„Nasza Droga“ (1952-1981) – Eine polnischsprachige Auslandszeitung in Adelaide (Australien) und ihre „deutschen“ Wurzeln

Pol:innen, die nach dem Zweiten Weltkrieg vorwiegend aus Deutschland nach Australien emigrierten, schufen alsbald ihre eigene Zeitung „Nasza Droga”.
Pol:innen, die nach dem Zweiten Weltkrieg vorwiegend aus Deutschland nach Australien emigrierten, schufen alsbald ihre eigene Zeitung „Nasza Droga”.

Die Zeitung „Nasza Droga“ erschien von Dezember 1952 bis Dezember 1981 in Adelaide, der Hauptstadt des Bundesstaates South Australia, wobei sie im Laufe der Zeit von verschiedenen Organisationen und Personen herausgegeben wurde. [1] Bei alldem wechselten die Redakteure häufig, der Untertitel änderte sich und es gab uneinheitliche Erscheinungsfrequenzen. Außerdem wandelten sich die Struktur und die Inhalte. Indessen unternahm der 1949 gegründete Bund der Polen in Südaustralien [Związek Polaków w Południowej Australii] bereits im Januar 1950 den Versuch, das Einverständnis der australischen Behörden für die Publikation der Zeitung zu erlangen.[2] Doch die erste Nummer kam erst knapp drei Jahre später zu Weihnachten 1952 heraus. Damals bestand noch die Hoffnung, dass die neue Zeitung alle polnischen Landsleute in Südaustralien erreichen würde, was in der Erstausgabe so ausgedrückt wurde: „über ihre praktischen Vorteile hinaus soll sie [die Zeitung] das Bindeglied zwischen uns allen und unserer zentralen Organisation, dem Bund der Polen in Südaustralien, werden“.[3]

Dies aber gelang nie. Die Genehmigung zur Herausgabe der Zeitung erhielt Zygmunt Posłuszny, der bis dahin Vorsitzender des Bundes war, so dass er verantwortlich für die Einhaltung des Presserechts wurde.[4] Als der Bund dann, nach nur sieben Ausgaben und zwei kleinen Zuschüssen (von insgesamt 50 australischen Pfund), beschloss, die verlustbringende Unternehmung nicht mehr zu finanzieren, ging die Zeitung in Posłusznys Eigentum über und erschien ab dem 12. April 1953 mit dem Untertitel „Niezależny Dwutygodnik Polski“ [Unabhängige Polnische Zweiwochenzeitung]. Der neue Besitzer wurde am 10. Juni 1908 geboren und war im Warschauer Aufstand unter dem Kampfnamen „Zawisza“ Zugführer in der Kompanie „Tadeusz Czarny“ im Bataillon „Ruczaj“ der polnischen Heimatarmee [Armia Krajowa] gewesen. Nach der Niederschlagung des Aufstands geriet Posłuszny verwundet in Kriegsgefangenschaft und wurde ins Stammlager 344 Lamsdorf [poln. Łambinowice] im Landkreis Oppeln in Schlesien verbracht. Danach kam er in das Stalag XVIII-C Market-Pongau, das sich nach der Befreiung in der amerikanischen Zone Österreichs befand.[5] Wohl dort schloss er sich dem zweiten Corps an und gelangte mit dessen Verlegung nach Großbritannien, um daraufhin mit 1.457 polnischen Kombattanten nach Australien zu emigrieren. Die Auswanderung aus England erfolgte im Zuge des britischen Programms „United Kingdom Free Passage Scheme“ an Bord der MS Strathnaver, die am 10. August 1948 im Hafen von Sydney festgemacht hat.[6] Die meisten polnische Bürger:innen, die damals nach Australien eingewandert sind, auch die, die sich im Bundesstaat South Australia niedergelassen hatten, kamen mit dem Rechtstatus Displaced Person (DP) aus den besetzten Gebieten Deutschlands und Österreichs. Dies traf jedenfalls auf all jene zu, die aufgrund der Vereinbarung der Internationalen Flüchtlingsorganisation [International Refugee Organization (IRO)] mit der australischen Regierung im Jahr 1947 bis 1954 der 1947 nach „Down under“ kamen. Unter diesen Vorzeichen wanderten 170.000 Menschen nach Australien ein, von denen geschätzt rund 60.000 Polen und Polinnen waren.[7]

