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Polnisches Mahnmal in Menden – Erinnerung an Opfer der NS-Zwangsarbeit

Das Polnische Mahnmal auf dem Friedhof des Ortsteils Lendringsen in Menden
Das Polnische Mahnmal auf dem Friedhof des Ortsteils Lendringsen in Menden.

Historischer Hintergrund
 

Im Frühjahr 1944 begann eine entscheidende Phase des Luftkrieges, in der die Alliierten zunehmend kriegswichtige NS-Industrie- und Rüstungsstandorte ins Visier nahmen und diese systematisch zerstörten. Den Auftakt dieser gezielten Luftangriffe machte die sogenannte Big Week, bei der sich die alliierte Luftoffensive zwischen dem 20. und 25. Februar 1944 auf die Niederschlagung der deutschen Luftwaffe konzentrierte.[1] Solche gezielten Angriffe auf NS-Kriegswirtschaftszweige wurden zunehmend wiederholt und um weitere Industriestandorte erweitert: So wurde unter anderem auch die deutsche Treibstoffindustrie zum Ziel der alliierten Bombardements. Am 12. Mai 1944 attackierte die US-amerikanische Luftwaffe mehrere Standorte der Mineralölindustrie – weitere alliierte Angriffe auf Ölraffinerieanlagen und Hydrierwerke folgten am 28. und 29. Mai sowie am 16. und 26. Juni desselben Jahres.[2] Die genannten Angriffe hatten Konsequenzen für den gesamten Kriegsverlauf: Die NS-Treibstoffindustrie war in der Folge in einem solch kritischen Zustand, dass die Produktion von Flugzeugbenzin zeitweise vollständig zum Erliegen kam.[3] Als Reaktion auf diese verheerenden Bombardements wurde am 2. Juni 1944 die Errichtung eines Sondergremiums mit Edmund Geilenberg, seinerzeit Wehrwirtschaftsführer, als Generalkommissar für Sofortmaßnahmen in der Mineralölindustrie beauftragt.[4] Geilenberg kümmerte sich in dem nach seinem Namen benannten Programm sowohl um die Reparatur wichtiger Raffinerieanlagen als auch um die Dezentralisierung und unterirdische Verlagerung von Treibstoffwerken in weniger gefährdete Gebiete, so wie es bereits der Jägerstab für die NS-Luftwaffenproduktion getan hat.[5] Aufgrund der nicht vorhandenen Ölquellen in Deutschland wurden in der NS-Kriegswirtschaft Hydrierwerke eingerichtet, die in einem aufwändigen Verfahren Kohle verflüssigen und so Treibstoff als synthetisches Produkt herstellen konnten. Die erste Hochdruckhydrieranlage, welche die Wiederaufnahme der zerstörten Treibstoffproduktion vornehmen sollte, wurde unter dem Decknamen Schwalbe I in dem ehemaligen Steinbruch Emil 1 im Hönnetal im Sauerland an der Grenze zwischen Hemer und Menden eingerichtet.[6]

 

[1] Vgl. Kubiak, Natalia: Strategischer Luftkrieg, Gründung des Jägerstabs und Untertage-Verlagerungen – Historischer Hintergrund, in: Dies., Geschichten aus dem Berg – Schicksale polnischer Zwangsarbeitender an der Porta Westfalica 1944/45, in: https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/geschichten-aus-dem-berg-schicksale-polnischer-zwangsarbeitender-der?page=2#body-top, zuletzt abgerufen am 12.03.2020.

[2] Vgl. Karlsch, Rainer / Stokes, Raymond G. (Hrsg.): “Faktor Öl“. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859–1974, S. 234 f.

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. ebd., S. 235.

[5] Vgl. Kubiak, Natalia: Strategischer Luftkrieg; vgl. Karlsch, Rainer / Stokes, Raymond G. , S. 237 f.

[6] Vgl. Hassel, Horst / Klötzer, Horst: Kein Düsenjägersprit aus „Schwalbe I“, S. 16.

