Roland Schefferski, Money, Eternity, Sex, 1998
Die Arbeit „Money, Eternity, Sex“ (1998) war im Jahr 2000 in der Ausstellung „Geschehnisse, die ungenannt bleiben“ im Museum Ostdeutsche Galerie in Regensburg zu sehen, die der Künstler dort aus Anlass der Verleihung des Förderpreises zum Lovis-Corinth-Preis der Künstlergilde Esslingen zeigte und die von einem Katalog begleitet wurde. Sie war dort Teil eines zweiteiligen Ensembles, in dem Schefferski mit Objekten arbeitete, die Paradigmen bürgerlicher Lebenswirklichkeit sind. Aus dem Bereich bürgerlichen Wohnens stammten ein Büfett, Sammlungsvitrinen, Glasstürze und Schatullen, Waschtische, Küchenschränke, ein Handtuchhalter und das „Paradehandtuch“. Typisch bürgerlich waren schwarzsamtene Damenkostüme mit zugehörigen Kleiderbügeln und Schuhen, Zylinder und Zeitung, Fotos, Bilderrahmen und Medaillons, Nähzeug und Seidenstoff. In dem kubischen weißen, nahezu neutralen Ausstellungssaal bildete Schefferski mit Vorhängen in den Nationalfarben zwei neue Räume, einen „polnischen“ auf der einen, einen „deutschen“ auf der anderen Seite. So kamen der Geldschein, die Fotos und das „Paradehandtuch“ auf der polnischen Seite tatsächlich aus Polen. Die Damenkostüme auf der deutschen Seite stammten aus dem Berlin der Dreißigerjahre. Eine Zeitungsausgabe des Sunday Dispatch berichtete aus den Tagen nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht ins Sudetenland im Oktober 1938, Zeitungen aus den Fünfzigerjahren über den dritten Parteitag der DDR und über Reaktionen der Alliierten aus Westberliner Sicht. Ein Glassturz konservierte unter dem Titel „Zehngebote“ Tücher mit dem Porträt von Karl Marx, eine Glasschatulle von einem Toilettetisch eine Fahne der DDR.
Auf beiden Seiten gab es weitere politische Anspielungen. Aus einem Einhundert-Złoty-Schein war das Wort „Proletaryat“ herausgeschnitten, das sich als Medaillon gerahmtes Souvenir auf der deutschen Seite wiederfand. Von den „rein gewaschenen“ polnischen Nationalfarben schien noch Wasser in die darunter aufgestellten Schüsseln zu tropfen. Ironie der Geschichte war auch auf der deutschen Seite zu sehen: Die Damenkostüme aus den Dreißigerjahren unter dem Titel „Kommen und Gehen“ hingen auf Bügeln aus Danzig und Gleiwitz, Städten, die heute in Polen liegen. „Ausgelöschte Bilder“ der Stadt Danzig aus den Jahren vor ihrer Zerstörung waren auf der deutschen Seite zu finden. Durch die Positionierung von Objekten aus verschiedenen Zeitstellungen schuf Schefferski Orte, an denen die enge historische Verflechtung der beiden Nationen zum Ausdruck kam und durch die der Betrachter die gemeinsame deutsch-polnische Geschichte neu erlebte. Teil dieser gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichte war die Arbeit „Money, Eternity, Sex“, die den allgemeinen Wertewandel in beiden Staaten gleichermaßen symbolisierte.
2002 trug Schefferski das Hauptmotiv des Handtuchs, den fotografierten zentralen Ausschnitt mit dem Trompetenengel, den Blütenranken und dem gestickten polnisch- und englischsprachigen Text, symbolisch nach Polen zurück. Auf Einladung der 1998 gegründeten Zewnętrzna Galeria AMS (AMS Outdoor Gallery), einer Kunstinitiative der Werbetafeln und Citylights produzierenden Firma AMS in Poznań (siehe Wikipedia-Artikel „Galeria Zewnętrzna AMS“) zeigte Schefferski das Motiv auf riesengroßen Werbetafeln (Billboards) in vierhundert Städten in ganz Polen. Für den Betrachter konfrontierte er dort den „Dreiklang“ der christlichen Tugenden „Glaube, Hoffnung, Liebe“ mit den neuen Idealen der gegenwärtigen polnischen Gesellschaft Geld, ewiges Leben und Sex - nicht um eine Antwort auf drängende ethische Fragen zu geben, sondern um auf die Konkurrenz der Wertesysteme und den Zwiespalt zwischen kultureller und gegenwärtiger Identität aufmerksam zu machen. 2004 zeigte Schefferski die Billboard-Aktion im Rahmen der Ausstellung „L’ART dans la ville. La Pologne sur les murs“, die die Zewnętrzna Galeria AMS in der französischen Stadt Boulogne-Billancourt mit achtzehn polnischen Künstlern und deren Billboard-Aktionen veranstaltete. Der begleitende Katalog dokumentierte Schefferskis Arbeit unter dem französischen Titel „Foi, Espoir, Amour“.