Die Anfänge von „Nasza Droga“ gestalteten sich als schwer, da die Publikation der Zeitung unter ungünstigen technischen und finanziellen Bedingungen erfolgte. Die Auflage pendelte zwischen 750 und 900 Exemplaren, „von denen einige Dutzend später hin und wieder remittiert wurden, so dass die Feststellung der exakten Auflagenstärke nicht möglich ist“.[8] Gleichwohl wurden fast 500 Abonnent:innen und einige polnische Kaufleute als Inserenten gewonnen. Die Herstellung der Zeitung besorgte die litauische Druckerei „Australijos Lietuvis Publishing“, die sich später in „National Press“ umbenannte. Der polnische Zeichensatz wurde allmählich eingeführt. Die erste Ausgabe hatte vier Seiten, dann wurden es sechs und Mitte August 1953 acht. Den Herausgebern gelang es, ein Vertriebsnetz aufzubauen, wobei die Zeitung kaum an Verkaufsstellen mit australischer Presse zu haben war. Stattdessen bekam man sie in polnischen Firmen und sie wurde anlässlich polnischer Gottesdienste vor Kirchen verkauft. Mit der Zeit fand sie dann auch vereinzelt Leser:innen im Bundesstaat Victoria.

 

[1]Der vorliegende Text ist eine erweiterte Fassung des Kapitels über die Zeitung in der Buchpublikation: Lencznarowicz, Jan: Prasa i społeczność polska w Australii 1928-1980 [Die polnische Presselandschaft und die Gemeinschaft in Australien 1928-1980], Kraków 1994, S. 70-72

[2]Jadczak, Władysława: Historia Związku Polaków w Południowej Australii [Die Geschichte des Bundes der Polen im Bundesstaat South Australia], in: Szczepanowski, Marian (Hrsg.): Polacy w Południowej Australii 1948-1968 [Polen in Südaustralien in den Jahren von 1948 bis 1968], Adelaide 1971, S. 26-27.

[3]Ohne Titel, in: „Nasza Droga“ vom 24.12.1952.

[4]National Australian Archives (NAA) A445 140/3/3 [Archivanfrage aus 1988].

[5]Wielka Ilustrowana Encyklopedia Powstania Warszawskiego [Große Illustrierte Enzyklopädie des Warschauer Aufstands], Bd. 6, Warszawa 2004, S. 348.

[7]Kunz, E.: Displaced Peresons. Calwell’s New Australians, Sydney 1988, S. 43, 82; Zubrzycki, Jerzy: Polonia australijska [Polonia in Australien], in: „Kultura“, Nr. 3/125, Paris 1958.

[8]Polskie Towarzystwo Historyczne w Australii (PTHwA) [Polnische Historische Gesellschaft in Australien], Dudziński, Jerzy: Historia „Naszej Drogi“ [Die Geschichte der „Nasza Droga“], Tipposkript, S. 1. [eingesehen in Adelaide 1988].

Erster Chefredakteur von „Nasza Droga“ war Jerzy Dudziński. Er wurde am 18. Juni 1919 in Warschau [Warszawa] geboren und studierte später als Absolvent des Sułkowskis-Gymnasiums und Lyzeums [Gimnazjum i Liceum im. Sułkowskich) in Rydzyn [dt. Reisen], das für sein hohes Niveau und seine modernen Erziehungsmethoden bekannt war, an der Universität Warschau [Uniwersytet Warszawski] drei Jahre Chemie. Im Zuge der Besetzung Polens durch deutsche und sowjetische Truppen kam Dudziński über Ungarn nach Frankreich. In der Nachkriegszeit betrieb er in der britischen Besatzungszone Deutschlands in Köln-Mülheim und Lippstadt den Verlag „Jutro Pracy“ [Das Morgen der Arbeit], in dem die gleichnamige Wochenzeitschrift, die Kinderillustrierte „Promyczek“ [sinngemäß: Der kleine Sonnenstrahl], die Jugendzeitschrift „Młody Polak“ [Der Junge Pole] und polnische Literaturklassiker erschienen sind. Im Rahmen des mit der IRO vereinbarten Einwanderungsprogramms für „Displaced Persons“ kam er am 21. Februar 1950 an Bord der MS Gen. Hann über Neapel nach Melbourne.[9] Im Mai 1953 wurde dann Władysław Romanowski mit der Redaktion von „Nasza Droga“ betraut, die er für geringes Entgelt bis August 1954 innehatte. Er war Journalist und schrieb später die Bücher „Zaginiony czas. Powieść australijska“ [Die verlorenen Zeit. Ein australischer Roman], London 1978, und „Zły znak“ [Schlechtes Omen], London 1980, die den polnischen Eingewanderten in Australien gewidmet waren. Als Chefredakteur von „Nasza Droga“ war er stets bestrebt, das Niveau der Zeitung zu heben und ihre Themen zu erweitern, was unter anderem in der Sonderbeilage zum zehnten Jahrestag des Warschauer Aufstands zum Ausdruck kam. In der Ära dieser beiden ersten Chefredakteure haben unter anderem Tomasz Ostrowski, Tadeusz Sobolewski, der Kapuziner-Mönch Hieronim Myszkowski und Pfarrer Józef Kuczmański in „Nasza Droga“ publiziert.

