Stalag XI A Altengrabow
Nach den Russen waren die Polen am meisten von Verfolgung, Strafmaßnahmen wie Zuteilungen zu Strafarbeitskommandos und dem Aussetzen oder Erschweren der Korrespondenz mit dem internationalen Roten Kreuz in Genf betroffen. Die gefangengenommenen Polen sahen mit Schrecken, in welch fatalem Zustand sich die angekommenen Gefangenen des Warschauer Aufstandes befanden. Nachdem alle gefangenen Ärzte solidarisch dafür eintraten, wurde die für neue Ankömmlinge zurückgehaltende Nahrungsreserve unter ihnen verteilt. Insgesamt gelangten 2.655 Kriegsgefangene des Aufstandes ins Stalag XI A, darunter auch Frauen und Kinder. Die Transporte wurden von ärztlichem Personal, von Pflegerinnen und Sanitäterinnen begleitet. Es handelte sich um Kranke und Verletzte der aufständischen Krankenhäuser.
Meldungen mit Bitte um Medikamente und Hygieneartikel vor allem für Schwangere konnten mittels einiger wohlgesonnener Deutscher nach Genf übermittelt werden. Es gab keinerlei Bemühungen, um auch nur ansatzweise die Verpflichtungen der von der Wehrmacht unterzeichnete Kapitulation einzuhalten. Es kam zu einer Handlung der Solidarität: Belgier, Franzosen, Engländer, Italiener, und Niederländer gaben Teile ihrer Reserven den Aufständischen, die vor Tagen noch gegen die Deutschen gekämpft hatten. Auch polnische Arbeitskommandos des Geländes organisierten sich und ließen ihnen teilweise ihre Verpflegung sowie Unterwäsche und Kleidung zukommen. Aus dem 60 km entfernten Tuberkuloselazarett in Tangerhütte begannen Gaben in Form von Essen, Kleidung und Paketen einzutreffen. Die Lagerleitung reagierte mit der Formierung weiterer Arbeitskommandos. Einige Tage nach der Ankunft der ersten Transporte wurden die ersten 950 für gesund befundenen Aufständischen zur Arbeit geschickt. Zehn Minderjährige wurden in ein ziviles Arbeitslager in Magdeburg, weitere 44 zu Arbeiten im Harzgebirge abtransportiert. 50 Frauen, auch solchen mit Offiziers- und Unteroffiziersrang, wurde der Kriegsgefangenenstatus aberkannt. Unter Androhung von Waffengewalt mussten sie in die Wagen für einen Transport zu Arbeitsplätzen steigen. Nach mehrfacher Arbeitsverweigerung kehrten sie zurück und so wie alle Soldatinnen des Aufstandes anderer Lager mussten sie im Dezember 1944 ins Straflager VI C Oberlangen.
Am 3. Mai 1945 erreichten die Amerikaner das Lager. Die Evakuierung der gefangenen Westalliierten begann unverzüglich. Entgegen früherer Beschlüsse (Russen, Polen und Jugoslawen sollten bleiben und von dort aus in ihre Heimatländer zurück) fuhren bereits mit dem ersten Transport in Richtung Magdeburg ungefähr 200 Aufständische. Nach langen Bemühungen exhumierten die westlichen Alliierten ihre Toten und verlegten die Gräber in die Heimat oder auf deutsche Kriegsgräber in nationale Gräberfelder. Die Russen verlegten 2.000 Gräber, die innerhalb einiger Monate auf dem Gelände gefunden wurden, nach Berlin und Umgebung auf russische Kriegsgräberstätten. Auf dem ehemaligen Garnisonsfriedhof blieben die Gräber der polnischen, jugoslawischen und italienischen (sie gelangten erst 1994 nach Italien) Kriegsgefangenen zurück, vergessene Gräber, nach denen jahrzehntelang niemand fragte. Zusammen mit der Dokumentierung verschwand der Friedhof, zerfahren durch die Panzer mehrerer Panzerdivisionen der sowjetischen Armee, die bis zur Wiedervereinigung Deutschlands auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow stationiert war.
