Roman Lipski
Als Roman Lipski 1989 nach West-Berlin emigriert, ist er gerade mal zwanzig Jahre jung – ein schüchterner Mann, der aus der Kleinstadt Nowy Dwór im Norden Polens stammt. Lipski entflieht der Hoffnungslosigkeit, einer alternativlosen Ausbildung an einer technischen Hochschule, er entflieht der Enge einer Kleinstadt, um in der großen, weiten Welt seine Träume zu verwirklichen. Erst in Berlin und erst mit 21 Jahren nimmt er zum ersten Mal einen Pinsel in die Hand. Heute ist er ein bedeutender Maler, der mit vielen Ausstellungen in Deutschland und Polen vertreten ist. Seine Arbeiten hängen in Galerien und Museen rund um den Globus verteilt und bereichern sogar die Bestände des Museum of Modern Art (MoMA) in New York.
Seine Ankunft in West-Berlin und seine Aufnahme in die Bundesrepublik Deutschland waren typisch für das Procedere der Eingliederung während der großen Emigrationswelle aus Polen in den späten 80er Jahren. Die polnischen Emigranten erhielten einen Laufzettel im Notaufnahmelager Berlin-Marienfelde, dem so genannten Lager oder „Lagier“. Dieser vermerkte die einzelnen Stationen des Registrierungsprozesses, die von der jeweiligen Behörde abgestempelt wurden. Vom Deutschen Roten Kreuz bis hin zur Befragung durch amerikanische Soldaten – jeder hinterließ auf dem kleinen Zettel sein Zeichen. Anschließend folgte das Leben in Wohnheimen, der Besuch von Deutschkursen und das Warten auf Entscheidungen durch die Behörden. Doch etwas unterschied Lipski vom Gros der Emigranten – es war sein langsam reifender Entschluss, Maler werden zu wollen. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und fragte die Deutschlehrerin, wie man in Berlin Maler werden kann. Im Malkurs in der Volkshochschule Berlin-Kreuzberg, sammelte er erste Erfahrungen mit der bildenden Kunst. Er wechselte zur Berliner Kunstschule „Die Etage“, knüpfte neue Kontakte zur Berliner Künstlerwelt und erlebte das internationale und multikulturelle Leben der Großstadt. Es begannen Jahre der Selbsterfahrung und der Selbstfindung als Maler und Künstler. Dabei kam ihm eine Wendung der Weltgeschichte zu Hilfe. Die Berliner Mauer fiel und Lipski fand in Ost-Berlin den Freiraum, den jeder Künstler braucht. Es waren die teilweise über Nacht verlassenen Wohnungen und Häuser, die ihm und seinen befreundeten Künstlern zur Verfügung standen. Etwas später, Mitte der 90er Jahre und ebenfalls auf der Suche nach künstlerischem Freiraum, fanden sich in Berlin polnische Künstler und kreative Polen zusammen, die das „Kleine Manifest der Polnischen Versager“ verfassten. Roman Lipski war in der Geburtsstunde des späteren „Clubs der Polnischen Versager“ dabei und zwar als Schauspieler und Bühnenbildner des Theaterensembles „Babcia Zosia“ (Oma Sophia), als Mitglied der satirischen Radiosendung „Gaulojzes Golana“ und vor allem in der Redaktion der Zeitschrift „Kolano“ (Das Knie) als Dichter und Zeichner.
Roman Lipski sieht sich persönlich als Berliner Maler. Seine polnische Herkunft verbindet er mit seiner Kindheit und seiner Familie. Heute ist er ein bekennender Europäer mit polnischer Basis und einem Berliner Überbau. Zurzeit lebt und arbeitet er in Berlin-Schöneberg.
Seine Bilder erzählen von den Spannungen an den Schnittstellen von Natur und Mensch. Sie zeigen Landschaften, in die sich die menschliche Hand, das menschliche Tun hineinfräst. Sie spiegeln die Atmosphäre wider, die um diese Schnittstellen entsteht. Es ist der „dritte Plan“ hinter den Objekten und noch hinter dem Hintergrund, der den Betrachter irritiert und verunsichert. Für jemanden, der einmal mit dem Auto oder Zug quer durch Polen reiste, ist alles scheinbar vertraut. Man kennt die Häuser mit ihren grauen und beschädigten Fassaden, die endlosen Strommasten und ziellosen Heizungsrohre. Man kennt auch die Bäume und Sträucher, die wild an den Wegen und Schienen wachsen. Alles zusammen bildet jedoch bei Lipski eine bedrohliche Kulisse. Getaucht in starke Farben und kräftige Kontraste erscheinen die Motive wie ein geflüsterter Schrei.