Seit dem August 1954 lag die Redaktion der Zeitung in den Händen ihres Eigentümers Zygmunt Posłuszny, der auch die Inhalte weitgehend selbst besorgte, indem er vor allem kurze Informationen aus der polnischen Exilpresse und von Presseagenturen wie der Polnischen Telegraphenagentur [Polska Agencja Telegraficzna], der Inter-Catholic Press Agency sowie des Senders Free Europe Radio übernahm. Außerdem berichtete er viel aus dem Leben seiner Landsleute in Australien, meistens aus Adelaide. Da er keine journalistische Ausbildung besaß, gelang es ihm nicht, der vielen Schwierigkeiten Herr zu werden und die Zeitung zu einem populären Blatt in der Polonia zu machen. Zugleich war er nicht in der Lage, den hohen Arbeitsaufwand allein zu bewerkstelligen und das defizitäre Projekt aus eigenen Mitteln zu erhalten. Vor diesem Hintergrund überließ er die Zeitung nach einem Jahr dem von Pfarrer Kuczmański geleiteten polnischen Caritas- und Kinderheimverein [Caritas Polska i Dom Dziecka Polskiego] in Südaustralien. „Der eigentliche Wert der Schenkung lag darin, dass [der Verein] ‚Caritas Polska i Dom Dziecka Polskiego‘, der zu dieser Zeit den Bau eines Kinderheims betrieb, nun über ein gutes Informations- und Kommunikationsmittel verfügte.“[10] Der Besitzerwechsel wirkte sich auf den Inhalt der Zeitung aus, die zwar ihren säkularen, informativen Charakter beibehielt, aber den baulichen und sozialen Aktivitäten der Caritas zusammen mit religiösen Themen mehr Platz einräumte. Der Untertitel wurde in „Dwutygodnik Katolicki w Australii“ [Katholische Zweiwochenzeitung in Australien] geändert. Posłuszny hatte die Redaktion noch bis April 1956 inne. Danach übernahm sie Pfarrer Kuczmański, während die administrativen Aufgaben in den Händen von Jerzy Dudziński lagen.[11]

 

[9] NAA, item Nr. 4075049.

[10] PTHwA, Dudziński: Historia…, S. 3.

[11] Nowy etap „Naszej Drogi“ [sinngemäß: Ein neues Kapitel in der Geschichte der „Nasza Droga“], in: „Nasza Droga“ vom 8.04.1956.

