The translation in this language is unfortunately not available at present.

Der Autor und Filmemacher Konrad Bogusław Bach – Zwischen Polen und Deutschland

Konrad Bogusław Bach, Foto: Alessandro Sgarito, 2023
Konrad Bogusław Bach

Theologie und Theater, Dissertation und Kurzfilme – wer glaubt, damit wären Bachs Tätigkeitsfelder abgesteckt, irrt. Tatsächlich studierte der Wahlberliner „nebenbei“ auch noch Klassische Philologie, ein für ihn faszinierendes Fach, das er als Theologiestudent kennenlernte. Es ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil Bach während der Arbeit an seiner Dissertation auch noch eine Lehramtsausbildung macht und schließlich ein Staatsexamen als „Master of Education“ ablegt. Grund dafür sind pragmatische Überlegungen, die Bach trotz seiner romantischen Ader, nie ganz aus den Augen verliert. Auf einen Theologen und Theaterwissenschaftler warten nicht gerade gesicherte Jobs, und für eine Karriere als Regisseur hätte Bach wohl besser Regie studiert und schon mit Anfang 20 an Berliner Bühnen hospitiert. Sein Referendariat macht Bach am Heinrich-Schliemann-Gymnasium in Prenzlauer Berg, wo er mit großer Freude Latein und Altgriechisch unterrichtet. Danach arbeitet er über zwei Jahre an einer Grundschule im Wedding, wo er mit seiner Frau und seiner 2014 geborenen Tochter auch lebt. Dort unterrichtet er natürlich keine antiken Sprachen. Jetzt geht es um Mathe, Kunst und Sport. In einer AG „griechische Mythen“ weckt er aber bei manchen Schüler:innen das Interesse an alten Sagen, wie sie ihn selbst als junger Mensch begeistert haben. Und in einer Schach-AG kann er weitergeben, was er von seinem Opa gelernt hat. Auch die Erika-Mann-Grundschule hat Konrad Bach in guter Erinnerung: „Tolle Schulleitung, gute Konzepte und direkt bei mir im Viertel!“

Heute unterrichtet Bach in einem Gymnasium in Frankfurt an der Oder. Er lebt jedoch mit seiner Frau und mittlerweile vier Kindern in Gubin, einer polnischen Grenzstadt mit gut 16.000 Einwohner:innen. Seine Frau arbeitet als Grundschullehrerin in Guben, reist für ihren Beruf also auch auf die deutsche Seite der Grenze. Die Kinder gehen in Polen in den Kindergarten und in Deutschland zur Schule. Freunde und Verwandte hat die Familie auf beiden Seiten. Konrad Bach sagt: „Ich kann wirklich von mir behaupten, dass ich in und zwischen den beiden Ländern lebe.“ 

Da passt es, dass das 2022 veröffentlichte Romandebüt des 40-Jährigen polnisch-deutsche Beziehungen zum Thema hat. „Der Wisent“ ist eine von der Jürgen-Ponto-Stiftung geförderte „Road Novel“: Heniek, ein Mechaniker Anfang 60, wurde nach 36 Jahren von seiner Frau verlassen. Nun macht er sich mit dem Tischler Andrzej im Auto auf den Weg nach Holland, um sie zurückzuholen. „Ich wollte einen europäischen Heimatroman schreiben“, erklärt Bach. „Letztlich bleibt es dann bei Polen und Deutschland, aber es kommen zum Beispiel Menschen aus Spanien oder Griechenland vor. Und eben Holland.“ Einen wichtigen Impuls für den Stoff gaben drei Männer, denen Bach am zweiten Tag einer ausgelassenen polnischen Hochzeit beim Konterbier zuhörte. „Sie sprachen auf eine Weise über Weltpolitik, die in mir etwas ausgelöst hat“, sagt Bach. „Es gibt einen bestimmten Typus des provinziellen polnischen Mannes, der mich amüsiert und anrührt. Denen wollte ich ein Denkmal setzen, das die Leser auch amüsiert und anrührt.“ Was aber hat es mit dem titelgebenden Wisent auf sich? Konrad Bach erzählt, dass im September 2017 ein Wisent durch Polen lief und dabei eine kleine Berühmtheit wurde. Als das eindrucksvolle Tier über die Grenze nach Deutschland lief, wurde es dort sofort erschossen. „Diese Geschichte finde ich fast metaphorisch. Ganz abgesehen vom Europa-Mythos mit dem Stier.“

Geschrieben hat Bach den Roman vor allem bei seinen täglichen Zugfahrten von Gubin nach Frankfurt an der Oder. „Das waren so 40-Minuten-Fahrten“, sagt er. „Deswegen besteht der Roman auch aus kleinen, schnellen Einheiten.“ Hinter dem Roman steckt auch Bachs Wunsch, das Polnische und das Deutsche in sich miteinander zu verbinden. Und der Wunsch, dass sich die Menschen beider Länder auf Augenhöhe und mit Neugier begegnen. Er sagt: „Viele Polen sind sehr herzlich, unmittelbar und direkt. Sie haben die Fähigkeit, sich nicht zu langweilen, und die Bereitschaft, sich mit anderen eine gute Zeit zu machen. Das tut auch Deutschen gut.“ Über die Deutschen sagt er: „Es mag heute abwegig klingen, aber ich nehme sie als überaus weltoffen wahr. Und sie sind intellektuell sehr aufgeschlossen. Es gibt ja neben der preußischen Tradition auch das romantische Deutschland voller Phantasie und Naturliebe. Da könnten sich die beiden Mentalitäten sehr gut ergänzen.“    

Derzeit arbeitet Konrad Bach an einem neuen Projekt, will darüber aber noch nichts verraten. 

 

Anselm Neft, Juni 2024

Media library
  • Buchumschlag

    Konrad Bogusław Bach: Der Wisent, München 2022