Dimensionen der Untertage-Verlagerung
 

Schwalbe I war die erste U-Verlagerung, also eine Rüstungsproduktionsstätte unter der Erdoberfläche, in der eine Raffinerieanlage für den gesamten Produktionsvorgang eines synthetischen Treibstoffs ermöglicht werden sollte.[7] Auf Anordnung des Reichskommissars für Sofortmaßnahmen Edmund Geilenberg wurde am 27.07.1944 im Grünen Haus der Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke im Hönnetal eine Geheimbesprechung abgehalten, in der der sofortige Startschuss für das Bauvorhaben Schwalbe I beschlossen wurde.[8] Etwa 60 Vertreter aus den Fachbereichen wie z. B. Bergbau, Geologie und Ingenieurswesen wurden zu diesem Treffen eingeladen und berieten über den Ausbau des Steinbruchs Emil I für Zwecke der NS-Rüstungsproduktion. Die Bauarbeiten wurden auf die Einsatzgruppe Rhein-Ruhr der paramilitärischen Bautruppe Organisation Todt übertragen.[9]

Um das enorme Bauvorhaben realisieren zu können, wurden verschiedene Firmen aus der Region herangezogen und massenweise deutsche und ausländische Arbeitskräfte für die Arbeit in der U-Verlagerung zwangsverpflichtet. Nach aktuellem Forschungsstand lässt sich von einer Anzahl von über 8.000 Zwangsarbeitenden ausgehen, die für das Projekt Schwalbe I eingesetzt wurden und in mehreren Lagern in der näheren Umgebung untergebracht waren.[10] Es waren Strafgefangene sowie KZ-Häftlinge, die aus verschiedenen Ländern Europas stammten sowie zivile Arbeitskräfte aus dem In- und Ausland, die von Firmen für die Arbeit in Schwalbe I herangezogen wurden.[11] Aber auch deutsche Arbeits- und Fachkräfte wurden für das Projekt im Hönnetal zwangsverpflichtet.[12] Ob Kriegsgefangene aus dem in der Nähe gelegenen Stalag VI A in Hemer ebenfalls in der U-Verlagerung eingesetzt wurden ist nach aktuellem Stand nicht bekannt – bisher gebe es in den Quellen keine Hinweise darauf, so Hassel und Klötzer.[13] Insgesamt sollen durch die Zwangsarbeitenden innerhalb weniger Monate etwa 600.000 Kubikmeter Kalkstein in dem ehemaligen Steinbruch Emil I abgebaut worden sein.[14] Die schweren, teils lebensgefährlichen Arbeiten, wie z. B. Sprengungen des Stollens und das Entfernen des freigesprengten Gesteins, sowie Gewalt, drakonische Strafen und Schikane durch die SS, das Wachpersonal und die Betriebsführer forderten bei den Zwangsarbeitenden viele Todesopfer, die bis heute nicht alle identifiziert werden konnten – auch, weil diese nicht immer dokumentiert wurden.[15] An einen Teil dieser Opfer erinnert heute das Denkmal auf dem Lendringser Friedhof, welches insgesamt 132 Tote durch Zwangsarbeit in Schwalbe I auflistet – 33 davon polnischer Herkunft (Bild 1).

 

[7] Zuvor waren nur Teilprozesse der Herstellung von synthetischem Benzin in U-Verlagerungen eingerichtet worden; vgl. ebd.

[8] Vgl. ebd., S. 18.

[9] Vgl. ebd., S. 18 f.

[10] Vgl. ebd., S. 82.

[11] Folgende Herkunftsländer der Zwangsarbeitenden in Schwalbe I sind nach derzeitigem Stand bekannt: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Jugoslawien, Niederlande, Österreich, Polen, Sowjetunion, Tschechoslowakei.; vgl. ebd., S. 81, S. 85.

[12] Vgl. ebd., S. 83 ff.

[13] Vgl. ebd., S. 150.

[14] Vgl. Koch, Michael: Erinnerung an Sklavenarbeit im Hönnetal.

[15] Vgl. Hassel, Horst / Klötzer, Horst, S. 88.

Erinnerung an die Opfer der Zwangsarbeit
 

Das Mahnmal auf dem Lendringser Friedhof, welches von polnischen Displaced Persons errichtet wurde, ist am 04.06.1947 feierlich eingeweiht worden und ist eines von vielen Beispielen für die Würdigung der gefallenen Landsleute unmittelbar nach Ende des Krieges.[16] Das Denkmal in Menden zeichnet sich allerdings durch zwei Besonderheiten aus. Erstens gedenkt es nicht nur der polnischen Zwangsarbeitenden, sondern auch derer aus anderen Nationen. Zweitens wurden unter den anderen Nationen, wenn auch nicht namentlich, die deutschen Opfer erwähnt, was angesichts der kurzen Zeitspanne nach Ende des Krieges eher ungewöhnlich war.[17] Die Zwangsarbeitenden, derer das Mahnmal gedenkt, waren allesamt im Strafgefangenenlager Biebertal in Lendringsen interniert, so die Inschrift des Denkmals:

„Zum Gedenken an die Opfer des Konzentrationslagers Lendringsen [Strafgefangenenlager Biebertal; Anm. d. Verf.] von Bewohnern der polnischen Siedlungen ‚Neu-Krakau‘ und ‚Kościuszkowo‘ in Zusammenarbeit mit Vertretern der alliierten Nationen im Jahre 1946.“ (Bild 2)

