Kann Radio eine Frau sein? Roma Stacherska-Jung und ihre polnische Sendung im Radio Duisburg
Die polnische Sendung im Radio Duisburg hängt an der Person von Roma Stacherska-Jung. Nicht nur, weil sie die Chefin der polnischen Redaktion und die Stimme der Sendung ist, und auch nicht, weil sie die Sendung selbst vorbereitet und mit Musik unterlegt. Roma Stacherska-Jung hat das Format gewissermaßen auf die Welt gebracht. Auf jeden Fall aber ist sie die Mutter (oft eine sehr einsame) des einzigen Live-Programms in polnischer Sprache, das im deutschen Privatradio im Ruhrgebiet ausgestrahlt wird und hauptsächlich für die hier lebenden Polinnen und Polen sowie für Menschen „polnischer Zunge“ gedacht ist.
In dieser Sendung wird keine Politik gemacht, es werden keine Nachrichten wiederholt, es gibt keine Werbung und keine Agitation. Es ist ein Programm über uns (die Eingewanderten) und für uns (die Ankömmlinge aus Polen), das fast jeden Dienstag um 21:04 Uhr auf Sendung geht. Dabei ist eine Kuriosität, dass die Sendungen seit Beginn an von Deutschen produziert werden, die kein Wort von dem verstehen, was da gesagt wird. Laut Isabell Steinwerth, der besten aller Technikerinnen, die seit 2008 mit der Redakteurin Roma Stacherska-Jung zusammenarbeitet, tritt in der Sendung sogar noch eine dritte Spielart der Kommunikation zu Tage. Eine, in der Worte und Gesten überflüssig werden und in der selbst die raffiniertesten Montagen und Töne reibungslos in den Äther gehen... Es ist die Zaubersprache der Radioleute.
Roma Stacherska-Jung ist dank ihrer Ausbildung, vor allem aber dank ihrer langen Erfahrung und ihrer Leidenschaft für den Beruf, Journalistin durch und durch. Ihr Radioabenteuer begann in den 1980er Jahren als Studentin der Polonistik an der Universität Wrocław (Breslau) beim Studentenradio „Iglica“. Sie war fasziniert von der geheimnisvollen Welt des Rundfunks, von der Montagetechnik und davon, was man mit einer aufgenommenen Aussage alles machen kann. Live-Sendungen lagen ihr nicht, doch ihr Debüt hat sie dann doch in einem Beitrag über ihren Lieblingsinterpreten Stevie Wonder gegeben. Musik war schon immer sehr wichtig für sie, weshalb sie es bis heute bedauert, erst den Klavierunterricht und dann die Ausbildung an der Gitarre aufgegeben zu haben... Immerhin stellte ihre Mitarbeit im dritten Programm des polnischen Rundfunks, ihre Mitwirkung am TV-Unterhaltungsprogramm „Jarmark“ und jede Beschäftigung, die mit Musik zu tun hatte, eine Ergänzung zu ihrer „literarischen“ Berufung dar.
Der Durchbruch in ihrer Karriere gelang Roma Stacherska-Jung nach dem Praktikum mit ihren Beiträgen zur Kultsendung „Lato z Radiem“ („Der Sommer mit dem Radio“), die bereits seit 1971 aus Warschau (Warszawa) ausgestrahlt wird. In der Redaktion dieser Sendung waren die bekanntesten Vertreter des damaligen Journalismus, Meister des Radio-Fachs wie Tadeusz Sznuk, Andrzej Matul, Wiktor Nidzicki und viele andere mehr tätig. Dort, während Unmengen von Kaffee aufgebrüht wurden, erlebte Roma Stacherska [damals noch ohne Doppelnamen – Anm. d. Übers.] hautnah die Entstehung von Live-Sendungen und sie lernte die Atmosphäre in den Redaktionsbüros kennen. Vor allem aber ist sie dort ihrer Radiomentorin Małgorzata Kamykowa begegnet. Roma Stacherska-Jung bekräftigt heute noch, dass sie ihrer „Radio-Mutter“ die Einstellung zum Beruf, den Mut, die Redlichkeit und die Vorsicht verdankt, keine vorschnellen Urteile zu fällen... Dort kam sie auch mit dem unvergesslichen dritten Programm des Polnischen Radios und seinen legendären Moderatoren Piotr Kaczkowski, Marek Niedźwiecki und Wojciech Mann in Berührung.
Bei alledem ist paradox, dass ihr heutiges Markenzeichen, die tiefe, ausgesprochen radiotaugliche Stimme, die auch als „Damen-Bass“ bezeichnet wird, bei der Redaktionsleitung von „Lato z Radiem“ keine Würdigung erfuhr und sie trotz bestandener schwieriger Prüfung für den „Mikrofon-Ausweis“ lernen musste, höher zu intonieren, um auf Sendung gehen zu dürfen...
Im TV wirkte Roma Stacherska an dem damals sehr populären Musik-Programm des polnischen Fernsehens „Jarmark“ mit, das von den hervorragenden Journalisten Krzysztof Szewczyk, Wojciech Pijanowski und Włodzimierz Zientarski zusammengestellt wurde. Danach kam sie zu einem weiteren legendären Programm, dem „Teleexpress“, und traf dort auf eine der bekanntesten Persönlichkeiten im polnischen Fernsehen, den damaligen Chef des Warschauer TV-Senders Józef Węgrzyn, der Dauerbrenner wie „Teleexpress“, „Kurier Warszawski“, „Panorama“, „Nagroda Viktora“ und viele andere schuf, einen Mann, der in bewegten Bildern dachte, der Film lebte und den das tiefe Timbre von Roma überhaupt nicht störte. Damit stand einer vielversprechenden Berufskarriere von Roma Stacherska nichts mehr im Wege...
Auf die Frage, warum sie dann doch nach Deutschland kam, antwortet Roma Stacherska-Jung mit einem Lächeln und sagt, es sollte nur ein kurzer „Arbeitsbesuch“ sein, der sich unerwartet ein wenig verlängert hat. Dafür gab es keine logischen Gründe. Es gab aber welche, die unlogisch... also emotional... motiviert waren.