"Ein Gespräch mit einem interessanten Menschen". Folge 2: Jadwiga Skłodowska
Gusowski: "Guten Abend meine Damen und Herren, in unserer allwöchentlichen Sendung “Ein Gespräch mit einem interessanten Menschen” heute zu Gast bei mir, aber dank der neuesten Übertragungstechnik auch bei Ihnen zu Hause, Jadwiga Skłodowska. Guten Abend."
Skłodowska: "Guten Abend."
Gusowski: "Frau Skłodowska, bevor wir zu Ihrer mit Sicherheit einer interessanten Person kommen, sagen Sie uns bitte, wo sind wir und was sehen wir im Hintergrund."
Skłodowska: "Wir sind in Berlin an der Humboldt Uni. Hier verbrachte ich paar sehr aufregende Monate."
Gusowski: "Als Chemiedozentin, verehrt von Studenten, nicht gewürdigt von Professoren, aber sie wurden just im Magazin “Nature” als die “Göttin der Chemie” genannt."
Skłodowska: "Aber ich bitte Sie, eine “Chemiegöttin” ist wirklich übertrieben. Ich wollte nur, dass es allen gut geht."
Gusowski: "Bescheiden, bescheiden, dabei verhalfen Sie einer wahren Explosion in der polnischen Kunst, Literatur und Architektur in Polen und Halbeuropa."
Skłodowska: "Also gut. Wissen Sie, die einfache Chemie hat mich bereits in der Schule gelangweilt."
Gusowski: "Chemie langweilig? Für Sie?"
Skłodowska: "Ich suchte nach mehr. Ich wollte Schöpferin sein. Ich kreierte also Blockchains, chemische Drogen für ganze Inhaltsketten."
Gusowski: "Drogen für inhaltliche Ketten?"
Skłodowska: "Eigentlich ganz einfach. Wenn jemand mit einer Idee für ein Gedicht oder Kunstwerk kommt, dann mixe ich ihm ein Chemiecocktail, dass er nur sich hinsetzen muss und alles niederschreiben, oder eben malen muss."
Gusowski: "Und die Künstler gingen darauf ein?"
Skłodowska: "Am Anfang kamen die Skamandriten: Julian Tuwim, Jarosław Iwaszkiewicz, Jan Lechoń ..."
Gusowski: "Lechoń auch?!?"
Skłodowska: "Später die Futuristen: Bruno Jasieński, Stanisław Młodożeniec, Anatol Stern ..."
Gusowski: "Stern!!!!?!"
Skłodowska: "Mit den Vertretern des Psychologismus und Katastrophismus gab es Probleme. Sie konnten einfach nicht aufhören."
Gusowski: "Ein Drama."
Skłodowska: "Das polnische Drama der Zwischenkriegszeit auch Stanislaw Ignacy Witkiewicz, Witold Gombrowicz, aber auch Żeromski und Szaniawski. Das waren sehr, sehr ehrgeizige Aufträge."
Gusowski: "Das bezweifle ich nicht. Es sind auch sehr komplexe, literarische Formen."
Skłodowska: "Ja. Leichter war es mit den Künstlern. Obwohl ich zugeben muss, am Anfang hatte ich Probleme mit dem Abstraktionismus. Ich bin halt Wissenschaftlicherin. Analytischer Verstand, aber der Kubismus hat mir da geholfen, etwas lockerer zu werden. Beim Expressionismus war ich wie entfesselt."
Gusowski: "Das heisst, Sie haben die Kunstwerke gemalt?"
Skłodowska: "Ach wo … ich kann nicht mal einen Kreis richtig zeichnen. Nein, Henryk Stażewski, Władysław Strzemiński, Tytus Czyżewski, diese großartigen Künstler haben gemalt, aber eben nach meinen chemischen Kreationen."
Gusowski: "Wie bewerten Sie die künstlerischen Arbeiten Ihrer Kunden?"
Skłodowska: "Ich kenne mich da nicht aus, aber so ungefähr habe ich mir das alles vorgestellt. Also eigentlich: good job!"
Gusowski: "Und mit diesem positiven Akzent verabschiede ich mich von Ihnen. Vielen Dank für das interessante Gespräch."
Skłodowska: "Bitte, bitte."
Gusowski: "Und auch vielen Dank an Sie. Schalten Sie wieder ein, wenn es heisst “Ein Gespräch mit einem interessanten Menschen”. Nächste Woche ungefähr um die gleich Zeit und bis dahin sage ich einfach mal, Ciao Ciao und Pa Pa!"
Autoren: Adam Gusowski, Piotr Mordel
Kamera und Ton: Jarek Godlewski
Schnitt: Adam Gusowski
Jahr: 2018