Goldberg, Szymon

Szymon Goldberg, um 1924 in Berlin
Szymon Goldberg, um 1924 in Berlin

Goldberg, Szymon, polnisch-jüdisch-amerikanischer Violinist und Dirigent. Ab 1918 Geigenunterricht in Berlin. 1925-29 Konzertmeister der Dresdner Philharmonie, 1929-34 des Berliner Philharmonischen Orchesters. Mitglied eines Streichtrios, Rundfunkauftritte. *1.6.1909 Włocławek, †19.7.1993 Toyama/Japan. Erste Ausbildung bei dem Geigen- und Kammermusik-Lehrer Mieczysław Michałowicz (1872-nach 1935) am Konservatorium/Instytut Muzyczny in Warschau. 1918 beginnt er in Berlin im Alter von neun Jahren ein Violinstudium bei dem Violinisten Carl Flesch (1873-1944) und damit eine Karriere als Wunderkind: 1921 debütiert er in Warschau, 1924 tritt er mit großem Erfolg in Berlin auf. 1925-29 Konzertmeister der Dresdner Philharmonie, mit der er auch als Solist auftritt. Mit Mitgliedern der Dresdner Philharmonie bildet er das Simon-Goldberg-Quartett und später das Streichquartett der Dresdner Philharmonie. Zusammen mit dem Pianisten Paul Aron (1886-1955) beteiligt er sich 1928 und 1930 an der Konzertreihe Neue Musik Paul Aron. 1929-34 wird er auf Wunsch des Dirigenten Wilhelm Furtwängler (1886-1954) Konzertmeister des Berliner Philharmonischen Orchesters. Daneben Kammermusik: 1930-33 Streichtrio mit Paul Hindemith (1895-1963) und Emanuel Feuermann (1902-1942), das 1931/32 mit Werken von Beethoven, Reger und Schubert auch im Rundfunk auftritt. Ab 1934 Berufsverbot durch die Nationalsozialisten und Verlust der Orchesterstelle; letzte Konzerte in Deutschland für die Jüdische Winterhilfe in der Berliner Synagoge Lindenstraße und gemeinsam mit Aron in Dresden für die Dresdner Künstlerhilfe. Flucht über London nach Tremezzo am Comer See. 1934-40 Konzertreisen durch Europa, die USA und Asien im Duo mit der Pianistin Lili Kraus (1905-1986), 1938 unter anderem in New York. 1942 wird er während einer Konzertreise durch Indonesien von japanischen Truppen auf Java interniert und bleibt bis 1945 in Haft. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs unternimmt er Konzertreisen durch Europa, Israel, Nord- und Südamerika sowie Südafrika. 1953 nimmt er die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an, hält 1951-65 im Rahmen des Aspen Music Festivals Meisterkurse für Violine und Kammermusik ab und bildet zusammen mit Victor Babin, William Primrose und Nikolaj Graudan ein viel beachtetes Festival-Quartett. 1955 wird er zum Dirigenten des neu gegründeten Niederländischen Kammerorchesters/Nederlands Kamerorkest in Den Haag berufen, mit dem er in den Niederlanden, Israel und Amerika konzertiert, als Geigerdirigent in Violinkonzerten von Bach und Mozart auftritt und das er bis 1977 leitet. Außerdem tritt er als Solist und Gastdirigent mit dem London Symphoy Orchestra, dem BBC Symphony Orchestra, dem Cleveland Orchestra, dem Chicago und dem Boston Symphony Orchestra auf. 1977-80 Leiter der Manchester Camerata. In den USA leitet er Meisterkurse für Violine und Kammermusik: 1978-82 Yale University, ab 1978 Juilliard School of Music, ab 1981 Curtis Institute of Music, ab 1981 Manhattan School of Music. 1988 heiratet er die Pianistin Miyoko Yamane, mit der er in Philadelphia lebt. 1990 bis zu seinem Tod leitet er das New Japan Philharmonic Orchestra in Tokyo und bekleidet eine Gastprofessur an der Toho Gakuen School of Music. Ab 1992 ist er gemeinsam mit seiner Frau, die später seinen Nachlass verwaltet, in Toyama ansässig. Die von ihm gespielte Violine ist eine als „Baron Vitta“ bekannte Guarneri del Gesú von 1734, die sich seit 2006 in der Library of Congress in Washington befindet.

