The translation in this language is unfortunately not available at present.

Das Redemptoristenkloster „Maria Hilf“ in Bochum und die Polenseelsorge

Turmspitze des Redemptoristenklosters in Bochum, wenige Wochen vor dem Abbruch des Gebäudes. Juni 2012
Turmspitze des Redemptoristenklosters in Bochum, wenige Wochen vor dem Abbruch des Gebäudes. Juni 2012

Das Kloster der römisch-katholischen Ordensgemeinschaft der „Kongregation des Heiligsten Erlösers“ – der Redemptoristen – am Kaiser-Friedrich-Platz (heute Imbuschplatz) in Bochum wurde 1868 gegründet. Ein Jahr darauf erfolgte die Grundsteinlegung der angrenzenden Kirche, 1870 ihre Weihung. Initiator der Klostergründung war der Bischof von Paderborn, Konrad Martin, der damit einen Beitrag zu Seelsorge und Mission im schnell wachsenden Industrierevier an der Ruhr leisten wollte. Nur wenige Jahre später, 1873, wurde das Kloster im Zuge des Kulturkampfes, also der 1871 einsetzenden und 1887 diplomatisch beigelegten Auseinandersetzung zwischen Preußen bzw. dem Deutschen Kaiserreich und der Katholischen Kirche, geschlossen und die Ordensbrüder und Patres wurden vertrieben, da sie von den preußischen Behörden als ähnlich gefährlich eingestuft worden waren wie die Jesuiten. Die Kirche wurde in den Jahren danach von den Nachbargemeinden, aber auch – speziell seit 1883 – von durchreisenden polnischen Pfarrern für (polnische) Gottesdienste und zur Erteilung der Sakramente genutzt. Das Kloster wiederum diente seit 1885 dem ersten Polenseelsorger für die Diözese Paderborn, Pfarrer Józef Szotowski, als Wohnsitz und Zentrum seiner seelsorgerischen und sozialen Tätigkeit.

Nach dem Ende des Kulturkampfes bemühte sich der Paderborner Bischof, Hubert Theophil Simar, mehrere Jahre lang um die Rückkehr der Redemptoristen nach Bochum. Als Begründung führte er schließlich an, die Redemptoristen in der Polenseelsorge insbesondere in Bochum, Gelsenkirchen, Herne, Wanne und Wattenscheid einsetzen zu wollen, da die seit 1896 dafür zuständigen Franziskaner aus Oberschlesien das Ruhrgebiet nach und nach verlassen hatten. Am 12. Januar 1899 erteilten die zuständigen preußischen Behörden schließlich die Erlaubnis zur Wiederbesiedlung des Klosters, das in unmittelbarer Nähe des sogenannten polnischen Querschlags lag – also der ehemaligen Klosterstraße (heute: Am Kortländer), wo sich unter anderem die Redaktion und die Druckerei des „Wiarus Polski“, die Zentrale der Polnischen Berufsvereinigung ZZP, Filiale der polnischen Bank Robotników (Arbeiterbank), sowie politische und soziale Vereinigungen befanden. Die Erlaubnis zur Wiederbesiedlung ging mit der Zielsetzung einher, Aushilfe in der Seelsorge der polnischen Arbeiterfamilien in Bochum und Umgebung zu leisten. Die subsidiäre Polenseelsorge war somit als zwingende Bedingung für das Fortbestehen des Redemptoristenklosters in Bochum festgeschrieben worden.

Die klar benannte Hauptaufgabe der Redemptoristen blieb in ihrer Form jedoch interpretierbar und sorgte beim Orden für Kopfzerbrechen, da aus den Reihen der zurückgekehrten Ordensbrüder und Patres niemand der polnischen Sprache mächtig war, noch über die spezifischen Formen der Religiosität in den Herkunftsregionen der Ruhrpolen Bescheid wusste. So dauerte es nur wenige Wochen, bis sich die Bochumer Polen beim Paderborner Bischof über den schleppenden Beginn der Polenseelsorge durch die Redemptoristen beschwerten. Daraufhin verpflichtete dieser die Redemptoristen zur Abhaltung einer allsonntäglichen Messe in der Klosterkirche (lateinisches Hochamt) mit anschließender Verkündung des Sonntagsevangeliums samt Predigt und Liedern in polnischer Sprache, was ein großes Problem darstellte. Zwar gab es in Mościsko im habsburgischen Kronland Galizien – also in einem historischen Teil Polens – ein Redemptoristenkloster, jedoch verhinderten preußische Bestimmungen den dauerhaften Einsatz von Priestern aus nicht-preußischen Regionen. Um diese Gesetzeslage zu umgehen, luden die Redemptoristen an Ostern 1899 erstmals den Oberen der Vize-Provinz Polen des Redemptoristenordens, Pater Engelbert Janecek (1848–1908), nach Bochum ein. Als Gast unterlag er den restriktiven preußischen Bestimmungen nicht. Bis Juni 1899 bereiste Pater Janecek die Pfarrgemeinden der Dekanate Bochum und Wattenscheid zwecks Predigt und Spendung der Sakramente und hielt an allen Sonn- und Feiertagen polnische Messen in der Klosterkirche. Im darauffolgenden Jahr kam Pater Janecek an Ostern erneut nach Bochum, um seine Ordensbrüder bei der seelsorgerischen Tätigkeit unter den Ruhrpolen zu unterstützen. Allein in der Osterzeit nahm er etwa 5.000 Beichten ab.