Die Bemühung um eine Aufarbeitung des dunklen Kapitels in der Region im Sauerland geht bis dato lediglich auf Einzelinitiativen, wie die des Regionalhistorikers Antonius Fricke oder der Autoren des bis heute neuesten Forschungsprojektes zu Schwalbe I, Horst Hassel und Horst Klötzer, zurück. Das mittlerweile unter Denkmalschutz stehende polnische Ehrenmal ist derzeit das einzige Mahnmal, das an die Zwangsarbeit in der U-Verlagerung Schwalbe I im Hönnetal und deren Opfer erinnert.

 

Natalia Kubiak, März 2020

 


Literaturverzeichnis:

Hassel, Horst / Klötzer, Horst: Kein Düsenjägersprit aus „Schwalbe I“. Über 5.000 Zwangsarbeiter und Strafgefangene schufteten 1944/45 in der Untertageverlagerung im Steinbruch Emil 1 (Hönnetal) für den Endsieg, 3. Aufl., Balve 2012.

Karlsch, Rainer / Stokes, Raymond G. (Hrsg.): „Faktor Öl”. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859–1974, München 2003.

Koch, Michael: Erinnerung an Sklavenarbeit im Hönnetal, in: Westfalenpost Nr. 209, Artikel vom 08.09.2009.

Kubiak, Natalia: Geschichten aus dem Berg – Schicksale polnischer Zwangsarbeitender an der Porta Westfalica 1944/45, Bochum 2020, in: https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/geschichten-aus-dem-berg-schicksale-polnischer-zwangsarbeitender-der?page=2#body-top, zuletzt abgerufen am 12.03.2020.

Osses, Dietmar: Das Ehrenmal auf dem Dortmunder Hauptfriedhof, in: https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/das-ehrenmal-auf-dem-dortmunder-hauptfriedhof, zuletzt abgerufen am 07.03.2020.

 

Weiterführende Literatur:

Arzinger, Kai Olaf: Stollen im Fels und Öl fürs Reich. Das Geheimprojekt „Schwalbe I“, 2. Aufl., Mönnig 1998.

Kruszinski, Irina: Das Geheimprojekt „Schwalbe I“. Zum lokalen Arbeitseinsatz im Dritten Reich und den Erinnerungsprozessen in der Stadt Menden. Masterarbeit, Berlin 2014, in: https://www.menden.de/fileadmin/user_upload/Leben_in_Menden/Stadtarchiv/pdf/Bachelor-_und_Masterarbeit_Schwalbe_I.pdf, zuletzt abgerufen am 08.03.2020.

 

[16] Vgl. Osses, Dietmar: Das Ehrenmal aus dem Dortmunder Hauptfriedhof, in: https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/das-ehrenmal-auf-dem-dortmunder-hauptfriedhof, zuletzt abgerufen am 01.03.2020.

[17] Die Namen der deutschen und österreichischen Opfer wurden auf einer zusätzlichen Gedenktafel vor dem Ehrengrabmal im Jahre 1986 nachträglich ergänzt.

Mediateka
  • Bild 1: Polnisches Mahnmal in Menden von 1947

    Friedhof Lendringsen
  • Bild 2: Inschrift auf dem Mahnmal

    Zum Gedenken an die polnischen Opfer des Strafgefangenenlagers Biebertal in Lendringsen
  • Bild 3: Namen der polnischen Opfer

    Tafel mit den 33 Namen
  • Bild 4: Namen der italienischen Todesopfer in Folge der Zwangsarbeit in Schwalbe I

    Tafel mit 9 italienischen Namen sowie weiterer 41 deutscher und 3 österreichischer Opfer
  • Bild 5: Namen weiterer Opfer

    Todesopfer aus Frankreich (14), Belgien (5), den Niederlanden (5) und Dänemark (1)
  • Bild 6: Namen weiterer Opfer

    Todesopfer aus Russland (13), der Tschechoslowakei (1) und Jugoslawien (1)
  • Bild 7: Namen der deutschen Opfer des Strafgefangenenlagers Biebertal, 1986 ergänzt

    Friedhof Lendringsen
  • Bild 8: Namen der deutschen Opfer des Strafgefangenenlagers Biebertal, 1986 ergänzt

    Friedhof Lendringsen
  • Bild 9: Namen der deutschen und österreichischen Opfer des Strafgefangenenlagers Biebertal, 1986 ergänzt

    Friedhof Lendringsen
  • Bild 10: Polnisches Mahnmal auf dem Friedhof Lendringsen von 1947 (1986)

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