Dank der Übernahme von „Nasza Droga“ durch die Caritas wurde das Blatt von polnischen Geistlichen und weltlichen Gemeinschaften unterstützt, was eine größere Nachfrage in der polnischen Diaspora [auch Polonia genannt] zur Folge hatte. Die Herausgabe der Zeitung wurde rentabel. Doch schon bald kam es zwischen Posłuszny, der Caritas und dem kaufmännischen Leiter Dudziński zu Konflikten, die dazu führten, dass Zygmunt Posłuszny im März 1957 entlassen wurde. Da er sich jedoch mit dem Verlust seines Einflusses auf die Zeitung, die ihm gerade noch gehörte, nicht abfinden wollte, drohte er mit rechtlichen Schritten und fror seine Gelder ein, was abermals finanzielle Schwierigkeiten heraufbeschwor. In dieser Situation übernahm Jerzy Dudziński erneut die Redaktion. Um eine breitere Leserschaft zu erreichen, verlegte er sich als Chefredakteur zu Lasten längerer Artikel und Kommentare auf kürzere Texte. Darüber hinaus ließ er in „Nasza Droga“ sehr heterogene, mitunter auch kontroverse Meinungen zu und griff kaum in die von den Autoren und den Organisationen eingereichten Beiträge ein. Diese liberale Redaktionspolitik rief heftige Polemiken hervor, die nicht selten auch in persönlichen Attacken bestanden. Der Schwerpunkt der Zeitung lag zwar nach wie vor auf dem Leben der Polonia-Gemeinde in Südaustralien, wobei aber auch die polnischen Gemeinschaften in anderen Landesteilen angesprochen wurden und Themen aus dem Heimatland Polen reges Interesse fanden. Dudziński nutzte nicht nur Material der Exil-Nachrichtenagenturen, sondern ganz offen auch der staatlichen polnischen Presseagentur. Die Leser:innen bekamen dadurch ein umfassenderes Bild von den Entwicklungen in Polen, indem sie ausgewogen unterrichtet wurden und auch freundliche Schilderungen der Ereignisse nach dem Oktober 1956 lesen konnten. Dies aber löste einen Aufschrei unter den politisch engagierten Exilanten in Adelaide aus, die eine kommunistische Infiltration und Propaganda zu erkennen glaubten. Ein Artikel von Czesław Wojtysiak,[12] in dem er sich kritisch über die Aktivitäten der Polen in Ausland äußerte und zur Kollaboration mit dem Herkunftsland einschließlich seiner Institutionen in den polnischen Westgebieten [auch als „wiedergewonnene Gebiete“ bezeichnet – Anm. d. Übers.] aufrief, führte zur Eskalation der Situation. Als er sich dann noch ausdrücklich für die Berücksichtigung polnischer Quellen verwandte, rief dies den Widerstand des Caritasrates hervor, was schließlich unmittelbar zum Rücktritt von Chefredakteur Dudziński führte.

Ende November 1958 trat Władysław Romanowski wieder in die Redaktion der „Nasza Droga“ ein und gab der Zeitung ein anderes Profil. Kämpferische Texte über polnische Angelegenheiten und polemische Beiträge über die sozialen und politischen Probleme der Emigranten und Emigrantinnen wurden weniger, stattdessen nahm die kulturelle Berichterstattung zu. Zu seiner Zeit erschienen fachlich qualifizierte Artikel, die jedoch für die Mehrheit der Leser:innen nicht so wesentlich waren wie handfeste Informationen aus ihrem Umfeld. Zu den Mitarbeitern der Zeitung gehörten damals die Pfarrer Józef Kuczmański und Jan Rutkowski. Andrzej Szczygielski verfasste politische Kommentare. Tomasz Ostrowski schrieb die Kolumne „Co słychać w Melbourne“ (sinngemäß: „Neuigkeiten aus Melbourne“). Andere Autoren, die sich hervorgetan haben, waren Zygmunt Konrad Bernaś, Władysław Dembski, Władysław Karbownik, Jan Sobolewski und Marian Szczepanowski. Laut Angaben der Redaktion kam die Zeitung 1960 mit 900 Exemplaren heraus. Sie hatte immer noch acht Seiten, erschien aber in einem größeren Format. Hergestellt wurde sie unverändert in der eigenen kleinen Druckerei „National Press“.