Am 24. Juni 1900 wurde der aus Niederschlesien stammende Pater Paul Meißner (1852–1922) zum hauptamtlichen Polenseelsorger ernannt. Er wurde vom römischen Ordensgeneral persönlich nach Bochum beordert, dem er unmittelbar unterstellt war. Damit wurde er bei möglichen Auseinandersetzungen zwischen dem Orden und staatlichen Polizeiorganen aus der Schusslinie genommen. In den folgenden Jahren erweiterte er die Polenseelsorge, für die ab 1903 drei Patres der Redemptoristen aus Bochum ausschließlich zuständig waren. Einer von ihnen war Pater Theodor Fischer (1871–1941), der aus Herzebrock in Westfalen stammte. Er lernte innerhalb weniger Jahre so gut Polnisch, dass er es beinahe wie eine Muttersprache beherrschte. In dieser Zeit nahm der behördliche Druck auf die Redemptoristen wieder zu, weil sich Teile der Ruhrpolen zunehmend politisierten, mit der Zentrumspartei brachen und seit 1903 einen eigenen Kandidaten für die Reichstagswahlen aufstellten. Ab 1907 beschränkte sich die Polenseelsorge der Redemptoristen auf die Bochumer Klosterkirche. Die Gründe dafür lagen einerseits in der Arbeitsbelastung durch die stetig wachsende Zahl der Polen an der Ruhr und an der zugleich nicht ausreichenden Anzahl polnischsprachiger Patres, andererseits an der ihnen häufig entgegenschlagenden negativen Einstellung der deutschen Pfarrgeistlichkeit sowie antipolnischen Tendenzen vonseiten der preußischen Behörden, die auch die Polenseelsorger beeinträchtigten und ihre Arbeit erschwerten. Eine dieser Maßnahmen war die Versetzung des unter den Polen überaus beliebten Paters Fischer im Jahr 1909, was von den polnischen Gläubigen als weitere Schikane von behördlicher Seite angesehen wurde. Zahlen für die Jahre 1900 bis 1907 lassen zumindest ansatzweise auf den immensen Arbeitsaufwand der Redemptoristen schließen, der sich aus der Polenseelsorge ergab: In diesem Zeitraum wurden jährlich mehr als 100 Predigten gehalten und zwischen 13.000 und 23.000 Beichten abgenommen.

Während des Ersten Weltkrieges wurden die Bochumer Redemptoristen auch über die Grenzen des Ruhrgebietes hinaus in der Polenseelsorge tätig, insbesondere aufgrund der Vielzahl an internierten polnischen Soldaten aus der Zarenarmee. Mit der Wiedererstehung eines polnischen Staatswesens 1918, der Rückwanderung eines beträchtlichen Teiles der Ruhrpolen in die Heimat bzw. ihrer Auswanderung in die französischen, belgischen und niederländischen Kohlenreviere und einer veränderten gesamtpolitischen Lage war die Polenseelsorge im bisherigen Umfang und in dieser Form nicht mehr notwendig, aber auch nicht mehr möglich.

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Bochumer Redemptoristenkloster aufgelöst, und 1943 samt angrenzender Kirche bei einem alliierten Bombenangriff völlig zerstört. Im Jahr 1950 begann der Wiederaufbau des Klosters und der Kirche, der Mitte der 1950er Jahre abgeschlossen wurde. Der Neubau wich stark vom ursprünglichen Bau ab. Nachdem die Priester der Gesellschaft der Christväter für Polen im Ausland (polnisch: Towarzystwo Chrystusowe), die bereits seit 1943 die Seelsorge für die polnischen Zwangsarbeiter an der Ruhr und nach 1945 auch für die polnischen Displaced Persons anboten, diese auch für die sogenannte alte Polonia und Flüchtlinge aus der Volksrepublik Polen sowie für die Aussiedler aus Polen insbesondere der 1970er und 1980er Jahre übernommen, ihre Seelsorgetätigkeit umgestaltet und die Polnische Katholische Mission (PKM) gegründet hatten, wurde auch das Redemptoristenkloster wieder zu einem geistlichen Zentrum der Polen in Bochum und Umgebung. In der Klosterkirche fanden allsonntäglich und an Feiertagen polnische Messen statt. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts zog die polnische Gemeinde Bochums in die unweit der Klosterkirche gelegene St. Joseph-Kirche, die sie für die dauerhafte Nutzung zugesprochen bekommen hatte – womit der Abbruch dieser Kirche verhindert worden war. Zu diesem Zeitpunkt spekulierte man aufgrund der Überalterung der Patres und des mangelnden Nachwuchses bereits seit Jahren über die Aufhebung des Klosters. Im Jahr 2010 erging schließlich die offizielle Bestätigung der Aufhebung und des Abbruchs des Klosters und der Klosterkirche. Am 16. Januar 2011 fand die letzte Messe mit der Profanierung des Kirchenbaus statt, bevor im Jahr 2012 der Abriss erfolgte, der zugleich der mehr als 120 Jahre andauernden Polenseelsorge durch die Redemptoristen bzw. in den sakralen Bauten des Ordens ein Ende setzte. Auf dem Areal entstand ein Altenheim, der Klostergarten blieb zum Teil erhalten.

 

David Skrabania, November 2018

 

Literatur:

Brandt, Hans Jürgen (Hg.): Die Polen und die Kirche im Ruhrgebiet 1871-1919. Ausgewählte Dokumente zur pastoral und kirchlichen Integration sprachlicher Minderheiten im deutschen Kaiserreich, Bd. 1, Münster 1987, S. 16–19.

http://pmk.pmk-bochum.de/historia-pmk-bochum/ [aufgerufen am: 29.10.2018].

https://www.bistum-essen.de/fileadmin/bereiche/ruhrbischof/110116-Profanierung_Redemptoristen_Klosterkirche_Bochum__16._01.11_12.01.11.pdf [aufgerufen am: 07.11.2018].