reprints früher Ausgaben, auch von zwei Klavierstücken. Ein Teil des Nachlasses befindet sich im Leo Baeck Institute in New York.

Eigene Schriften:

Die Naturobligation (Juristische Dissertation Universität Marburg), Wiesbaden 1906

Antisemitische Publikationen:

Brückner-Rock. Judentum und Musik mit dem ABC jüdischer und nichtarischer Musikbeflissener, begründet von H. Brückner und C.M. Rock, bearbeitet und erweitert von Hans Brückner, 3. Auflage, München 1938, Seite 154 (Kowalski, Max, Dr. jur.)

Lexikon der Juden in der Musik. Mit einem Titelverzeichnis jüdischer Werke. Zusammengestellt im Auftrag der Reichsleitung der NSDAP auf Grund behördlicher, parteiamtlich geprüfter Unterlagen, bearbeitet von Theo Stengel und Herbert Gerigk = Veröffentlichungen des Instituts der NSDAP zur Erforschung der Judenfrage, Band 2, Berlin 1940, Spalte 143 (Kowalski, Max)

Literatur:

Hans Ferdinand Redlich: Max Kowalski, in: Musica, Jahrgang 11, Nr. 9/10, 1957, Seite 584

Riemann Musiklexikon. Personenteil A-K, Mainz 1959, Seite 958

Peter Gradenwitz: Max Kowalski (1882-1956). Rechtsanwalt und feinsinniger Musiker, in: Bulletin des Leo Baeck Instituts, Nr. 58, 1981, Seite 41-51

Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 / International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933-1945, herausgegeben von Werner Röder und Herbert A. Strauss, München und andere 1983

Philip L. Miller: Kowalski, Max, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Band 13, herausgegeben von Stanley Sadie, John Tyrrell und George Grove, 2. Auflage, London, New York 2001, Seite 849 f.

Philip Lieson Miller: Kowalski, Max, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik, Personenteil, Band 10, herausgegeben von Ludwig Finscher, 2. Auflage, Kassel 2003, Spalte 583 f. (Werkverzeichnis)

Online:

Jutta Raab Hansen: Max Kowalski, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, herausgegeben von Claudia Maurer Zenck und Peter Petersen, Universität Hamburg 2008, https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00003097

Umfangreiches Archivmaterial im Leo Baeck Institute New York, Berlin, Suchwort: Kowalski, Max, https://www.lbi.org/

Das gesamte Archivmaterial im Leo Baeck Institute visualisiert auf archive.org (unten links auf der Seite das elektronische Findbuch), https://archive.org/details/maxkowalski

Zahlreiche Einspielungen auf YouTube, https://www.youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_mt9-h1HmthqB0BOxbdaQFownmWCY0FpCU

Werkverzeichnis auf lieder.net, https://www.lieder.net/lieder/get_settings.html?ComposerId=8232

Kowalski, Max, auf dem Kulturportal der Stadt Frankfurt am Main, https://www.kultur-frankfurt.de/portal/de/Startseite/Kowalski2cMax1882-1956/5/2434/75451/mod1981-details1/1159.aspx

(alle Links wurden zuletzt im November 2019 aufgerufen)

 

Axel Feuß, November 2019

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  • Max Kowalski, vermutlich in London um 1950

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