Adam Gusowski, Februar 2016
Einzelausstellungen:
2015
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, Warszawa, Polen
2014
Atlas Sztuki, Łódź (Lodz), Polen
Kraszewski-Museum, Dresden,
MuzeumNarodowe w Szczecinie (Nationalmuseum in Stettin), Polen
2013
Arte Giani, Frankfurt am Main,
Polnisches Institut Berlin,
Sophisticated Art, München
Galerie Ralf Dellert, München
2012
Kunst 12 Zürich, Arte Giani, Zürich, Schweiz
Polnisches Institut Düsseldorf
2011
Galeria Stefan Szydlowski, Warszawa (Warschau), Polen,
Schloss Genshagen (Stiftung Genshagen, Berlin-Brandenburgisches Institut für Deutsch-Französische Zusammenarbeit in Europa)
Artparis 2011, Paris, Frankreich
Kunstraum ARS – Akademie für Recht, Steuern & Wirtschaft, Wien, Österreich
2010
Atlas Sztuki, Łódź, Polen
2009
Galerie Birgit Ostermeier, Berlin
Kunstverein Lippe - Lippische Gesellschaft für Kunst, Detmold
2008
Polnisches Institut Berlin
Galerie Birgit Ostermeier, Berlin
2005
Galeria Muz 13, Szczecin (Stettin), Polen
Gruppenausstellungen:
2013
ON 'ALIENATION/ ESTRANGEMENT' Elgiz Museum of Contemporary Art, Instanbul, Türkei „Schöne Landschaft – Bedrohte Natur. Alte Meister im Dialog mit zeitgenössischer Kunst“, Kunsthalle Osnabrück
Andratx Open III, Centro Cultural Andratx, Mallorca, Spanien
2012
Mit I Melancholia, Galeria BWA w Jeleniej Górze (Hirschberg), Polen
Interior Visions: Selections from the Collection,Colby Museum of Art, Waterville, ME USA „Festhalle“, Thomas Hillig und Roman Lipski, dorisberlin, Berlin
Mit I Melancholia, Galeria Bielska BWA, Bielsko-Biała (Bielitz-Biala), Polen
Berlino come New York, Stefan Hoenerloh - Andrea Chiesi - Roman Lipski Galleria Rubin, Milano, Italien
A Sense of Place: Landscapes from Monet to Hockney, bgfa, Las Vegas, USA
MythandMelancholy, MWW - Wrocław (Breslau), Polen
Sammlung Marx. Eine Auswahl, Muzeum Narodowe w Szczecinie (Nationalmuseum in Stettin), Polen
2011
Nowe Tendencje w Malarstwie Polskim 2, BWA Bydgoszcz (Bromberg), Polen
Kunst 11 Zürich, Arte Giani, Zürich, Schweiz
art.fair Köln, Köln
Sammlung Marx. Eine Auswahl, Atlas Sztuki, Łódź (Lodz), Polen
Polish! Contemporary Art from Poland, Künstlerhaus Bethanien, Berlin
The Changing Soil: Contemporary Landscape Painting, Museum of Fine Arts, Boston, USA
2010
Beijing Biennale, National Art Museum of China, Beijing, China
Nagoya/Boston Museum of Fine Arts, Nagoya, Japan
Polnische Malerei aus der Sammlung Marx, Polnisches Institut Berlin
Arco, Madrid, Spanien
2009
Wir Berliner / My Berlińczycy, Märkisches Museum & Ephraim Palais, Berlin
2008
Supernatural, Centro Cultural Andratx, Mallorca, Spanien
2041 - Unknown Works Collected by Erich Marx, Artnews Projects, Berlin
2007
„A Poisoned Source - Polish Contemporary Art in a Post-Romantic Landscape“, in Muzeum Narodowe (Nationalmuseum) Szczecin, Polen und Latvijas Nacionālais mākslas muzejs (Lettisches Nationales Kunstmuseum), Riga, Litauen
Another Selection, Elgiz Museum, Istanbul, Türkei
2006
Galeria Sektor, GCK Katowice (Kattowitz), Polen
2005
Die Verdammten im Haus Schwarzenberg, Galerie Neurotitan, Berlin
New Acquisitions, Muzeum Sztuki Wspolczesnej (Museum für Gegenwartskunst), Szczecin (Stettin), Polen
2004
20. Festival of contemporary painting of Poland, Zamek Książąt Pomorskich, Szczecin (Stettin), Polen
Berlinische Galerie, Berlin