Romanowski leitete die Zeitung „Nasza Droga“ bis zum Mai 1961. Damals trennte sich die Caritas, die nach der Errichtung ihres Kinderheims kein Interesse mehr an dem problematischen Presseorgan hatte, durch Verkauf von ihrer Publikation. Der nächste Eigentümer, Herausgeber und Chefredakteur in Personalunion war Jan Sobolewski. Um die weitere Historie der „Nasza Droga“ zu verstehen, ist an dieser Stelle auf die Situation im „polnischen London“, dem politischen und organisatorischen Zentrum der Emigration nach dem Zweiten Weltkrieg, einzugehen. Nach dem Tod von Präsident Władysław Raczkiewicz im Jahr 1947 und der Nachfolge von August Zaleski kam es in der polnischen Exilregierung, in den Parteien und in weiten Teilen der Exilanten zur Spaltungen und Separierungen, die mehr auf persönlichen Ambitionen als auf tatsächlichen politischen Differenzen beruhten. Erst im März 1954, als unter Vermittlung von General Kazimierz Sosnowski eine Versöhnung [poln. Akt Zjednoczenia (wörtl. Akte der Wiedervereinigung)] verhandelt wurde und Exilpräsident Zaleski den Rücktritt zum Ende seiner siebenjährigen Amtszeit erklärte, schien eine einige Exilregierung möglich. Doch als Zaleski seine Ankündigung revidierte, löste er einen tiefen, bis zu seinem Ableben im Jahr 1972 anhaltenden Dissens aus, der die Autorität der Exilregierung untergrub und sie in den Augen der im Exil lebenden Polen und Polinnen kompromittierte. Die meisten Parteien, die große Mehrheit der politischen und gesellschaftlichen Kreise sowie die öffentliche Meinung im Exil sprachen sich gegen die „Burg“ [poln. „Zamek“] aus, wie die Gruppe um Präsident Zaleski und die von ihm berufene Regierung bezeichnet wurde. Dadurch kam es zur Gründung alternativer Institutionen wie dem Dreieirrat [Rada Trzech], dem General Władysław Anders, der frühere Prämier Tomasz Arciszewski und Botschafter Edward Raczyński angehörten, der Exekutive der Nationalen Vereinigung [Egzekutywa Zjednoczenia Narodowego], die als Regierung fungierte, und dem Provisorischen Rat der Nationalen Einheit [Tymczasowa Rada Jedności Narodowej], der die Parteien und die Exilverbände vertrat.

 

[12] Wojtysiak, Czesław: O naszą drogę [Um unser Weg], in: „Nasza Droga“ vom 21.09.1958.

Die Enttäuschung über das Scheitern der Einigungsversuche und der daraus resultierende starker Unwille gegenüber den Repräsentanten der Regierung in London drückten sich auch unter den polnischen Eingewanderten in Australien aus, die einander in ihren Erfahrungen, Einstellungen und Überzeugungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit verbunden waren, wobei sie nach der Konferenz von Jalta Beziehungen zu polnischen Emigrant:innen in Großbritannien und anderen Zentren der polnischen Emigration unterhielten. In dieser Zeit, in der die Exilregierung zerschlagen wurde, trat Jan Sobolewski als glühender Gefolgsmann von Präsident August Zaleski auf. Als dieser starb und Stanisław Ostrowski das Präsidentenamt übernahm, während die „Burg“-Gruppe mit dem Dreierrat zusammenging, unterstützte er Juliusz Sokolnicki, der die Vereinigung der beiden politischen Kräfte ignorierte, sich selbst zum „Präsidenten des Freien Polens im Exil“ [Prezydent Wolnej Polski na Uchodźstwie] ernannte und Sobolewski zunächst als Informations- und Propaganda-Minister sowie schließlich als Ministerpräsident berief (Mai 1980 bis Februar 1981). Dieses Verhalten des neuen Verlegers von „Nasza Droga“ und die für den Herausgeber einer Emigrantenzeitung so wichtigen, aber eingebüßten guten persönlichen Kontakte zur Gemeinschaft der Polonia, haben das weitere Geschick der Zeitung sehr belastet und zum Verlust ihrer Akzeptanz geführt. Obwohl Sobolewski der Zeitung den neuen Untertitel „The Newspaper for Poles in Australia“ gab, entfernte sich „Nasza Droga“ immer mehr von der Realität, in der die polnischen Eingewanderten in diesem Land lebten. Das fehlende journalistische Vermögen ihres Herausgebers wirkte sich ebenfalls auf das Niveau und die Attraktivität der Zeitung aus. Hinzu kamen viele Konflikte mit Dritten, beispielsweise mit der Redaktion der in Sydney erscheinenden „Wiadomości Polskie” [Polnische Nachrichten], der Zugeständnisse an den Kommunismus vorgeworfen wurden, die ihre Leser und Leserinnen vergraulten. Gleichwohl spielte „Nasza Droga“ für die Polen und Polinnen in Adelaide noch in den 1960er Jahren eine wichtige wenn auch abnehmende Rolle. Beiträge für die Zeitung verfassten damals Stanisław Gotowicz (verantwortlich für „Aktuelles aus der Organisation und aus dem Gemeindeleben“) sowie Pfarrer Kuczmański als Beibringer „Kirchlicher Nachrichten“. Außerdem schickte Stefan Nowicki Texte aus Melbourne zur Auswanderungspolitik. Mieczysław Iwańczak fungierte als Korrespondent in Sydney. 1966 begann der Bund der Polen in Südaustralien dann unter dem Titel „Polak w Adelajdzie“ [Ein Pole in Adelaide] mit einer Beilage in der Melbourner Wochenzeitung „Tygodnik Polski“ [Polnisches Wochenblatt]. Ab 1967 erschien vor Ort das viel gelesene „Biuletyn Organizacyjny Millenium“ [Millenium-Bulletin], später unter dem Titel „Biuletyn Głos Millenium“ [Bulletin. Die Stimme der Millenium-Community].[13] Ab 1977 gab die Föderation polnischer Organisationen in Südaustralien [Federacja Organizacji Polskich w Australii Południowej] die Tageszeitung „Słowo Polskie“ [Polnisches Wort] heraus.