Durch die Initiative zweier Einwohner umliegender Ortschaften, Udo Geißer und Toni Haderer, entstand das erste Denkmal, das sich außerhalb des Übungsplatzgeländes befindet: Ein Findling, darauf eine Metallplatte mit der Aufschrift Stalag XI A 1939–1945. Ihr Verein erlangte die Anerkennung und Unterstützung seitens der Kommune, der lokalen Politik und des Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Ein Ziel des Vereins ist das Wiederfinden des ehemaligen Garnisonsfriedhofes, auf dem unter anderem dutzende Polen ruhen, und den Westfriedhof, auf dem sich wahrscheinlich 52 Gräber von Soldaten des Warschauer Aufstandes befinden. An einem Versuch, den verschollenen Friedhof ausfindig zu machen, nahmen Vertreter des Innenministeriums Sachsen-Anhalts, die Magdeburger Abteilung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., die Leitung des Truppenübungsplatzes und der Förderverein Gedenkstätte Kriegsgefangenenlager Stalag XI A Altengrabow e. V. teil. Der Suche wohnte ein Vertreter der polnischen Botschaft in Berlin bei, doch das Unternehmen scheiterte. Am 1. September 2010, zum 70. Jahrestag des Kriegsausbruches, wurde ein neues Denkmal enthüllt.
Die Namensliste der auf dem verschollenen Friedhof begrabenen Aufständischen:
TRZMIEL WŁADYSŁAW Schütze
† 4.9.1944 (?)
POSMYCH RYSZARD
17 Jahre alt, † 7.10.1944
GRATOWSKA JADWIGA
42 Jahre alt, † 8.10.1944 (auf der Bestattetenliste der Lagerführung vom 27.11.1944 aufgeführt als Grabowski Adela * 1902 † 7.10.1944)
GRANOS FELIKS Oberfeldwebel, Pseudonym Zamek
* 17.5.1902
† 08.10.1944
ZAŁĘSKI STANISŁAW Rittmeister, Pseudonym Prus
* 06.1.1907
† 08.10.1944
SZYMEK WŁODZIMIERZ
* 14.1.1899
† 9.10.1944
KOBIERSKI ROMAN Leutnant
* 15.1.1910
† 10.10.1944
REWKOWSKA MARIA EWA Schützin, Pseudonym Maryla
* 12.9.1918 Jekaterinoslaw
† 10.10.1944
KLEINSZMIDT BRONISŁAW Unteroffizier, Pseudonym Maciej
† 14.10.1944
SADKIEWICZ ZDZISŁAW Fähnrich
* 5.2.1903
† 10.10.1944
GEBETHNER TADEUSZ Rittmeister, Pseudonym Gustaw
* 18.2.1897 Warschau
† 14.10.1944
PROSZKOWSKI JERZY Unteroffizier, Pseudonym Łada
* 4.7.1910 Charkiw
† 11.10.1944
ROMANOWSKI TADEUSZ Gefreiter mit Befähigung zu einer höheren Laufbahn
* 23.9.1920
† 8.10.1944
TRAWIŃSKI ROMAN
* 15.1.1898
† 12.10.1944
DROZDOWICZ STANISŁAW Oberleutnant der Kavallerie, Pseudonym Jastrzębiec
* 20.10.1901
† 14.10.1944
KRASUSKI ANDRZEJ PIOTR
* 26.11.1871
† 16.10.1944
JABŁOŃSKA ZOFIA JANINA
* 23.10.1918
† 16.10.1944
BARSKI ZDZISŁAW Unteroffizier
* 17.9.1914 Warschau
† 22.10.1944
PRZEPIERZYŃSKI MARIAN Unteroffizier, Pseudonym Marian
* 14.11.1918 Posen
† 23.10.1944
MOZOL ANTONI Ulan Pseudonym Kolejarz
* 6.1.1892