Antisemitische Publikationen:

Brückner-Rock. Judentum und Musik mit dem ABC jüdischer und nichtarischer Musikbeflissener, begründet von H. Brückner und C.M. Rock, bearbeitet und erweitert von Hans Brückner, 3. Auflage, München 1938, Seite 96 (Goldberg, Simon)

Lexikon der Juden in der Musik. Mit einem Titelverzeichnis jüdischer Werke. Zusammengestellt im Auftrag der Reichsleitung der NSDAP auf Grund behördlicher, parteiamtlich geprüfter Unterlagen, bearbeitet von Theo Stengel und Herbert Gerigk = Veröffentlichungen des Instituts der NSDAP zur Erforschung der Judenfrage, Band 2, Berlin 1940, Spalte 85 (Goldberg, Simon)

Literatur:

Riemann Musiklexikon. Personenteil A-K, Mainz 1959, Seite 649

Bernard Gavoty / Maria Austria: Szymon Goldberg (Great Concert Artists), Genf 1961

Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik begründet von Friedrich Blume, herausgegeben von Ludwig Fischer, 2. Ausgabe, Kassel, Stuttgart und andere, 2002, Personenteil 7, Spalte 1233 f.

Online:

Agata Schindler: Szymon Goldberg, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, herausgegeben von Claudia Maurer Zenck und Peter Petersen, Universität Hamburg 2006, https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00001360 (dort weitere Quellen und Literatur)

Discografie auf discogs.com, https://www.discogs.com/de/artist/1043922-Szymon-Goldberg?page=1

Wolfgang Hentrich: Die Dresdner Philharmonie begegnet ihrer Orchestertradition in Tokyo (2013), https://www.dresdnerphilharmonie.de/ontour/japan-szymon-goldberg

Der Szymon-Goldberg-Award Meissen:

„Die Internationale Musikakademie Meissen e.V. schrieb im Jahre 2009 aus Anlass des 100. Geburtstages des Geigers Szymon Goldberg erstmalig einen internationalen Wettbewerb für Violine um den Szymon-Goldberg-Award Meissen aus. Ab dem Jahr 2015 gibt es ebenfalls einen Wettbewerb für Viola. Der Wettbewerb Szymon-Goldberg-Award Meissen richtet sich an junge Geigerinnen und Geiger und an junge Bratschistinnen und Bratschisten und möchte getreu den Zielen der Internationalen Musikakademie Meissen e. V. ein Podium für TeilnehmerInnen aus aller Welt sein. Neben der Erringung von Preisen werden die Möglichkeit zur Präsentation vor einer renommierten Jury und das Sammeln von Erfahrungen auf dem künstlerischen Entwicklungsweg der TeilnehmerInnen geboten. Szymon Goldberg (1909-1993) wurde bereits im Alter von 16 Jahren Konzertmeister der Dresdner Philharmonie und trat in seiner folgenden weltweiten Karriere besonders als Solist, Pädagoge und Orchesterleiter in Erscheinung. Goldbergs Vermächtnis umfasst bis heute beispielhafte Aufnahmen, die seine Ansprüche an den kammermusikalischen Geist der Musik ebenso wiedergeben wie sein ausgeprägtes Engagement für zeitgenössische Musik. Der Wettbewerb um den Szymon-Goldberg-Award Meissen richtet sich daher besonders an junge MusikerInnen und nimmt in seiner Werkwahl Bezug auf das Wirken dieser Geigerpersönlichkeit.“ http://www.goldberg-musik.com/41353/home.html

(alle Links wurden zuletzt im November 2019 aufgerufen)

 

Axel Feuß, November 2019

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