Stryjeńska, Zofia
Stryjeńska, Zofia (geborene Zofia Lubańska, „Tadeusz von Grzymala“), polnische Malerin, Grafikerin, Bühnenbildnerin und Designerin, Mitglied der „Münchner Schule“. 1911/12 in München an der Akademie der Bildenden Künste und im Kreis um Wassily Kandinsky. *13.5.1891 Krakau, †28.2.1976 Genf. Tochter des Präsidenten der Krakauer Handelskammer, Tadeusz Grzymała Lubański, und seiner Frau Anna, geborene Skrzyńska, vier Geschwister; Ehefrau des Architekten Karol Stryjeński (1887-1932), drei Kinder. Nach vorübergehendem Besuch der Krakauer Handwerksschule, des Lehrerkollegs und der privaten Kunstschule des Malers Leonard Stroynowski (1858-1935) besucht Zofia Lubańska ab 1909 die Frauenkunstschule von Maria Niedzielska/Szkoła Sztuk Pięknych dla Kobiet Marii Niedzielskiej, die sie im Anschluss an eine Reise nach Wien, Triest und Venedig 1910 im darauffolgenden Jahr mit einer Silbermedaille für Malerei und angewandte Kunst abschließt. Am 28.10.1911 Eintritt in die Zeichenklasse von Gabriel von Hackl (1843-1926) an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München in Männerkleidern und mit dem Reisepass Ihres Bruders Tadeusz Grzymała unter dem Namen „Tadeusz von Grzymala“, da Frauen zu dieser Zeit an der Münchner Kunstakademie nicht studieren dürfen. Sie verkehrt im Kreis um Wassily Kandinsky, interessiert sich für Tanz, Ballett und die Rhythmus-Theorien des Schweizer Komponisten und Musikpädagogen Émile Jaques-Dalcroze (1865-1950). 1912 wird ihre Rolle als Mann enttarnt und sie geht zurück nach Krakau, wo sie sich der Malerei und der Literatur widmet. Eine Ausstellung von 18 noch in München geschaffenen Kartons mit dekorativen Szenen aus polnischen Volksmärchen 1912 in der Krakauer Gesellschaft der Freunde der Schönen Künste/Towarzystwo Przyjaciół Sztuk Pięknych w Krakowie verschafft ihr beim Publikum und in der Pressekritik große Popularität. In der Folge erhält sie erste Aufträge für Wandgemälde. Sie knüpft enge Kontakte zur Künstlergemeinschaft der 1913 gegründeten Krakauer Werkstätten/Stowarzyszenie Warsztaty Krakowskie, die sich für die Erneuerung der handwerklichen Kunst und des Kunstgewerbes auf den Grundlagen der Volkskunst einsetzen. Schließlich knüpft sie Verbindungen zu literarischen und künstlerischen Kreisen wie dem Dichter Tadeusz Boy-Żeleński (1874-1941) und dem Schlachtenmaler Wojciech Kossak (1857-1942, Mitglied der „Münchner Schule“). Während des Ersten Weltkriegs arbeitet sie weiter an Illustrationen zu Märchen und musikalisch-literarischen Genres, entwirft Kostüme und Bühnenbilder für Märchenaufführungen an Theatern. Im November 1916 heiratet sie den Architekten Karol Stryjeński (Scheidung 1927). 1918 wird sie Mitglied der Krakauer Werkstätten, entwirft Wandteppiche, Theater- und Ballettdekorationen und ‑kostüme, Spielzeug sowie Puppen in regionalen Trachten. 1918 pflegt sie enge Kontakte zu den polnischen Futuristen der Gruppe Gałka Muszkatułowa um den Maler und Dichter Tytus Czyżewski (1880-1945). 1920/21 ist sie auf zahlreichen Ausstellungen in Krakau, Venedig und Paris vertreten. 1922 schließt sie sich der Künstlervereinigung Rytm/Stowarzyszenie Artystów Polskich „Rytm” an, deren Mitglieder zwar aus verschiedenen künstlerischen Traditionen stammen, jedoch gemeinsam eine Erneuerung der dekorativen Künste auf den Grundlagen der Volkskunst propagieren. Mit ihnen stellt S. bis 1929 aus. 1923 zieht sie mit ihrer Familie nach Zakopane, wo sie sich mit dem Schriftsteller Stanisław Ignacy „Witkacy“ Witkiewicz (1885-1939) und dem Maler Rafał Marceli Malczewski (1892-1965) anfreundet. 1925 ist sie mit dem von ihr ausgestalteten polnischen Pavillon auf der Exposition internationale des Arts Décoratifs et industriels modernes in Paris vertreten, in dem sie sechs großformatige Gemälde vom Landleben im Wechsel der Jahreszeiten zeigt. Ausgezeichnet mit dem Grand Prix für Malerei, Plakatkunst, Illustration und Textilentwürfe, einem Ehrendiplom in der Sparte Spielzeug und ernannt zum Chevalier de la Légion d’Honneur, erhält sie in der Folge in Polen zahlreiche staatliche Aufträge für Gemäldezyklen, Fassadendekorationen an Warschauer Bürgerhäusern und Salon-Ausstattungen von Ozeanschiffen.