Krystyna Wituska (1920–1944)

Krystyna Wituska, 1938.
Krystyna Wituska, 1938.

Als Zbigniew Walc in den Flammen stirbt, ist Krystyna Wituska schon fast ein Jahr tot. Das Todesurteil gegen sie wurde am 26. Juni 1944 im Gefängnis „Roter Ochse“ in Halle/Saale mit dem Fallbeil vollstreckt. Vor ihrem Tod schrieb Wituska einen Abschiedsabrief an die Eltern, in dem sie unter anderem die ihr freundlich gesonnene Wärterin Helga Grimpe erwähnt: 

„Geliebte Eltern! Diesen Brief werdet ihr nach meinem Tod erhalten. Er wird euch von einer Person zugeschickt, der wir zu großem Dank verpflichtet sind (Helga Grimpe). Sie war uns hier Freundin und Betreuerin zugleich. Sie versuchte unter Einsatz ihres Lebens, unsere Not so gut es ging zu lindern, sie teilte alles mit uns, was sie hatte, völlig selbstlos. (…) Während ich diesen Brief schreibe, weiß ich selbstverständlich nichts über den Ausgang meines Gnadengesuchs, aber ihr könnt mir glauben, ich bin vorbereitet auf den Tod und mache mir keine unnötigen Hoffnungen. Diese mehrmonatige Trennung hat meine Zuneigung zu euch noch verstärkt, so dass es mir schwer fallen wird, zu gehen und euch so traurig zurückzulassen. Glaubt mir aber, ich kann mit erhobenem Haupt und ohne Furcht in den Tod gehen. Dies ist meine letzte Pflicht euch und dem Land gegenüber. Das Gefängnis war für mich eine gute und manchmal auch eine schwere Schule des Lebens, aber es gab Tage, die so fröhlich und so sonnig waren. (…) Wir sterben am Vorabend des Sieges und mit dem Bewusstsein, dass wir nicht vergeblich gegen die Ungerechtigkeit und die Gewalt angegangen sind. Trauert nicht, liebste Eltern, sei tapfer, Muttilein. Denke, dass ich immer auf dich schaue und dass jede deiner Tränen mich schmerzt. Ich lächle dich an, wenn du mich anlächelst. Möge euch Gott für die Liebe und die Fürsorge belohnen, die ihr mir entgegengebracht habt! Lebt wohl, liebe Eltern, und auch du, Halinka. Eure Tina.“[2]

Der Leichnam von Krystyna Wituska wurde der Anatomie der Universität in Halle übergeben. 2014 wurde auf dem Gertraudenfriedhof in Halle, dort wo die Polin zusammen mit 60 weiteren Opfern des Naziregimes anonym bestattet wurde, eine Gedenkstele mit einer Gedenktafel und einem Reliefbild von Krystyna Wituska errichtet. Dies wäre ohne den einen Brief nicht möglich gewesen, den die überlebende Mitgefangene Maria Kacprzyk 2003 an das ehemalige Gefängnis und die heutige Gedenkstätte „Roter Ochse“ in der Hoffnung schrieb, Informationen über ihre ehemalige, an diesem Ort hingerichtete Freundin zu erhalten. Dieser Brief leitete die Forschungen ein, die Lars Skowronski, Historiker an der Gedenkstätte „Roter Ochse“, und die Publizistin Simone Trieder jahrelang betrieben haben. Die Ergebnisse mündeten in mehrere Publikationen ein, darunter zwei Bücher, die Krystyna Wituska, den anderen polnischen Häftlingsfrauen und Zbigniew Walc gewidmet sind. Die Erinnerungen von Maria Kacprzyk und der Frauen, die das Nazigefängnis überlebten, haben das würdige Andenken an Krystyna Wituska und die weiteren vom Hitlerregime hingerichteten Frauen, durch die symbolische Stele auf dem Gertraudenfriedhof möglich gemacht. Am 18. März 2010 wurde Krystyna Wituska posthum für ihre „besonderen Verdienste um die Unabhängigkeit Polens“ mit dem Kommandeurskreuz des Verdienstordens der Republik Polen ausgezeichnet.

 

Monika Stefanek, Februar 2021

 

 

Literatur:

S. Trieder, L. Skowronski, Zelle Nr. 18. Eine Geschichte von Mut und Freundschaft, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2014.

S. Trieder, Nik und Tina. Gefährliche Briefe 1938-1944, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2018.

A. Morawska, Krystyna Wituska (12.V.1920 - 26.VI.1944), in: Miesięcznik Znak, XXI (9), Kraków 1969.

P. Bukalska, Śmierć w Berlinie, in: Tygodnik Powszechny vom 19.04.2011.

 

[2] Ebenda, S. 1166.

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  • Krystyna Wituska

    1938
  • Stele mit Gedenktafel und dem Reliefbild von Krystyna Wituska, 2014 errichtet

    Gertraudenfriedhof in Halle
  • Reliefbild von Krystyna Wituska (Nahaufnahme)

    Gedenkstele auf dem Gertraudenfriedhof in Halle, 2014 errichtet