Taube, Michael
Taube, Michael, polnisch-jüdischer Dirigent, Pianist und Cellist. 1911-14, 1918 Studium in Frankfurt am Main und Köln. 1918-23 Leitung von Orchestern in Bonn und Köln. 1923-29 Korrepetitor und Kapellmeister an der Städtischen Oper in Berlin-Charlottenburg. 1925-33 Leitung des Neuen Kammerorchesters und eines Kammerchors. 1933-35 Orchesterleiter und Liedbegleiter im Jüdischen Kulturbund Berlin. *1./13.3.1890 Łódź, †23.2.1972 Tel Aviv-Jaffa. Sohn des Geigers und Orchestergründers Elie (Elias, Elijahu) Taube (1863-1933) und seiner Frau Ita, geborene Krysz/Krisch (1865-1901); Bruder des Geigers, Dirigenten und Konzertagenten Léon Taube (1888-1973). Als Kind hat er bei seinem Vater Geigenunterricht, später lernt er bei einer Musiklehrerin Klavier, Cello, Flöte, Bratsche, Kontrabass, Trompete und Pauke. Er spielt in dem von seinem Vater gegründeten Orchester, hat mit fünfzehn Jahren seinen ersten Auftritt als Pianist und gibt selbst Klavierunterricht. 1910 geht er gemeinsam mit seinem Bruder Léon nach Leipzig, studiert dort am Königlichen Konservatorium der Musik Klavier bei dem Pianisten Robert Teichmüller (1863-1939), Cello bei Max Wünsche und Musiktheorie, spielt in Cafés und verschiedenen Orchestern. 1911-14 studiert und arbeitet er jeweils für einige Monate in Frankfurt am Main, Hagen, England, Duisburg, Bad Kolberg und Köln. 1914 studiert er in Köln am Konservatorium Klavier bei dem Komponisten und Pianisten Otto Neitzel (1852-1920), Komposition bei dem Komponisten und Dirigenten Ewald Sträßer (1867-1933) und ab 1918 Dirigieren bei dem Dirigenten Hermann Abendroth (1883-1956). Während des Ersten Weltkriegs lebt er in Bad Godesberg, leitet dort die Orchester-Vereinigung Godesberg, ab 1919/20 das dortige Kurorchester, unterrichtet ab 1917 eine Klavierklasse am Erhard-Konservatorium in Bonn. Ab 1918 tritt er als Gastdirigent in Berlin, Frankfurt am Main, Bonn und Köln auf und leitet Anfang der 1920er-Jahre im Kölner Gürzenich eine Konzertreihe des Städtischen Orchesters Bonn. Anträge auf Einbürgerung werden 1920/21 in Köln abgelehnt. Auf Vermittlung des Komponisten und Dirigenten Leo Blech (1871-1958) wird er 1923 von der Städtischen Oper in Berlin-Charlottenburg als Korrepetitor und Kapellmeister angestellt, wo er 1925-29 mit dem Dirigenten Bruno Walter (1876-1962) zusammenarbeitet. In diesen Jahren heiratet er die Opernsängerin Elsa Jülich (1886-1964). 1925 gründet er mit Mitglieder der Städtischen Oper das Neue Kammerorchester und einen Kammerchor, mit denen er klassische und moderne Werke aufführt und mit denen auch Elsa Jülich auftritt. „Bis zur Auflösung des Orchesters in der Saison 1932/1933 führte das Orchester mindestens 25 zeitgenössische Werke von Komponisten wie Alban Berg, Josef Matthias Hauer, Paul Hindemith, Arthur Honegger, Darius Milhaud, Karol Rathaus, Arnold Schönberg, Erich Walter Sternberg, Igor Strawinsky, Ernst Toch und Anton Webern auf, darunter viele Ur- und Erstaufführungen.“ (Sabine Fetthauer) Von den Nationalsozialisten aus seinen Ämtern gedrängt, konzentriert sich T. ab 1933 auf die Arbeit im Jüdischen Kulturbund und gründet auch dort ein Orchester, dessen Leitung er übernimmt. 1934 geht er als Liedbegleiter zusammen mit dem Sänger Joseph Schmidt (1904-1942 im Internierungslager Girenbad) auf Tournee nach Palästina. Er kommt in Kontakt mit dem Violinisten und späteren Orchestergründer Bronisław Huberman (1882-1947), leitet Konzerte des Tel Aviv Symphony Orchestra und tritt als Gastdirigent in Jerusalem und Haifa auf. 1935 wandert er endgültig von Berlin nach Palästina aus. Nach der Gründung des Palestine Orchestra durch Huberman leitet er neben anderen zahlreiche Konzerte dieses Orchesters. 1937 gründet er ein eigenes, bis 1945 bestehendes Konservatorium. 1946/47 unternimmt er im Auftrag der Jewish Agency mit einem Orchester befreiter Juden eine Tournee durch die DP-Camps in Deutschland. Bis zum Ende der 1960er-Jahre tritt er als Gastdirigent in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien auf. In Israel gründet er ein eigenes Kammerorchester. 1968-70 unterrichtet er an der Musikakademie der Tel Aviv University und tritt noch bis 1971 im israelischen Rundfunk auf. Schallplatten-Aufnahmen sind von ihm kaum bekannt. Sein Nachlass wird im Israel Music Archive der Tel Aviv University verwahrt.