 

[13] Szczepanowski, Marian: Biuletyn Millenium [Millenium-Bulletin], in: Szczepanowski, Marian (Hrsg.): Polski Ośrodek Millenium Enfield [Polnisches Zentrum Millenium Enfield], Adelaide 1981, S. 62-86.

In diesem Zusammenhang war die zum Sprachrohr der Sokolnicki-Gruppe verkommene „Nasza Droga“ schon seit den 1970er Jahren bis zum Ende ihres Bestehens im Dezember 1981 isoliert. Unter anderem wandte sich auch ihr ehemaliger Mitarbeiter Stefan Nowicki von ihr ab, der 1971 zum Delegierten der polnischen Exilregierung für Australien berufen wurde. Die Zeitung erschien nun unter Fortführung ihrer Nummerierung monatlich. Im Januar 1972 war es dann eigentlich mit dem Blatt vorbei. Aus Mangel an Mitarbeitern und aktuellem Material, das hätte publiziert werden können, sah sich der Herausgeber gezwungen, auf die Zweitverwertung älterer Texte zurückzugreifen, wobei den Dekreten, Briefen und Verlautbarungen Sokolnickis und seiner Anhänger besonderer Platz eingeräumt wurde. Das Niveau der Artikel und die redaktionelle Aufbereitung der seinerzeit veröffentlichten Texte ließen zu wünschen übrig.

„Nasza Droga“ war in der Geschichte der australischen Polonia nach dem Zweiten Weltkrieg nach den „Wiadomości Polskie“ und der „Tygodnik Katolicki“ [Katholische Wochenzeitung] (seit 1965 „Tygodnik Polski“ [Polnische Wochenzeitung]) das Nachrichtenmedium mit der längsten Erscheinungsdauer, und obwohl die Zeitung im Wettbewerb um Leser und Leserinnen aus anderen Bundesstaaten nicht mit seinen Wettbewerbern mithalten konnte, erschloss sie zunächst einen recht großen polnischen Leserkreis in Südaustralien. Im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens erfüllte die Zeitung zweifelsohne eine wichtige Funktion in der Vermittlung von Informationen und spielte insofern sowohl für die gesellschaftliche Integration der dortigen Polonia als auch für deren Mobilisierung eine Rolle. Sie bot Berichte und Kommentare aus dem Leben der polnischen Gemeinschaft, wobei sie kulturelle und religiöse Themen betonte, außerdem wurden internationalen Angelegenheiten und die Situation in Polen behandelt, während die Probleme des Einwanderungslandes ähnlich wie in anderen polnischen Presseorganen in Australien nur gestreift worden sind. Leider diente sie später, insbesondere nach der Unterstützung von Juliusz Sokolnicki, vor allem den Zwecken der kleinen Gruppierung um ihn herum. Darüber hinaus führte die Verwicklung in die personellen Auseinandersetzungen im „polnischen London“ zum Verdruss ihrer angestammten Leser:innen.

 

Jan Lencznarowicz, Mai 2018

 

 

Die digitalisierte Version der Zeitung ist hier erhältlich: https://trove.nla.gov.au/newspaper/title/1323#