Von Multikulti zu COSMO
Jacek Tyblewski, der von Anfang an in der polnischen Redaktion mitwirkte und heute Koordinator von COSMO in Berlin ist, glaubt, dass ein polnischer Sender vor allem deswegen möglich war, weil die polnischen Organisationen bereit waren, die bis dato üblichen Wege zur Durchsetzung des Zugangs zu Medien im polnisch-deutschen Dialog zu verlassen. Stattdessen erwies sich die Zusammenarbeit mit Journalist:innen anderer Herkunft und das Gewinnen von Fürsprecher:innen in der Berliner Politik als Schlüssel zum Erfolg.
Am 18. September 1994 begann der Radiosender „SFB 4 MultiKulti“ (später „Radio Multikulti“) die ersten Hörprogramme auszustrahlen. Es war das erste multikulturelle und integrative Radio innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Finanziert aus den Rundfunkgebühren, wurde das Programm nach den gesetzlichen Vorgaben für öffentlich-rechtliche Hörfunkanstalten gestaltet. Das „Radio Multikulti“ richtete sich mit seinem Programm an Menschen mit Migrationserfahrungen und alle an fremden Kulturen, Sprachen und Musik aus aller Welt Interessierten. Die Sendungen wurden auf Deutsch und in 16 Muttersprachen zugewanderter Menschen in Berlin ausgestrahlt. Innerhalb der Strukturen des Senders Freies Berlin (SFB, heute: Rundfunk Berlin-Brandenburg, RBB) entstand eine polnische Redaktion, die seit 1994 täglich in den Studios des Hauses des Rundfunks das Programm in polnischer Sprache produziert. Seit 1997 wurden die Sendungen der Berliner Redaktion auch überregional ausgestrahlt. Einige Jahre wurden auch die Frequenzen der ARD genutzt, wodurch in regionalen Radiosendern in ganz Deutschland ausgestrahlt werden konnte.
Der 31. Dezember 2008, der Tag der letzten Ausstrahlung des Programms, wurde zum schwärzesten Jahreswechsel in der Geschichte des mehrsprachigen „Radio Multikulti“. Trotz zahlreicher Proteste beschloss der Rundfunk Berlin-Brandenburg, „Multikulti“ aufgrund fehlender Finanzmittel einzustellen. Das polnische Hörprogramm wurde vom überregionalen Sender WDR Funkhaus Europa übernommen, und strahlte ab dem 1. Januar 2009 in Berlin auf der bisherigen Frequenz (96,3 FM) von „Radio Multikulti“ aus.
Am 1. Januar 2017 änderte Funkhaus Europa seinen Namen in COSMO, und die polnische Redaktion arbeitete von nun an unter dem Namen „COSMO Radio po polsku“. Die Sendungen, die in Berlin entstanden, waren von Anfang an publizistisch ausgerichtet und durch Musik polnischer Künstler:innen angereichert. Das Programm besteht seither aus einer Vielzahl journalistischer Genres: Berichterstattung, Interviews, Kommentare, Feuilletons, Reportagen, Pressespiegel und Debatten. Die Sendungen werden von Montag bis Freitag ausgestrahlt. Die Sendezeiten und die Länge der Sendungen änderten sich im Laufe der Jahre. Das Programm dauerte anfangs 20 Minuten, dann 30 Minuten, in den Folgejahren eine volle Stunde und seit 2017 eine halbe Stunde.
Das Themenspektrum umfasst das Leben von Pol:innen in Deutschland und die deutsch-polnischen Beziehungen im letzten Vierteljahrhundert. Der Sender informiert über Ereignisse aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Sport sowie über die Aktivitäten polnischer Organisationen und der polnischen Gemeinschaft in Deutschland. Im Studio sind wichtige Akteure des deutsch-polnischen Dialogs zu Gast, Politiker:innen und Expert:innen aus beiden Ländern, Publizist:innen, Kunstschaffende, Aktivist:innen, Prominente und Menschen, die das polnische Leben zwischen Oder und Rhein gestalten.
„COSMO Radio po polsku“ (später „COSMO po polsku“) schafft außerdem einen Raum für Debatten, indem es ein breites Meinungsspektrum der in Deutschland lebenden Pol:innen repräsentiert. Sendungen wie „standPUNKTwidzenia” (Vom StandPUNKT gesehen), „Damy radę” (Wir schaffen das), „Lepiej po polsku” (Besser auf Polnisch), „Encyclopaedia Polonica” (in Zusammenarbeit mit Porta Polonica), „Muzycy mają głos” (Musiker haben eine Stimme), „Prognoza kultury” (Kulturvorhersage) oder „Gaulojzes Golana” haben einen festen Platz im Programm.