"Ein Gespräch mit einem interessanten Menschen". Folge 1: Jan Tkacz
Gusowski: "Guten Abend meine Damen und Herren, in unserer allwöchentlichen Sendung “Ein Gespräch mit einem interessanten Menschen” heute zu Gast bei mir, aber dank der neuesten Übertragungstechnik auch bei Ihnen zu Hause, Jan Tkacz. Guten Abend."
Tkacz: "Guten Abend."
Gusowski: "Herr Tkacz, bevor wir zu Ihrer mit Sicherheit interessanten Person kommen, sagen Sie uns bitte, wo sind wir und was sehen wir im Hintergrund."
Tkacz: "Wir sitzen vor dem Deutschen Technikmuseum in Berlin. Hier befindet sich auch meine bekannteste Erfindung: eine Nähmaschine mit dem Rückwärtsgang."
Gusowski: "Um diese Maschine dreht sich eine Anekdote mit einem Amerikanischen Präsidenten."
Tkacz: "Sie meinen Woody."
Gusowski: "Genau Woodrow Wilson und Ihre Heldentat für das Wiedererlangen der polnischen Unabhängigkeit."
Tkacz: "Ah wo, ein einfaches, ehrliches Gespräch mehr nicht."
Gusowski: "Bescheiden. Dabei spielten Sie die Schlüsselfigur in der Polenfrage bei seinem Friedensplan für Europa 1918. Wie kam es zu dem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten und seinem Friedensplan in der Aktentasche?"
Tkacz: "Ich saß in meiner Werkstatt in Freihaus, auf Polnisch Zduńska Wola. Wissen Sie, ich bin Maschinenbauer vom Beruf, aber auch in meiner Freizeit liebe ich es, etwas handwerklich zu basteln, zu erfinden, etwas zu reparieren oder einfach zu verbessern."
Gusowski: "Ein Fachmann, wie er leibt und lebt."
Tkacz: "Ich will nicht lügen, aber ich kann mit geschlossenen Augen jedes Teil einer Textilmaschine am Geräusch erkennen."
Gusowski: "Echt. Nee … das ist ja unglaublich. Aber zurück zu Mr. Wilson."
Tkacz: "Ah ja … Er war gerade in der Gegend, in Lodz. Suchte etwas für seine neue Frau. Da hörte er von meiner Erfindung, von der Nähmaschine mit dem Rückwärtsgang. So kam er zu mir in die Werkstatt, und ohne viel zu sagen, will er sie kaufen, sofort zahlen, mit Dollars."
Gusowski: "Ein Amerikaner eben."
Tkacz: "Ja, wie soll das gehen? Einfach so? Ohne ein Gespräch, ohne “Wie gehts?”, ohne Tee? Aber nicht mit mir. So bat ich ihn etwas zu bleiben. Draußen war eh ungemütlich. So gegen Mitternacht und nach viel Wodka sagt er etwas von einem 13 Punkte Friedensplan."
Gusowski: "13? nicht 14? Sind Sie sich da sicher?"
Tkacz: "Ja, absolut. Eine 13 wie sie im Buche steht."
Gusowski: "Aber das ist doch eine Unglückszahl."
Tkacz: "Genau das dachte ich auch. Dabei war ich mit Woody bereits auf “du” und wollte nicht, dass ihm die Zahl Pech bringt, oder ihm etwas passiert. Also schrieb ich einen Punkt dazu."
Gusowski: "Spannend. Und was war das?"
Tkacz: "Ah wissen Sie, ich war eigentlich glücklich. Familie, Haus, Arbeit, meine Erfindungen … Aber dass sich die Grenzen ständig über unseren Köpfen verschoben hatten, hat mich schon genervt."
Gusowski: "Also? Spannen Sie uns nicht länger auf die Folter."
Tkacz: "Ich hatte sonst keine Träume, nur dass Polen wieder frei ist, also schrieb ich die Forderung nach der Unabhängigkeit Polens rein."
Gusowski: "Ihnen verdanken wir FREIES POLEN!!!!"
Tkacz: "Na ja, in den Zeitungen etwas anderes stand. Aber wichtig ist nur, dass Polen ist und bleibt FREI."
Gusowski: "Und mit diesem positiven Akzent verabschiede ich mich von Ihnen Herr Tkacz, vielen Dank für das interessante Gespräch."
Tkacz: "Bitte bitte."
Gusowski: "Und auch vielen Dank an Sie, bitte schalten Sie wieder ein, wenn es heisst “Ein Gespräch mit einem interessanten Menschen” nächste Woch ungefähr um die gleiche Zeit. Und bis dahin sage ich Ciao Ciao und Pa Pa."
Autoren: Adam Gusowski, Piotr Mordel
Kamera und Ton: Jarek Godlewski
Schnitt: Adam Gusowski
Jahr: 2018