Die Slawische Bank

Bank Słowiański in der Zentrale des Bundes der Polen in Deutschland (Związek Polaków w Niemczech), Potsdamerstr, 61 in Berlin, ca. 1937.
Bank Słowiański in der Zentrale des Bundes der Polen in Deutschland (Związek Polaków w Niemczech), Potsdamerstr, 61 in Berlin, ca. 1937.

Die zweite Hälfte der 20er Jahre war eine Zeit der relativ schnellen Entwicklung polnischer Bankgenossenschaften. Zu den wirtschaftlichen Aufgaben kamen nationale hinzu. Die Banken führten Schulungen sowie Rechts- und Fachberatungen für die Bauern durch und standen polnischen Organisationen und Institutionen mit finanzieller Hilfe bei. Die Treffen dieser Organisationen konnten oftmals in den Räumen der Banken stattfinden. Das Motto der damaligen Genossenschaften lautete: „Durch Genossenschaft zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit“. Zwischen den polnischen Banken existierte auch Konkurrenz und Rivalität. Dies war vor allem am Beispiel der schlesischen Institute und im Westen Deutschlands zu sehen. Es wurden neue Rechtssubjekte geschaffen. 1931 entstand die neue Bank „Unia“ (Union). Sie sollte das polnische Bildungswesen (Schulwesen, Jugendorganisationen, Jugendzeitschriften und andere mit der jungen Generation verbundene Aktionen) unterstützen. Disponent der Mittel war der „Bund der Polen in Deutschland“.

Am 9. Januar 1933 organisierte man in Berlin ein Treffen aller polnischer Bankgenossenschaften in Deutschland. Man entschloss sich, die „Zentralbank der polnischen Genossenschaften in Deutschland“ (kurz „Slawische Bank AG“) zu gründen. Einen Monat später, am 8. Februar 1933, fand die konstituierende Sitzung statt. Das Gründungskapital betrug 150 000 RM (im Juni 1937 wurde es auf 500 000 RM erhöht). Schirmherr wurde Pfarrer Bolesław Domański. Zum Direktor wurde Franciszek Lemańczyk gewählt. „Die Aufgabe dieser Bank“ –  schrieb der „Dziennik Berliński“ am 1. Juni 1933 – ist die Zentralisierung aller Interessen der Kreditgesellschaften, die auf Grund der geringen Kontakte zwischen den Genossenschaften, bisher sehr erschwert waren“. Die Bankaktionäre der „Slawischen Bank“ waren Genossenschaften, die sich im „Verein polnischer Genossenschaften in Deutschland“ organisierten. Ein Jahr nach der Gründung der Zentralbank wurde ihre Arbeit sehr positiv bewertet. „Mehrheitlich hat sie dazu beigetragen, gefährdete Genossenschaften zu retten und die gesamte Genossenschaftswirtschaft zu rationalisieren“ – sagte der Vorsitzende der Zentralbank Pfarrer Bolesław Domański im Resümee zur Tätigkeit. Im Juni 1937 fand eine Vollversammlung der Slawischen Bank statt. Die letzte Vollversammlung fand einige Monate vor dem Ausbruch des 2. Weltkriegs, am 27. April 1938, statt.

Die sich verschlechternden deutsch-polnischen Beziehungen blieben nicht ohne Einfluss auf die polnischen Finanzinstitute. Die deutsche Regierung schränkte die Möglichkeit Immobilien zu kaufen oder Land und Bauflächen zu verkaufen stark ein. Mit diesem Problem befasste man sich auf dem letzten Treffen des „Vereins der polnischen Genossenschaften in Deutschland“, das am 15. Dezember 1938 in Breslau (Wrocław) stattfand.

Die polnischen Banken besaßen viele Immobilien, die sie zu Treffen und Feiern zur Verfügung stellten. Sie nahmen auch aktiv an der Organisation des polnischen Lebens in Deutschland teil. Sie finanzierten den Ankauf von Gebäuden zu schulischem Zwecken. So kaufte z. B. die Bank „Pomoc“ (Hilfe) ein Gebäude für das erste polnische Gymnasium in Beuthen (Bytom). Aus den Mitteln der Arbeiterbank in Beuthen wurde 1932 die Ausstattung für die Schule finanziert. Die Slawische Bank war Eigentümerin des Studenteninternats in Breslau (in seinen Räumen arbeitete die Redaktion und Administration der Zeitschrift „Młody i Mały Polak w Niemczech“ (Junger und kleiner Pole in Deutschland). Die Slawische Bank war auch Eigentümerin des Gymnasiums in Marienwerder, wie auch Eigentümerin von Bauland  in Ratibor, auf dem das Mädchengymnasium errichtet werden sollte.

Am 27. Februar 1940 wurde aufgrund der „Verordnung über die Organisationen der polnischen Volksgruppe im Deutschen Reich“ das Verbot polnischer Tätigkeiten, darunter auch der Bankgenossenschaften, erlassen. Das Vermögen wurde beschlagnahmt. Nach dem II. Weltkrieg bemühte sich der „Bund der Polen in Deutschland“ um Rückerstattung des Vermögens oder um Schadensersatz. Diesen Anträgen wurde aber nur teilweise entsprochen. Das Problem der Restitution des beschlagnahmten Eigentums wird noch heute sehr kontrovers diskutiert.

 

Krzysztof Ruchniewicz, czerwiec 2014

Mediathek
  • Die Slawische Bank - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku"

    In Zusammenarbeit mit "COSMO Radio po polsku" präsentieren wir Hörspiele zu ausgewählten Themen unseres Portals.