† 23.10.1944
KACPRZYCKI WŁADYSŁAW Zugführer
* 17.11.1914
† 24.10.1944
DRONET WŁADYSŁAW Hauptmann
* 15.3.1893 Kalisz
† 23.10.1944
GŁOTKIEWICZ ZOFIA Sanitäterin
* 1.5.1920
† 24.10.1944
ORLICKI FELIKS Zugführer, Pseudonym Lech-Antoni
* 15.10.1899 Warschau
25.10.1944
GOETZEN LUCJAN Schütze
* 8.11.1926 Warschau
† 29.10.1944
ŚWIETLIK ZYGMUNT Unteroffizier
* 30.8.1917
† 31.10.1944
MACIEJUK JAN Schütze, Pseudonym Pytek
* 12.12.1921 Warschau
† 2.11.1944
KOSTECKI ANDRZEJ (Wiesław-Janusz?) Schütze
* 6.11.1926
† 3.11.1944
MISZKIEWICZ KAZIMIERZ Zugführer
* 3.3.1913 Warschau
† 4.11.1944
KASZTELAN SYLWESTER Schütze
*30.11.1924 Posen
† 5.11.1944
ŻOŁĄDEK DANUTA Schützin/Sanitäterin, Pseudonym Amazonka
* 30.9.1917 Warschau
† 6.11.1944 (auf der Bestattetenliste der Lagerführung Anfang 1945 aufgeführt als Zotadkowna Irena Danuta, Heimatarmee * 30.9.1925)
REPLIŃSKI STEFAN Gefreiter, Pseudonym Oleś
* 15.7.1926 Warschau
† 9.11.1944
BRACŁAWIEC MARIAN Schütze, Pseudonym Słoń II
* 1.1.1909
† 17.11.1944
BAUER KONSTANCJA Sanitäterin
* 27.10.1887
† 17.11.1944
JĘDRZEJEWSKI STANISŁAW Schütze
* 9.3.1908 Warschau
† 21.11.1944
KRAJEWSKA HALINA Schütze, Pseudonym Sowa
* 6.12.1924 Skoraczew Kreis Jarotschin
† 20.11.1944
KWIATKOWSKI ZDZISŁAW Schütze
* 18.3.1927
† 23.11.1944
GŁUSZYŃSKI WŁADYSŁAW/STANISŁAW Unteroffizier, Pseudonym Sęp
* 4.1.1921Warschau
† 25.11.1944
GIMZIŃSKI RYSZARD Schütze, Pseudonym Ryś
* 13.11.1926 Warschau
† 8.12.1944
RAJEWSKI JERZY Schütze, Pseudonym Jurek
* 22.3.1925 Warschau
† 10.12.1944
BUCZYŃSKI LESZEK Schütze
* 20.2.1928 Warschau
† 24.11.1944
PLACHCIŃSKI ANDRZEJ Leutnant, Pseudonym Tranzyt
* 20.1.1912 Warschau
† 16.12.1944 (Todesdatum auf der Bestattetenliste der Lagerführung vom 8.1.1945, andere Quellen geben den November 1944 an)
ORŁOWSKI STANISŁAW Unteroffizier, Pseudonym Kazik
* 14.1.1912 Pultusk
† 26.12.1944
BURAK BRONISŁAW JAN Unteroffizier, Pseudonym Czaplik
* 1900 (7.4.1911?) Iwienice
† 1944
SZEMIOT MIKOŁAJ Zugführer, Pseudonym Jelonka
JEDLIŃSKI MAREK Schütze
* 8.9.1913 Białystok
† 2.1.1945
NYCZ JÓZEF Leutnant, Pseudonyme Czan, Tomasz
* 19.3.1896 Pisarzowicze
† 3.1.1945 (Todesdatum auf der Bestattetenliste der Lagerführung vom 15.3.1945, andere Quellen geben den 28.12.1944 an)
MILLER MIECZYSŁAW Schütze, Pseudonym Bokser
* 17.10.1920 Warschau
† 23.2.1945
SAWICKI JANUSZ BOHDAN Unteroffizier, Pseudonym Zabawa
* 21.6.1925 Grubeschow
† 8.3.1945
GODLEWSKI ZBIGNIEW Unteroffizier
* 17.11.1928 Warschau
† 26.3.1945
GÓRSKI STANISŁAW Schütze
* 25.10.1925 Posen
† 31.5.1945
PUPKO BRONISŁAW Zugführer der Ulanen
* 2.1.1893 Imielin
WENDA/WENDE MARCELI Schütze, Pseudonym Kamil
* 7.1.1926 Mogielnica